Sam Altman
analyse

Chaos bei KI-Unternehmen OpenAI zerlegt sich selbst

Stand: 21.11.2023 10:57 Uhr

Bis vor kurzem war OpenAI eines der einflussreichsten KI-Unternehmen der Welt. Jetzt ist es ein Krisenfall. Das zeigt, wie jung und unerfahren die Branche noch ist - was auf Kosten der Sicherheit zu gehen droht.

Wo genau Sam Altman künftig arbeiten wird, ist zur Zeit nicht leicht zu sagen. Erst die Entlassung als Chef des von ihm mitgegründeten KI-Unternehmens OpenAI, Gerüchte über eine ganz neue Firma, Verhandlungen über eine Rückkehr zu OpenAI, ein Wechsel zu Microsoft - und jetzt möglicherweise doch wieder der alte Job? Alles innerhalb von 72 Stunden.

In diesem Zeitraum wurde auch schon der zweite Übergangschef vorgestellt, der US-Manager Emmett Shear, ehemals CEO der Streaming-Plattform Twitch. Das Chaos ist groß bei dem KI-Unternehmen mit Sitz in San Franciscos Stadtteil Mission.

Riesige Erwartungen von Investoren

Seit dem "Hype" um Künstliche Intelligenz (KI) und den Chatbot ChatGPT hat sich der Wert von OpenAI vervielfacht. Zuletzt lag er bei rund 90 Milliarden Dollar. Investoren, vor allem der Softwarekonzern Microsoft, haben Milliarden investiert und aus einem KI-Startup ein weltweit einflussreiches Unternehmen gemacht. Nicht nur Microsoft hat seine Strategie auf OpenAI-Software wie ChatGPT oder den Bildgenerator Dall.E3 ausgerichtet. Die Gewinnerwartungen der Investoren sind riesig. 

Dabei wurde OpenAI ursprünglich nicht als gewinnorientiertes Unternehmen gegründet. Das große Ziel war zunächst, KI im Interesse aller zu entwickeln - mit einem Verwaltungsrat, der dem Allgemeinwohl verpflichtet ist. Altman hatte bis zum vergangenen Freitag die kommerzielle Sparte geleitet. Die Spannungen beider Bereiche hätten in den vergangenen Monaten zugenommen, berichten Insider. 

Wettstreit um Fachleute

Wie der Verwaltungsrat Altman entlassen hat, wirkte extrem ungeschickt. Das mag an der besonderen Struktur des Unternehmens, aber auch an mangelnder Erfahrung in einer sehr jungen und plötzlich sehr gehypten Branche liegen. Und die Frage ist, ob sicherheitsrelevante Aspekte bei einem hohen kommerziellen Druck nicht zu kurz kommen. Das gilt nicht nur für OpenAI, sondern auch für andere KI-Firmen.  

Weil der Bedarf so groß ist, gibt es mittlerweile einen Kampf um KI-Expertinnen und Experten. Silicon-Valley-Unternehmen, auch OpenAI, versuchen den Fachkräftemangel mit Millionengehältern zu lösen. Neben Rechnerpower und ausreichend vielen Daten gilt die Ressource "Talent" als entscheidend für die Entwicklung erfolgreicher KI-Produkte. OpenAI sei nichts ohne seine Leute, postete Mira Murati bei X, früher Twitter. Sie war kurzzeitig als Übergangschefin vorgesehen, bis auch sie sich auf Altmans Seite schlug. 

Protestbrief der Beschäftigten

Fast alle OpenAI-Mitarbeitenden sollen jetzt einen Brief unterschrieben haben, in dem sie die Absetzung des Verwaltungsrats und die Rückkehr Altmans gefordert haben. Sollte das nicht passieren, wollen sie OpenAI in Richtung Microsoft verlassen. 

KI-Expertinnen und Experten von OpenAI wechseln zu Microsoft: Das klingt nach einem Gewinn für den Konzern, selbst wenn sich Ex-OpenAI-Leute doch noch für die Konkurrenz von Meta, Anthropic oder Google entscheiden sollten. Was die Produkte angeht, hat die Arbeit des Teams unter Sam Altman offensichtlich in der bisherigen Konstellation sehr gut funktioniert. Fraglich wäre, ob sich die Haltung der Mitarbeiter auch sofort in die Microsoft-Strukturen einfügt.  

Unruhe als Wettbewerbsnachteil?

Microsoft, mit 49 Prozent am kommerziellen Geschäft von OpenAI beteiligt, hätte weiter Zugriff auf die Produkte wie ChatGPT. Gehört der Textroboter dann einer Firma, die kaum mehr Mitarbeiter hat? Entwickelt Altman bei Microsoft dann ein ähnliches, konkurrierendes Produkt?

In einem hart umkämpften Markt ist die Unruhe der vergangenen Tage vermutlich eher ein Nachteil. Satya Nadella, der Konzernchef von Microsoft, gibt sich trotzdem zuversichtlich. In einem Interview mit dem Sender Bloomberg sagte er: "Egal wo Sam ist, er arbeitet mit Microsoft."