Kleinwindkraftanlage auf einem Dach eines Schrebergartenhauses.

Energiewende für Zuhause Ein Windrad im eigenen Garten

Stand: 10.11.2024 18:02 Uhr

Mit einem Windrad im eigenen Garten Strom erzeugen: Das hat Seltenheitswert. Es kann zwar einspringen, wenn Solaranlagen schwächeln. Doch die Idee hat auch ihre Tücken.

Von Edith Dietrich, WDR

Seit Februar steht auf dem Bauernhof von Lothar Kuhlmey neben der Solaranlage ein Kleinwindrad in zehn Metern Höhe. Wind weht hier im brandenburgischen Görne schließlich oft. Und den will der Landwirt nutzen, um Strom zu generieren. Denn Kleinwindanlagen haben einen Vorteil: Im Gegensatz zu den Großen fallen sie nicht unter Bundesrecht und sind genehmigungsfrei. Es reicht, einen Bauantrag beim Land zu stellen, und nach der Bewilligung steht dem Windrad nichts mehr Weg. Zumindest in der Theorie.

In der Praxis, so die Erfahrung von Joachim Sroka vom Bundesverband Kleinwindanlagen, hat jedes Bundesland seine eigenen Vorgaben - und damit ziehen sich Verfahren dann doch in die Länge. Das sei ein Grund, weshalb die Mini-Windräder in Deutschland ein Schattendasein führen. Dabei, so die Einschätzung des Verbandes, könnten sie gerade bei Gewerbebetriebe und in der Landwirtschaft eine gute Ergänzung zur Photovoltaikanlage sein und einen Beitrag zur Energiewende leisten.

Viel Platz und wenig Hindernisse

Allerdings müssen Windräder dafür auch an einem windigen Ort stehen: Denn unter vier Metern Wind pro Sekunde ergibt ein Windrad keinen Sinn. Gute Verhältnisse gibt es in hügeligen Regionen wie dem Harz oder Schwarzwald, in den ländlichen Regionen von Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit ihren Freiflächen oder nah am Meer.

Ausschlaggebend ist vor allem der Abstand zu anderen Gebäuden und Bäumen. Daher sind Wohngebiete per se sehr ungünstig, weil umstehende Häuser, Mauern und andere Hindernisse den Wind bremsen.

Windkarten im Internet geben erste Hinweise, ob generell genug Wind vorhanden ist und sich ein Mini-Windrad lohnt. Da dies an nicht allzu vielen Orten in Deutschland der Fall ist, rät der Fachpublizist Patrick Jüttemann, mithilfe einer Wetterstation einige Monate zu prüfen, wie viel Wind tatsächlich ankommt. 

Boom auf Online-Plattformen

Dass Wohngebieten eher schlechter für das Aufstellen eines Mini-Windrades geeignet sind, verschweigen viele Hersteller und werben stattdessen mit günstigen Miniturbinen auf Online-Plattformen. Bei Amazon, eBay oder Temu werden Mikrowindräder für wenige Hundert Euro angeboten und sind laut Werbeversprechen kinderleicht aufs Dach zu montieren.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen aber rät derzeit von solchen Käufen ab. Nicht nur, weil eine Montage auf dem Dach dem Haus schaden kann; sondern auch, weil die versprochenen Maximalleistungen meist nicht erreicht werden - im Binnenland schon gar nicht. Selbst bei einer wohlwollenden Beispielrechnung kommen Energieexperten der Verbraucherzentrale auf eine Stromersparnis von gerade mal 33 Euro im Jahr.

Stromverbrauch mit Windrad höher als ohne

Patrick Jüttemann kennt sogar Fälle, in denen der Wechselrichter mehr Strom benötigt, als die Windanlage erzeugt. Damit ist der Stromverbrauch mit Windrad höher als ohne. Daher gilt es, sich vorher gut über die Qualität zu informieren. Marktreporte können eine erste Übersicht geben.

Und gute Kleinwindanlagen haben ihren Preis. Pro Kilowatt Leistung kosten sie 3.000 bis 12.000 Euro - das Doppelte bis Achtfache einer Solaranlage. Der Einspeisetarif für nicht genutzten Strom ist jedoch mit 7,5 Cent pro Kilowattstunde nur halb so hoch wie für Solarstrom, der derzeit bei 13 Cent liegt.

Geringe Anzahl in Deutschland

In anderen Ländern stehen bereits weit über eine Million Kleinwindräder. Die meisten an abgelegenen Orten in China, gefolgt von den USA, wo staatliche Förderungen von bis zu 50 Prozent zu einem Boom geführt haben. In Deutschland sind schätzungsweise 20.000 Anlagen aufgestellt. Die geringe Stückzahl ist ein Grund für die hohen Preise.

Kleinwindanlagen können im Winter Wärmepumpen antreiben, das Wasser erhitzen oder das E-Auto laden. Sie sind unauffällig und bieten die Chance, sich von den steigenden Energiepreisen der Konzerne unabhängig zu machen. Doch ein Windrad kann nur zum Klimaschutz beitragen, wenn es in einer windstarken Lage viel Strom erzeugt. Das Mini-Windrad auf dem Dach mitten im Wohngebiet ergibt in der Regel keinen Sinn.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Erste in der Sendung "Plusminus" am 07. November 2024 um 21:45 Uhr.