Start der Elektronikmesse IFA Der Weg zum intelligenten Zuhause
Ob Staubsauger, Herd oder Lampen - Haushaltselektronik wird immer schlauer und macht das Zuhause zum "Smart Home". Die intelligente Vernetzung breitet sich aus und ist auch bei auf heute beginnenden IFA ein Thema.
Wer mit einem Sprachbefehl von der Couch aus die Heizung aufdreht, beim Einkaufen auf dem Smartphone den Inhalt des heimischen Kühlschranks überprüft oder seine Küchengeräte so programmiert, dass Toaster und Kaffeemaschine gleichzeitig fertig sind, wohnt zweifelsohne in einem Smart Home. Seit Jahren ist das intelligente Zuhause auf dem Vormarsch und nimmt auch bei der 99. Ausgabe der IFA, Europas größter Messe für Unterhaltungs- und Haushaltselektronik, eine wichtige Rolle ein.
Die Vorteile liegen auf der Hand: So kann eine Heizungsanlage, die mit dem Türschloss verbunden ist, in Abwesenheit die Temperatur senken, um Energie zu sparen. Die zentrale Steuerung von Beleuchtung, Musik und Fernseher erhöht den Komfort. Und die Sicherheit nimmt zu, wenn das Smartphone Sensoren und Kameras im Haus kontrolliert. Diesen Dreiklang aus Effizienz, Komfort und Sicherheit betonen Experten wie Unternehmen gleichermaßen.
Stetiges Wachstum - aber gemächlich
Dennoch sind Wohnungen und Häuser mit intelligenten und vernetzten Geräten hierzulande noch immer in der Minderheit. Bei einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom gaben 44 Prozent der Menschen ab 16 Jahren an, Smart-Home-Anwendungen zu nutzen. 2020 waren es noch 37 Prozent. Der Markt wächst also stetig, aber verglichen mit dem technologischen Fortschritt gemächlich.
Die wichtigsten Einsatzgebiete für smarte Geräte sind laut der Bitkom-Umfrage die Bereiche Licht und Heizung. Mehr als jeder dritte Haushalt nutzt demnach smarte Lampen und Leuchten, jeder vierte intelligente Heizkörperthermostate. Und in 23 Prozent der deutschen Haushalte sind Staubsauger-Roboter im Einsatz.
Bitkom-Referent Felix Janssen sieht den Trend längst in der Breite der Bevölkerung angekommen: "Die Zeiten, in denen Smart Home als Spielerei abgetan wurde, sind vorbei. Die Vorteile werden von immer mehr Menschen erkannt und die Vernetzung dringt in alle Lebensbereiche vor." Neben dem Gebrauch im Alltag sieht er auch Potenzial in spezielleren Anwendungsbereichen: "In der Pflege und Barrierefreiheit etwa entwickelt sich gerade viel. Denken Sie an intelligente Hausnotrufsysteme. Aber auch Wasser- oder CO2-Sensoren sind im Kommen."
Wie schlau muss ein Wäschetrockner sein?
Was aber hält mehr als die Hälfte der Haushalte davon ab, ihr Zuhause smart umzurüsten? Nach wie vor scheinen Sicherheitsbedenken der wichtigste Grund zu sein. Laut Bitkom haben 47 Prozent der Nicht-Nutzer Angst vor dem Missbrauch persönlicher Daten, 41 Prozent sorgen sich vor Hacker-Angriffen. 31 Prozent empfinden den Einbau der Geräte als zu aufwändig und ein Viertel die Bedienung als zu kompliziert.
So stellt sich im Zuge des Wachstums smarter Anwendungen auch die Frage nach den Grenzen des vernetzten Zuhauses - und dem praktischen Nutzen. Muss ein Wäschetrockner tatsächlich im Internet sein, um gute Arbeit zu leisten? Jein, sagen Hersteller und Beobachter. Natürlich könne auch ein Offline-Gerät seinen Zweck gut erfüllen, betont Sven Hansen, Experte für Smart Home bei der Fachzeitschrift c’t: "Aber in vielen Haushalten stehen Waschmaschine und Trockner im Keller. Moderne Geräte berechnen ihre Arbeitszyklen je nach Bedarf selbst. Eine kurze Info auf dem Smartphone ist dann komfortabel und spart Zeit im Alltag."
Diesen Vorteil sieht auch Diana Diefenbach, Managerin für Hausgeräte bei Samsung. Ein weiterer sei die Energieeffizienz. Intelligente Waschmaschinen erzielten schon jetzt Einsparungen von bis zu 70 Prozent. "Der Trend hin zu dynamischen Strompreisen je nach Tageszeit erhöht die Attraktivität noch - denn ein smarter Trockner erkennt, wann und wie er besonders sparsam betrieben werden kann."
Balkonkraftwerke und Sprachbarrieren
Auch sonst scheint die Effizienz angesichts gestiegener Energiepreise momentan der stärkste Wachstumsfaktor zu sein. Viele Hersteller zeigen auf ihren IFA-Bühnen in den kommenden Tagen Errungenschaften und künftige Einsatzgebiete. "Wir integrieren zum Beispiel längst die eigene Energieerzeugung, etwa durchs Solar-Balkonkraftwerk, sowie den optimierten Verbrauch von Haushaltsgeräten ins Smart Home. Das hat enormes Potenzial", zeigt Thorsten Böker, Samsung-Manager für Smart Home, an einem vor der Ausstellungshalle aufgebauten Tiny House voller Anwendungsbeispiele.
Doch je mehr Geräte vernetzt sind, desto größer können die Verständigungsprobleme werden. Trotz einiger Fortschritte gibt es nach wie vor keinen einheitlichen branchen- und markenübergreifenden Kommunikationsstandard für Hardware und Geräte, sagt c’t-Journalist Hansen. "Große Hersteller oder Tech-Giganten wie Google und Amazon bieten natürlich Plattformen, denen sich auch kleinere Anbieter anschließen. Doch bisher bleibt es bei Insellösungen, die nur langsam zusammenwachsen."
Das aber sei kein Grund, Smart Home grundsätzlich abzulehnen, findet der Experte. Schließlich sei die Vernetzung von Elektrogeräten kein allumfassendes Konzept - sondern ein Prozess, der meist mit einfachen Anwendungen beginne. Wichtig sei, immer Kosten und Nutzen genau abzuwägen. Denn nicht jede Anwendung sei für jeden Haushalt gleich sinnvoll.