Anhaltend hohe Inflation Warum die Strompreise gerade steigen
Die Inflation in Deutschland bleibt auf hohem Niveau. Grund dafür sind weiter steigende Preise für Lebensmittel, aber auch Strom. Verbraucher bekommen zu spüren, was auf den weltweiten Energiemärkten passiert.
Die Inflationsrate in Deutschland bleibt trotz leichter Rückgänge weiterhin hoch. Im August dieses Jahres lagen die Verbraucherpreise um 6,1 Prozent höher als im Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt heute eine frühere Schätzung bestätigte. Im Juli hatte die Teuerungsrate noch bei 6,2 Prozent gelegen, nachdem sie im Juni auf 6,4 Prozent gestiegen war. Von Juli auf August zogen die Preise um 0,3 Prozent an.
Im Einzelnen fällt der Anstieg der Preise allerdings sehr unterschiedlich aus. Besonders hoch ist aktuell die Teuerung außer bei Lebensmitteln aktuell beim Strom. "Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln und Energie liegen oberhalb der Gesamtteuerung und halten die Inflationsrate hoch", sagte die Präsidentin des Statistikamtes, Ruth Brand.
16 Prozent mehr für Strom als im Vorjahr
So verteuerte sich Energie im August überdurchschnittlich stark um 8,3 Prozent, nachdem die Preise im Juli nur um 5,7 Prozent gestiegen waren. Vor allem Strom kostete mit einem Plus von 16,6 Prozent deutlich mehr als im August 2022. Kraftstoffe wie Benzin verteuerten sich mit 3,7 Prozent vergleichsweise moderat, während leichtes Heizöl sogar um 28,1 Prozent billiger wurde.
Nachdem die Stromkosten in den vergangenen Monaten gesunken sind, steigen sie nun also wieder deutlich an. Der Grund: Der kräftige Anstieg der internationalen Handelspreise für Erdgas im August. Diese erhöhten sich an der Börse in Amsterdam von zeitweise 25 Euro je MWh auf fast 45 Euro je MWh und befinden sich derzeit bei etwa 36,20 Euro je MWh.
Streik in Australien lässt Gaspreis hochschießen
Hintergrund des Preisanstiegs beim Gas war die Befürchtung, dass es bei bedeutenden Gasexporteuren in Australien zu Streiks kommen könnte. Tatsächlich traten heute Arbeiter in einer Flüssigerdgas-Anlage des Energiekonzerns Chevron in Australien in den Ausstand. Der europäische Gaspreis schoss in der Folge nochmals um elf Prozent nach oben.
Lieferstopps könnten zu erhöhter Konkurrenz um LNG-Importe zwischen großen europäischen Gasverbrauchern und asiatischen Ländern führen. Das würde die Gaspreise weltweit steigen lassen.
Wie der Strompreis ans Gas gekoppelt ist
Durch das sogenannte "Merit-Order-Prinzip" ist der Strompreis eng an den Gasmarkt gekoppelt. Demnach werden in Deutschland die günstigsten Energietechnologien zuerst in den Strommarkt eingespeist. Häufig sind das Solar- und Windstrom. Bei höherem Bedarf kommen teurere Energiequellen hinzu, wobei das letzte eingeschaltete Kraftwerk den Strompreis bestimmt.
Mit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine war der Preis für Erdgas stark gestiegen. Gaskraftwerke sind daher die teuersten Kraftwerke am Markt - und müssen sich in der "Merit Order" ganz hinten anstellen. Dennoch können sie den Strompreis deutlich erhöhen, wenn die Nachfrage nach Strom hoch ist.
Was private Haushalte zahlen
Für private Verbraucher bedeutet das, dass aktuell der Strom für Neukunden nach Angaben des Vergleichsportags Verivox 30,4 Cent je kWh kostet. Bestandskunden zahlen sogar 39,6 Cent. Der Tiefpunkt lag demnach im Juni bei 28 Cent je kWh. Seitdem ging es mit leichten Schwankungen stetig wieder nach oben. Da Energieunternehmen längerfristige Lieferverträge haben, macht sich der Anstieg der Preise an der Strombörse in der Regel erst zeitverzögert bei den Verbraucher-Tarifen bemerkbar.
"Die Haushalte in Deutschland müssen sich daher auf ein dauerhaft höheres Preisniveau einstellen", sagte der Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. "Die Preise der einzelnen Stromversorger können jedoch stark schwanken",
Auch Brot deutlich teurer
Die Preise für Nahrungsmittel stiegen im August um 9,0 Prozent. Besonders für Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren mussten die Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar mehr bezahlen: Hier lag der Aufschlag bei 17,1 Prozent. Aber auch Brot und Getreideerzeugnisse (+13,6 Prozent), Gemüse (+12,4 Prozent) sowie Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte (+11,5 Prozent) wurden spürbar teurer. Im Gegensatz dazu verbilligten sich Speisefette und Speiseöle um 13,9 Prozent.
Zumindest auf dem Weltmarkt sinken die Lebensmittelpreise aber wieder. Sie sind der Welternährungsorganisaion FAO zufolge auf den tiefsten Stand seit mehr als zwei Jahren gesunken. Das entsprechende Barometer, das die weltweit am meisten gehandelten Nahrungsmittel erfasst, fiel im August auf 121,4 Punkte nach 124,0 im Vormonat.
Prognosen für Inflationsentwicklung
Führende Institute wie das Münchner ifo rechnen im Gesamtjahr mit einer Teuerungsrate von rund sechs Prozent. Dann werde die Jahresteuerung aber spürbar nachlassen und 2024 bei 2,6 Prozent liegen und 2025 auf 1,9 Prozent fallen.
Aktuell wollen vor allem viele Einzelhändler und Gastwirte in den kommenden Monaten ihre Preise heraufsetzen, ergab eine ifo-Umfrage. Insgesamt dürfte die Teuerungswelle weiter abebben. "Der Rückgang der Inflation wird sich aber zäh hinziehen", sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Mit Informationen von Emal Atif, ARD-Finanzredaktion.