EU-Kompromiss gescheitert Vorerst keine Digitalsteuer in Europa
Die Einführung einer Online-Werbesteuer für Digitalriese in Europa ist am Widerstand einiger EU-Finanzminister gescheitert. Jetzt wird nach einer globalen Lösung gesucht.
Für Google und Co. ist das eine gute Nachricht: Die Internet-Konzerne bleiben von einer europaweiten Digitalsteuer auf absehbare Zeit verschont. Das Aus kommt nicht überraschend, denn mit Ländern wie Schweden, wo der Musik-Streamingdienst Spotify zu Hause ist, oder mit Irland, wo Facebook seinen Europasitz hat, ist eine Sonderabgabe für Internetkonzerne nicht zu machen.
Dänemark und Finnland sind ebenfalls dagegen - und Steuerfragen müssen in der EU nach wie vor einstimmig entschieden werden. Österreichs Finanzminister Hartwig Löger zeigt sich enttäuscht: "Es ist schade, aus meiner Sicht, dass wir hier in Europa nicht in der Lage sind, eine gemeinsame Grundlage in dem Bereich zu haben." Es sei eine traurige Stunde für Europa. "Ich habe mit Bruno Le Maire und Olaf Scholz vereinbart, das wir uns noch bilateral austauschen, wie wir hier hier weitere Schritte setzen können, damit zumindest eine gemeinsame starke Linie Europas auf dieser globalen Diskussion stattfinden kann."
Olaf Scholz und Bruno Le Maire konnten sich mit ihrem Vorschlag nicht durchsetzen.
Auch Frankreich will weitermachen
Denn auch der ohnehin schon abgespeckte deutsch-französische Kompromissvorschlag der beiden Finanzminister Le Maire und Scholz ist damit zunächst - und womöglich endgültig - vom Tisch. Le Maire spricht von einer verpassten Chance, "aber wir sind davon überzeugt, dass wir jetzt weitermachen müssen. Und Frankreich wird sich entschlossen für ein neues Steuersystem einsetzen, das fairer ist und effizienter."
Paris und Berlin hatten eine europaweite Digitalabgabe von drei Prozent auf Online-Werbe-Einnahmen ab 2021 vorgeschlagen, falls bis dahin auf internationaler Ebene inklusive der USA keine Einigung erreicht worden sein sollte.
Lösungen auf globaler ...
Die europäischen Finanzminister wollen jetzt versuchen, möglichst noch in diesem Jahr eine gemeinsame Position für eine weitreichende Steuerreform zu finden. Bundesfinanzminister Scholz sieht dafür gute Chancen: "Wir arbeiten gerade im Kreis der G7, der G20 und der OECD intensiv an einer Steuer für die Digitalwirtschaft und einem weltweiten Mindeststeuersatz, da rechnen wir bis Jahresende mit großen Fortschritten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir im Sommer 2020 innerhalb der OECD eine Einigung haben."
... oder nationaler Ebene gesucht
Gleichzeitig planen mehrere EU-Staaten die Einführung nationaler Digitalsteuern - Frankreich etwa oder Spanien und Österreich. Die USA drohen mit einer Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO und kritisieren europäische Digitalsteuern für multinationale US-Konzerne als "hochgradig diskriminierend". Unternehmen wie Facebook, Google oder Amazon bezahlen in Europa aktuell kaum Steuern, weil sie in vielen Ländern keine Filialen haben.
Die europäischen Gegner einer Digitalabgabe befürchten neue Handelskonflikte, weil das Prinzip der Umsatzbesteuerung auch auf andere Branchen ausgeweitet werden könnte. Das hätte möglicherweise zur Folge, dass etwa deutsche Autohersteller künftig dort ihre Steuern bezahlen müssen, wo sie ihre Fahrzeuge verkaufen und nicht mehr dort, wo sie produzieren.