Künftige Energieversorgung Wasserstoff-Pläne im Braunkohlerevier
Mit Hilfe von Wasserstoff soll die Energiewende schneller gelingen. Viele Regionen wollen auf den Zug aufspringen - vor allem in Kohleregionen. Aber werden die Erwartungen auch erfüllt? Ein Blick auf das Beispiel Brandenburg.
Die Bundesregierung bezeichnet es als "Schlüsselelement der Energiewende". Und auch wer sonst über Wasserstoff redet, kommt meist nicht ohne die Worte Hoffnung, Potential und Zukunft aus. Einen erneuten Schub bekommt die Wasserstoff-Debatte aktuell durch den Ukraine-Krieg und dessen Folgen. Denn Wasserstoff könnte ein weiterer Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit von (russischem) Gas sein.
Doch um die Energieversorgung nachhaltig umzubauen, braucht es "grünen" Wasserstoff. Das heißt, der Strom, mit dem der Wasserstoff im Elektrolyse-Verfahren hergestellt wird, muss CO2-neutral sein, nur dann ist der Wasserstoff auch "grün". Noch aber wird der größte Teil der Wasserstoff-Mengen mit Hilfe Erdgas-, Kohle- oder Kernenergie hergestellt.
Pionierarbeit in der Uckermark
Einer, der das "Wundergas" Wasserstoff schon vor zehn Jahren auf dem Schirm hatte, ist Jörg Müller. Er fährt durch die flache Landschaft Brandenburgs mit einem Wasserstoff-Auto. In der Uckermark steht schon seit 2011 das weltweit erste Hybridkraftwerk seiner Firma Enertrag, das aus überschüssigem Windstrom Wasserstoff erzeugt.
Das Kraftwerk kann überschüssigen Strom zwischenspeichern und später abgeben, wenn er wieder benötigt wird. Auch ein dichtes Wasserstoff-Tankstellennetz soll mit Enertrag in der Region entstehen. Jörg Müller ist ein Pionier in Sachen Wasserstoff, und viele andere wollen es ihm nachmachen.
Neues Kraftwerk für die Lausitz
In Süd-Brandenburg soll aus der Kohle-geprägten Energieregion Lausitz eine Wasserstoff-Region werden. Ganz in der Nähe des Braunkohletagebaus Schwarze Pumpe soll bis 2025 ein neues Wasserstoffkraftwerk entstehen. Ein 50-Millionen-Euro-Projekt.
Etwa 2000 Quadratmeter groß soll das erste Referenzwerk werden. "Wir können uns vorstellen, zehn bis 50 solcher Kraftwerke zu bauen, die dann auch deutlich größer werden", sagt Michael Raschemann, Geschäftsführer der Energiequelle GmbH. Bis zu 4000 Quadratmeter groß könnten weitere Wasserstoffkraftwerke werden. Realisierbar sei das in den nächsten zehn Jahren.
Braunkohle-Tagebau in der Lausitz - die Abhängigkeit der Region von fossiler Energie ist noch hoch.
Die Lausitz ist seit 2019 eine von neun "HyStarter-Regionen" in Deutschland, die vom Bundesverkehrsministerium bei der Entwicklung eines Wasserstoffkonzepts und der Bildung eines Akteursnetzwerks gefördert wird. Es ist erklärtes Ziel der Lausitz, künftig Energieregion zu bleiben.
Cottbus will Wasserstoff-Busse
Auch der öffentliche Nahverkehr in und um Cottbus soll künftig mit Wasserstoff betrieben werden. Ende 2022 soll die erste Wasserstofftankstelle in Betrieb gehen. Bis dahin sollten auch die ersten beiden Wasserstoff-Busse in den Dienst des Verkehrsunternehmens "Cottbusverkehr" genommen sein. Bis 2026 sollen dann neun Wasserstoffbusse in Cottbus und Region fahren. "Das Ziel ist ganz klar, dass wir eines Tages komplett mit Wasserstoff fahren", sagt Ralf Thalmann, Geschäftsführer Cottbusverkehr.
Kleinere Pilot-Projekte wie dieses gibt es viele. So wurde in Berlin Mitte Mai das erste emissionsfreie Kanalschubboot "Elektra" eingeweiht. Zwei Jahre lang wurde daran gebaut. Jetzt beginnt die Langzeiterprobung des energieffizienten und emissionsfreien Gütertransportes.
Um Projekte wie diese zu bündeln und Synergien zu verstärken, finanzieren die Wirtschaftsverwaltungen von Berlin und Brandenburg jetzt eine Online-Plattform, die möglichst viele Erzeuger und Verbraucher von Wasserstoff zusammenbringen soll. "Unser Marktplatz ist wie eine Mischung aus Partnerbörse und eBay-Kleinanzeigen", erklärt Oliver Arnhold, Geschäftsführer der Localiser RLI GmbH, die das Projekt umsetzt.
Fachwissen und Nachwuchs
Auch der wissenschaftliche Nachwuchs soll in Brandenburg ausgebildet werden. Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) hat zusammen mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) das Graduiertenkolleg "Trustworthy Hydrogen" gegründet. Hier soll der akademische Nachwuchs zur Entwicklung und Etablierung des Wasserstoffs ausgebildet werden.
Das in seiner Art in Deutschland bisher einzigartige Graduiertenkolleg soll künftige Führungskräfte in Industrie, Forschung und öffentlichem Sektor befähigen, den Auf- und Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland aktiv mitzugestalten.