Computerspiele als Geschäft Traumjob Gaming-Influencer?
Computerspiele-Hersteller brauchen sie fürs Marketing, für ihre Fans sind sie Identifikationsfiguren: Gaming-Influencer leben davon, dass andere Menschen ihnen beim Spielen zuschauen. Dabei gibt es Risiken.
Eileen alias Kunshikitty spricht in ihr Smartphone, das auf einem schmalen Stativ angebracht ist. In Echtzeit redet sie mit ihren Fans, nimmt sie mit über die Gamescom in Köln, die weltgrößte Computerspielemesse. Die Fragen der Follower kommen im Sekundentakt, ploppen auf einem weiteren Smartphone auf, das Kunshikitty an ihrem Handgelenk befestigt hat. Sie wollen wissen, wie viele Schritte die 28-Jährige heute schon gemacht hat, mit welchem Handy-Netz man auf der Messe den besten Empfang hat, wie lange man fürs Lieblingsspiel anstehen muss.
Die Kölnerin Eileen ist sogenannte Content-Creatorin im Games-Bereich. Auf der bei Gamern beliebten Plattform Twitch folgen ihr fast 190.000 Menschen. Seit acht Jahren gibt es ihren Kanal, seit einem Jahr kann sie davon leben. Eileen erklärt sich ihren Erfolg so: "Ich denke, dass beim Live-Streaming eine ganz besondere Bindung zwischen Zuschauer und der Person, die in die Kamera spricht, entsteht. Das ist anders, als wenn man zum Beispiel bei Instagram einfach nur Bilder hoch lädt."
"Spaß daran, Leute zu unterhalten"
Die Superstars der deutschen Gaming-Influencer-Szene heißen Montana Black oder Gronkh. Sie gehören zu den ersten in Deutschland, die sich beim Computerspielen live gestreamt haben. Auf Plattformen wie Youtube und Twitch folgen ihnen inzwischen mehrere Millionen Menschen. Auch die Zwillingsschwestern Janine und Nadine alias "HappyZwillinge" sind bekennende Gronkh-Fans. Inspiriert von ihrem Idol filmen sie sich selbst beim Spielen von Games, streamen das live über die Social-Media-Plattform Twitch. Mehr als 2.000 Menschen folgen inzwischen ihrem Kanal. Oft spielen sie auch zusammen mit ihren Followern, reden dabei über gemeinsame Interessen.
Nun sind die beiden Schwestern aus Leipzig unter den 15 Nachwuchstalenten, die für die erste "Gamescom Creator-Academy" ausgewählt wurden, eine Art Coaching-Programm. Fünf Wochen mit Seminaren liegen hinter ihnen - unter anderem dazu, wie man mehr Follower bekommt.
Nadine und Janine träumen davon, mit dem Streamen irgendwann Geld zu verdienen. "Wir haben Spaß daran, Leute zu unterhalten, Leuten von unserer Spielbegeisterung zu erzählen. Man muss sich natürlich ein bisschen abheben von anderen, weil es schon sehr viele Gaming-Creator gibt. Was bei uns sehr gut ankommt, ist, dass wir Zwillinge sind."
Wohin das Marketing-Budget fließt
Die Industrie hat die Bedeutung der Computerspiele-Influencer längst erkannt. Über sie könne das beste Marketing für die Spiele gemacht werden, erklärt Felix Falk, Geschäftsführer des Verbands der deutschen Games-Branche. "Mithilfe von Influencern können Games-Hersteller auf ganz authentische Weise Öffentlichkeit machen für ihre Spiele, Begeisterung dafür entfachen. Manche Hersteller investieren ihr gesamtes Marketing-Budget nur in diese Zusammenarbeit."
Auch Live-Streamerin Kunshikitty verdient Geld über solche Werbe-Kooperationen. Die enge Verbindung zu ihren Followern und ihre Reichweite bei Twitch machen sie interessant für Werbekunden. "Für mich sind meine Follower wie Freunde. Und ich glaube, wenn ich einer Person ein Game empfehle, die mich als eine Art Freundin sieht, dann hat das eine ganz andere Wirkung. Dann probiert sie das auch eher aus."
Ungefilterte Eindrücke - und manchmal Desinformation
Content-Creatoren hätten die Gaming-Welt demokratischer gemacht, sagt Manoucher Shamsrizi. Der Soziologe ist Mitgründer des gamelab.berlin an der Humboldt-Universität in Berlin, beschäftigt sich mit den gesellschaftspolitischen Auswirkungen von Gaming.
Die Influencer teilten ihre ungefilterten Eindrücke, für jede Nische gebe es inzwischen den passenden Kanal. Doch dort, wo Menschen unreguliert Informationen aussendeten, bestünden auch Risiken, sagt Shamsrizi. "Viele Gaming-Influencer reden inzwischen weitaus länger über Gaming-Produkte, für deren Vermarktung sie bezahlt werden, als über das eigentliche Spiel. Das war früher noch anders und das wird in der Communiy zum Teil auch kritisch gesehen."
Es gebe durchaus auch Verstöße gegen den Jugendschutz, Fälle von Sexismus, Rassismus und Desinformation. "Wir müssen Instrumente finden, um diese Risiken zu minimieren und in den Dialog treten mit den Akteuren, um sicherzustellen, dass dort Sachinformationen zur Verfügung gestellt werden und keine Desinformation", fordert Shamsrizi.
Zu viele Influencer bei der Gamescom?
In den vergangenen Jahren gab es außerdem vermehrte Kritik an der großen Anzahl von Influencern, die zur Gamescom kommen. Sie nutzten die Messe für Eigenwerbung und blockierten Stände, hieß es aus der Community.
Die Zwillinge Nadine und Janine vom Twitch-Kanal "HappyZwillinge" sehen das entspannter: "Vor allem für die Leute, die nicht hier sein können, ist das eine gute Möglichkeit, Eindrücke von der Messe zu bekommen. Und zwar nicht nur über Inhalte von den großen Gamesproduzenten, sondern auch von den kleinen Creatoren, die persönlich die Messe zeigen." Auch sie werden live von der Gamescom streamen, zum allerersten Mal.