Tanzfläche

Energiebilanz von Clubs Tanzen für den Klimaschutz

Stand: 05.11.2022 08:48 Uhr

Laute Bässe, viel Beleuchtung, jede Menge Kühlschränke: Clubs sind regelrechte Energiefresser. Eine Berliner Initiative setzt sich für ein klimafreundlicheres Nachtleben ein. Wird die Tanzfläche gar zum Öko-Kraftwerk?

Die Soundanlage dreht auf, die Beleuchtung wird getestet, die Kühlschränke werden mit Getränken gefüllt: Vorbereitungen für ein langes Partywochenende im "SchwuZ". Der Club, der sich vor allem an ein queeres Publikum richtet, gilt als Institution im Berliner Nachtleben. Und als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit, wie Geschäftsführer Florian Winkler-Schwarz bei einem Rundgang sagt: "Für uns ist Klimaschutz gelebte Wirklichkeit. Unser Team steht voll dahinter, und jede Investition zahlt sich aus." Längst kommt der Strom vom Öko-Anbieter. Technische Geräte haben die höchste Effizienzklasse. Die Beleuchtung ist auf LED umgestellt und der Wasserverbrauch minimiert worden.

Energie durch Körperwärme

Und es steht ein weiteres Projekt an. Schon bald könnten die Gäste im SchwuZ beim Tanzen ganz nebenbei Energie erzeugen. Was utopisch klingt, ist in einem schottischen Nachtclub bereits Realität und bisher weltweit einzigartig: Mithilfe von Wärmepumpen wird die auf der Tanzfläche erzeugte Körperwärme eingefangen, gebündelt und gespeichert. Das SchwuZ stecke dazu in der Planungsphase. "Wir überlegen, wie die gewonnene Energie genutzt könnte. Zum Beispiel für das Heizungssystem einer Schule", sagt Winkler-Schwarz. Doch die Investitionskosten seien mit rund 400.000 Euro sehr hoch. Deshalb werbe man momentan bei der Politik um finanzielle Unterstützung.

Initiative gibt Tipps - das Netzwerk wächst

Ganz so weit seien andere Clubs noch nicht, berichtet Konstanze Meyer. Sie ist Projektleiterin bei "Clubtopia", einem Zusammenschluss aus Berliner Clubbetreibern, dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und Ehrenamtlichen. Finanziert wird Clubtopia von Berliner Senat. Das Projekt berät die Clubszene seit 2019, entwickelt Handlungsempfehlungen und organisiert Veranstaltungen zum Wissensaustausch. "Wir versuchen bei jedem Club individuell zu gucken: Wo wird am meisten Strom verbraucht? Was sind die größten Hebel, um CO2 einzusparen? Wofür gibt es finanzielle Förderung?", sagt Meyer. Neben technischen Fragen gehe es oft auch um Verhaltensänderungen.

Feste Prinzipien für Clubs

Um den Fortschritt zu verdeutlichen und die Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeit im Nachtleben zu erhöhen, gibt es mittlerweile eine Art Selbstverpflichtungerklärung. 2021 beschoss Clubtopia mit anderen Akteuren einen "Code of Conduct" - ein Dokument mit detaillierten Nachhaltigkeitsprinzipien für Clubs. Die teilnehmenden Veranstalter verpflichten sich zu konkreten Klimaschutzmaßnahmen. So müssen sie etwa jährlich ihren Energieverbrauch um zehn Prozent reduzieren, Wasser einsparen oder auf Einweggeschirr verzichten.

Schon jetzt haben deutschlandweit 25 Clubbetreiber das Papier unterzeichnet. "Bisher nehmen Clubs aus Berlin und Hamburg teil. Köln steht ebenfalls in den Startlöchern", erläutert Projektleiterin Meyer. Auch die Clubszene in anderen deutschen Städten beschäftige sich mit den ambitionierten Zielen.

Clubszene als Vorbild?

Dass das Potenzial zum Klimaschutz in der Clublandschaft groß ist, zeigt eine Beispielrechnung. Ein kleiner Club verbraucht an einem Wochenende so viel Strom wie ein Single-Haushalt in einem ganzen Jahr. Hinzu kommen Emissionen durch Heizen, Abfall, Wasser und Mobilität. Die Bereitschaft, etwas zu ändern, ist laut der Initiative Clubtopia in der Szene längst da. Oft aber fehle es an Zeit, Geld oder Wissen für die konkrete Umsetzung. Besonders die finanziellen Einbußen während die Corona-Pandemie hätten viele Investitionen - etwa in neue Technik - ausgebremst. Hinzu komme der allgegenwärtige Personalmangel. Durch die Energiepreiskrise entstehe nun vielerorts ein Sparzwang, der auch dem Klimaschutz helfen könnte.

Florian Winkler-Schwarz vom Berliner SchwuZ ist sich sicher, dass seine Branche als Vorbild für andere dienen kann: "Clubs sind Orte, wo die Generation der Zukunft zu Hause ist. Und die fordert das Bewusstsein für Klimaschutz ein." Sein Club hat es sich gar zum Ziel gemacht, klimaneutral zu werden - und betreibt dazu bereits ein Aufforstungsprojekt in der Nähe von Berlin, um die verbleibenden CO2-Emissionen in der Klimabilanz auszugleichen.