EZB-Präsident will Krisenpolitik erläutern Draghi lädt sich in den Bundestag ein
Der EZB-Beschluss, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, stößt vor allem in Deutschland auf Kritik. Nun hat sich EZB-Präsident Draghi gewissermaßen selbst in den Bundestag eingeladen, um seine Politik zu erklären. Er wird zwar im Parlament sprechen - aber nicht vor allen Abgeordneten.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, wird vor Bundestagsabgeordneten seine - vor allem in Deutschland - umstrittene Geldpolitik erläutern.
Der Haushalts- und der Europaausschuss luden den Notenbanker ein - und reagierten damit auf dessen Angebot, den jüngst beschlossenen Ankauf von Staatsanleihen und andere Schritte der EZB im Bundestag zu erläutern.
"Sollte mich der Bundestag einladen, komme ich gerne", sagte der EZB-Präsident der "Süddeutschen Zeitung". Das Misstrauen der deutschen Bevölkerung erschwere seine Arbeit.
Kritiker der EZB-Politik bemängeln, die Notenbank verstoße mit den Anleihekäufen gegen das Verbot der Staatsfinanzierung mit der Notenpresse und nehme zugleich von den Krisenstaaten den Druck, ihre Haushalte zu konsolidieren.
Draghi verteidigte in dem Interview seine Krisenpolitik. Das Anleihekaufprogramm der EZB sei notwendig, weil die Gefahr bestanden habe, dass sich die Krisenländer nicht allein durch gute Wirtschaftspolitik aus ihrer Lage befreien könnten. Die Auflagen, die die Staaten für die Hilfen erhielten, seien "die beste Versicherung gegen Risiken".
Lammert sucht geeignetes Format für Draghi-Besuch
Einen Termin für Draghis Auftritt im Bundestag gibt es noch nicht. Zu einer Rede vor dem Plenum wird es nicht kommen. Dies gilt als Privileg ausländischer Staatsgäste.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sagte, er werde sich darum bemühen, bald ein geeignetes Format für das Gespräch mit "besonders interessierten und beteiligten Abgeordneten" zu finden.
Die Unionsfraktion lehnte eine Rede vor allen Abgeordneten des Parlaments ab. "Ein großer Auftritt im Plenum wäre nicht angezeigt, weil dieser leicht dahingehend missverstanden werden könnte, dass die Zentralbank in eine Abhängigkeit von der Politik rückt", erklärte ein Fraktionssprecher. Gespräche mit Fachausschüssen seien aber in Ordnung.
"Wir freuen uns auf einen Gedankenaustausch"
Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Petra Merkel, begrüßte Draghis Gesprächsangebot. "Wir freuen uns sehr auf einen Gedankenaustausch mit dem EZB-Präsidenten", erklärte die SPD-Politikerin.
Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, äußerte sich ähnlich. Was die Anleihenkäufe der EZB angehe, kursierten "viele falsche Behauptungen". Gleichzeitig müsse "über die mangelnde Transparenz und demokratische Kontrolle der EZB in ihrer Eigenschaft als Krisenmanager und bei ihrer geplanten Rolle in der Bankenaufsicht gesprochen werden", erklärte Schick.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, sagte, er würde Draghi fragen, ob die EZB von Kanzlerin Angela Merkel zum Anleihenkaufprogramm gedrängt worden sei. Mit dem Programm beginne eine "Rutschpartie in eine Haftungsunion" ohne Einfluss auf die nationale Haushaltspolitik.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verteidigte unterdessen die Zusage der EZB zu notfalls unbegrenzten Anleihekäufen. "Würde sie eine Summe nennen, wäre es eine Einladung an die Spekulanten, dagegen zu spekulieren", sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Er habe Vertrauen in die Zentralbank.