3D-Druck auf dem Bau Ein Haus in 140 Stunden
Revolutionieren Häuser aus dem 3D-Drucker die Baubranche? In Heidelberg ist gerade das größte 3D-Gebäude Europas fertiggestellt worden. Es entstand innerhalb von 140 Stunden.
Schicht um Schicht statt Stein auf Stein. Das Haus ist innerhalb von 140 Stunden fertig - zumindest die Arbeit des Druckers, erklärt Hans-Jörg Kraus, geschäftsführender Gesellschafter der KrausGruppe, der es in Auftrag gegeben hat.
Es wird ein Rechenzentrum. In Heidelberg, auf dem Gelände des ehemaligen Hauptquartiers der amerikanischen Streitkräfte in Europa, ist es entstanden. 53 Meter lang, elf Meter breit und neun Meter hoch - das größte gedruckte Gebäude in Europa. Begonnen hat der Druck im April, diese Woche floss die letzte Beton-Tinte.
Leidenschaft für den 3D-Druck
Kraus ist fasziniert vom 3D-Druck. 2020 wurde das erste Haus in Deutschland im nordrhein-westfälischen Beckum gedruckt. Als er davon hörte, dachte er: "Das will ich auch." Jetzt ist es so weit, sein Serverhotel ist das dritte vollständig genehmigte 3D-gedruckte Gebäude in Deutschland. "Ich hatte schon immer einen enorm großen Spieltrieb. Und genau der ist auch der Motor, der mich hier bei dem 3D-Druckverfahren antreibt", sagt Kraus, seine Augen leuchten.
Es war eine ungewöhnliche Baustelle: Den Lärm machten nicht viele Maschinen, sondern ein einziger sogenannter Portaldrucker. Quietschend und ratternd presste er aus einem Schlauch und einer Druckdüse eine Schicht Beton auf die darunterliegende. Fast so, als würde man aus einer Tülle Sahne auf eine Torte spritzen. Wellenförmig sind die Wände, von oben sieht es aus wie ein Rechteck mit Kurven. Solche Formen sind in konventioneller Bauweise nicht möglich.
Wie wenn Sahne aus einer Tülle auf eine Torte gespritzt wird: Die Druckdüse reiht Betonschicht auf Betonschicht.
Bauen Drucker umweltfreundlicher?
Ein weiterer Vorteil: Der verwendete Spezial-Beton habe einen deutlich kleineren CO2-Fußabdruck und sei recyclebar. Die Vision von Kraus: "Dass wir in einigen Jahren dieses Gebäude wieder abreißen, schreddern, recyceln und mit erneuerbaren Energien ein neues Gebäude drucken können."
Robert Jahn von der Technischen Uni Dresden forscht zum 3D-Druck. Auch er ist begeistert; ganz so umweltfreundlich findet er den verwendeten Beton allerdings noch nicht - und zwar, weil das Material möglicherweise von weit her komme. So habe die Heidelberg-Materials-Tochter Italcementi einen Zement speziell für den 3D-Druck entwickelt. Er muss unter anderem gut pumpbar und ausstoßbar sein. Es handele sich also noch nicht um ein Standardmaterial, welches vielerorts verfügbar sei. "Gegebenenfalls können längere Transportwege entstehen", sagt er.
Für die Baustelle in Heidelberg hält sich der Weg allerdings in Grenzen. In den letzten zwei Jahren hat die Firma Heidelberg Materials in Nordrhein-Westfalen einen Produktionsstandort aufgebaut, von dort kommt der 3D-Druckbeton für die Baustelle in Heidelberg.
Neue Anforderungen an die Bauarbeiter
Hier wurde zusätzlich auch noch Standard-Beton verbaut. Per Hand hat ein Bauarbeiter Anker zwischen die teils parallel verlaufenden Mauern gesetzt, die der Roboter gedruckt hat. Dann wurde der normale Beton in den Zwischenraum gegossen, aktuell noch eine Vorgabe der Statik. "Zukünftig sollen die Wände allein stabil genug sein, doch so weit sei die Technik noch nicht", so Kraus.
Gerade mal drei bis vier Leute wurden auf der Baustelle gebraucht, um den Roboterarm zu unterstützen oder um zu überwachen, was gerade passiert. Das sei ein großer Vorteil vom 3D-Druckverfahren in Bezug auf den Fachkräftemangel, erklärt Kraus. Auch die Berufsanforderungen würden sich durch den 3D-Druck komplett ändern. Das sah man schon hier: in der einen Hand der Bauarbeiter eine Spachtel oder eine Kelle, in der anderen der Laptop.
Drucken bald Standard?
Doch wie schnell wird sich der Beruf wirklich ändern, wie bald werden unsere Häuser standardmäßig aus dem Drucker kommen? Laut Jahn von der Technischen Uni Dresden wird das noch etwas dauern. Der flüssige Beton, der durch eine Druckdüse gepresst wird, habe noch keine Standardzulassung. Für jedes Haus müsse sie zurzeit neu beantragt werden.
Dazu komme, dass die derzeit eingesetzten Portal-Anlagen deutlich größer seien als die herzustellenden Gebäude. Im hoch verdichteten innerstädtischen Bereich, wo beispielsweise eine Baulücke geschlossen und dazu noch vielgeschossig gebaut werden soll, sei noch zu untersuchen, ob die derzeitige Technologie in dieser Form genutzt werden kann. "Grundsätzlich denke ich, dass der Beton-3D-Druck in naher Zukunft eher für Prestige-Objekte zum Einsatz kommen wird", sagt Jahn.
So wie aktuell in Heidelberg. Schon während des Drucks hatten sie hier massenhaft Besucher. Kraus ist vom 3D-Druck überzeugt. Auf die Frage, was die Nachteile seien, sagt er: "Dass wir noch keine Erfahrungen damit haben. Das heißt, wir wissen gar nicht, was die nächsten Jahre vielleicht noch auf uns zukommt. Aber auch dafür wird es dann wieder Lösungen geben. Und aus dem Grund ist es ganz wichtig, dass wir weiter an diesem Verfahren herumexperimentieren." Das Leben habe immer ein Risiko. Und wenn man immer alles gleich mache, nur weil man es kenne, sei das Leben viel zu langweilig.