Boom der Gaming-Branche Wie die Werbewelt Videospiele erobert
Mercedes fahren in Mario Kart, im Puma-BVB-Dress Tore schießen - in immer mehr Videospielen sind Marken präsent. Werbung in Spielen ist Teil der Spiele selbst geworden. Dahinter steht eine komplette Industrie.
In Deutschland gibt es laut Verband der deutschen Games-Branche rund 34 Millionen Zocker - an der Konsole, am Computer und am Handy. Es ist daher kaum verwunderlich, dass auch der Werbemarkt immer mehr in de Gaming-Branche drängt.
Neben den in der Gaming-Bubble wohlbekannten Marken wie Intel, NVIDIA oder AMD trauen sich aber jetzt immer mehr Unternehmen an die Zielgruppe heran. Die Zocker, ursprünglich als "Nerds" abgetan, werden plötzlich zum wichtigen Markt für Firmen und Marketingabteilungen aus allen Ecken.
Junge Menschen wachsen damit auf
Für Marketing-Professor Christian Schulze liegt das auf der Hand. Denn mit Gaming erreichen Marken eine riesige Zielgruppe, betont sie gegenüber tagesschau.de. "Dort, wo die Menschen ihre Zeit verbringen, das ist natürlich auch ein gutes Umfeld, um Werbung zu machen für Unternehmen und sich zu präsentieren."
Außerdem spielt auch der demographische Wandel eine nicht unwichtige Rolle: Die jungen Zocker von früher sind jetzt erwachsen und zahlungskräftig. "Dieser Markt schrumpft nicht. Wenn, dann wächst er. Und schaut man sich das als Werbeplattform an, dann ist auch relativ klar, wohin der Trend geht", so Schulze.
Mehr Marken setzen auf Kooperationen
In "Rocket League" steuern Spieler Autos, die mit etwas "Boost" fliegen können und spektakuläre Tore schießen. Laut activeplayer.io zählte das Spiel im Mai 2024 rund 24 Millionen aktive Spielerinnen und Spieler weltweit an einem Tag. Das dürfte für die Sportmodemarke Puma Grund genug gewesen sein, um im spieleeigenen Shop Werbung in Form von digitalen Autolackierungen zu machen. Wer möchte, kann jetzt im Borussia Dortmund Dress Tore schießen, Ausstatter des Clubs ist Puma.
Die Beispiele gehen allerdings über Auto-Fußball hinaus. In "Mario Kart" können Spieler Mercedes fahren, in "Fortnite" geht gerade Sängerin Billie Eilish mit einem spielbaren Charakter auf Promo-Tour und in "Roblox" kann gleich der komplette Store der Luxusmarke Gucci besucht werden.
Im Werbesprech nennt sich das dann eine Kooperation. Und immer mehr Marken setzen auf solche Kooperationen, weil Werbung dadurch positiv wahrgenommen werden kann. "Wenn ich beispielsweise mit Star Wars Lichtschwertern durch Fortnite laufe, dann verändert das das Spiel und es verändert das Spielerlebnis", sagt Experte Schulze: "Und es gibt viele Spieler, die sich darauf freuen, dass endlich wieder Star Wars Day oder Star Wars Week ist". Generell könne aber man nicht sagen, dass eine Werbung besser ist, nur weil sie Teil der Spielerfahrung sei.
Werbung wirkt authentisch
Die Werbung in Spielen beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Spiele selbst, sondern vor allem gibt es auch Werbung um Spieler herum. Die Influencer der Spielewelt sind sogenannte Streamerinnen und Streamer. Das Konzept ist einfach: Die Streamer zocken und die Zuschauer können per Chat interagieren oder schauen einfach zu - und die Werbung schauen sie gleich mit.
Einer der bekanntesten Streamer hierzulande ist "Hand of Blood", auch bekannt als "Hänno". Seinen Stream unterbricht er für eine etwas unbeholfene und deswegen durchaus unterhaltsame Modenschau für die Modemarke Holzkern und die Zuschauer finden das sogar ziemlich gut. Hier schaltet keiner ab, nur weil "Hänno" Werbung macht.
Jasmin Oestreicher ist Geschäftsführerin der Influencer-Agentur Instinct3, bei der auch "Hand of Blood" unter Vertrag steht. Gaming, Streamer, Werbung - eine Kombination, die vor allem deswegen interessant für Marken sei, weil sie authentisch sei. "Ich kenne die Person, ich weiß, wofür sie steht. In dem Fall feiere ich vielleicht den Humor, das, was da passiert und die Umgebung", sagt Oestreicher. Es lohnt sich für beide Seiten.
Gaming ist einfacher geworden
Auch Oestreicher bestätigt, dass Werbung mit Spielen bei Streamern deswegen so erfolgreich sei, weil die Zocker von damals heute erwachsen geworden sind. Ein anderer wichtiger Punkt sei aber auch, dass Spielen heute technologisch einfacher geworden ist. Statt eines aufgerüsteten Gaming-Computers braucht es nur noch eine Konsole oder ein Smartphone.
"Dadurch, dass es jetzt sehr niederschwellig ist, mit Games zu interagieren, hat sich natürlich auch das Potenzial für Marken, sich darin zu positionieren, erhöht", so Oestreicher. Dass Marken wie Puma, Gucci oder andere Labels im Videospiel-Kontext zu sehen sind, ist also einfach nur eine Entwicklung der Zeit. "Gaming ist jetzt schon sehr viel salonfähiger geworden. Dieses Stigma, das wir alle Kellerkinder sind, lässt langsam nach", betont die Expertin.
Trotz allem, am Ende bleibt eine Kritik: Werbung verschmilzt mit der Unterhaltung. Für Erwachsene ist das gut erkennbar, für Kinder könnte das allerdings anders aussehen, sagt Schulze. "Meine elfjährige Tochter sieht einen Streamer, findet den cool und merkt nicht, dass das gerade eine Werbeveranstaltung ist. Und gerade deshalb funktioniert diese Werbung." Jugendliche brauchen also auch hier einen besonderen Schutz.