CO2-Einigung der EU VW-Chef warnt vor massivem Stellenabbau
Sollte die EU scharfe CO2-Grenzwerte für Autos beschließen, sind bei VW laut Konzernchef Diess etwa 100.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Verbände und Opposition kritisierten den EU-Kompromiss als unzureichend.
Volkswagen-Chef Herbert Diess hat vor einem Verlust von Zehntausenden Arbeitsplätzen bei aus seiner Sicht überzogenen neuen CO2-Grenzwerten gewarnt. Sollte sich das EU-Parlament in den Verhandlungen mit der EU-Kommission und den EU-Regierungen durchsetzen, wäre die Geschwindigkeit des Wandels "kaum zu managen", sagte Diess der "Süddeutschen Zeitung" laut Vorabbericht. Dann müssten in gut zehn Jahren "etwa ein Viertel der Jobs in unseren Werken wegfallen", insgesamt etwa 100.000 Stellen.
In der Nacht zum Mittwoch hatten sich die EU-Umweltminister darauf verständigt, den Grenzwert für die Kohlendioxid-Emissionen von Autos zwischen 2021 und 2030 noch einmal um 35 Prozent abzusenken. Sie gingen damit über den Vorschlag der EU-Kommission hinaus, der bei 30 Prozent gelegen hatte. Auch die Große Koalition in Berlin hatte diesen Wert favorisiert. Nach Rücksprache mit dem Kanzleramt hatte Bundesumweltministerin Svenja Schulze von der SPD dennoch für die 35-Prozent-Lösung gestimmt. Rat, Parlament und Kommission müssen nun im sogenannten Trilog eine Lösung finden; das EU-Parlament strebt eine Verschärfung um 40 Prozent an.
"Industrie kann abstürzen"
"So eine Industrie kann schneller abstürzen, als viele glauben wollen", sagte Diess. Sollte sich das EU-Parlament mit einer Kohlendioxid-Reduzierung um 40 Prozent durchsetzen, müsste 2030 bereits die Hälfte der Fahrzeuge rein elektrisch fahren.
Zuvor hatte die Autobranche die Abmachung bereits kritisiert. Es sei eine Chance vertan worden, die CO2-Grenzwerte technisch und wirtschaftlich realistisch zu gestalten, sagte der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilwirtschaft (VDA), Bernd Mattes. Rat und Parlament gingen "mit überzogenen Forderungen in die anstehenden Trilogverhandlungen". Klar sei damit, dass letztlich CO2-Ziele vereinbart würden, die es so nirgendwo auf der Welt gebe. Dies werde den Industriestandort Europa schwächen.
Schulze wies die Vorwürfe der Industrie zurück. "Ich halte die 35 Prozent für die deutsche Industrie auf jeden Fall für verträglich", sagte sie. Vielmehr führten die neuen Ziele dazu, "dass sich die Industrie in Deutschland auf das vorbereitet, was unweigerlich kommt, nämlich das Aus des Verbrennungsmotors und alternativer Antrieb". Damit helfe die EU eher, "die Industrie fit für die Zukunft zu machen". Auch Kanzlerin Angela Merkel nannte die Einigung "vertretbar". Noch vor zwei Wochen hatte sie beim Industrieverband BDI vor einem Ziel jenseits der 30 Prozent gewarnt: "Das will ich nicht; das sage ich ganz ausdrücklich."
Umweltgruppen kritisieren Mutlosigkeit
Umweltgruppen und die Grünen äußerte sich dagegen empört. Einen Tag nachdem der UN-Weltklimarat erneut Alarm geschlagen habe, betätige sich Deutschland erneut als Bremser, kritisierte der WWF. Die Grünen werteten das Ergebnis des Umweltministerrats als völlig unzureichend.