Glyphosat-Klagen Monsanto wird für Bayer zum Risiko
Zum zweiten Mal hat Bayer mit seiner Tochter Monsanto vor Gericht eine Niederlage erlitten. Die Klagewelle in den USA wegen Glyphosat hat erst begonnen - mit unkalkulierbaren finanziellen Risiken.
Zum zweiten Mal haben amerikanische Gerichte nun krebskranken Klägern hohe Millionensummen an Schadenersatz zugesprochen. Und der nächste Prozess steht schon an, nur wenige Kilometer von San Francisco entfernt, in Oakland. Dort geht es um die Erkrankungen eines Ehepaars, die beide an Lymphdrüsenkrebs leiden.
Welche Auswirkungen haben diese juristischen Entscheidungen auf den Bayer-Konzern? Ganz offensichtlich ist der Aktienkurs massiv unter Druck geraten. Bayer ist jetzt weniger wert als vor der Fusion mit Monsanto. Der Kaufpreis von 63 Milliarden Dollar hat sich quasi in Luft aufgelöst.
Keiner weiß, was noch kommt
Und was nun auf den Konzern noch zukommt, lässt sich überhaupt nicht abschätzen. Für die Prozesskosten - auch in anderen juristischen Auseinandersetzungen - habe Bayer Rückstellungen in Höhe von 661 Millionen Euro gebildet, hieß es auf der Bilanzpressekonferenz Ende Februar. Für Schadenersatzzahlungen nicht.
In welcher Höhe eine etwaige Versicherung abgeschlossen wurde, wollte Bayer-Chef Werner Baumann nicht verraten - aus taktischen Gründen, man lässt den Gegner ja nicht gerne in sein Blatt schauen.
Zahlungen bis zu fünf Milliarden Dollar wären Erfolg
Doch bis tatsächlich Geld an die Kläger fließt, können Jahre vergehen. Bayer hat angekündigt, alle Rechtsmittel auszuschöpfen und bis an die höchsten amerikanischen Gerichte zu gehen. Auf Vergleichszahlungen wollen sich die Leverkusener auch nicht einlassen.
Experten wie der Portfolio-Manager Markus Manns von Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volksbanken, sehen dafür auch wenig Spielraum: "Kommt Bayer mit Zahlungen bis zu fünf Milliarden Dollar davon, hat der Vorstand alles richtig gemacht", sagte er in einem Interview. Doch die Schätzungen gehen weit darüber hinaus, von einem mittleren zweistelligen Milliardenbetrag ist die Rede, wenn es für das Unternehmen vor den Gerichten schlecht ausgeht.
Bayer-Chef Baumann war nicht klar, wie viele Klagen folgen würden.
"Wir haben dieses hohe Prozessrisiko nicht gekannt"
Bayer ist in einen Strudel geraten, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Die Leverkusener mussten Monsanto übernehmen, sonst wären sie selbst geschluckt worden, argumentierten sie. Das schlechte Image der Amerikaner glaubten sie in den Griff zu bekommen, unter anderem durch die Tilgung des Firmennamens Monsanto.
Man habe keine "smoking gun" bei Monsanto gefunden, sagte Bayer-Chef Baumann noch im vergangenen Sommer, als seine Manager nach Vollzug der Übernahme erstmals vollen Einblick in die Bücher am Monsanto-Sitz in St. Louis bekamen. Dass da aber eine Lunte brannte - mit jetzt mehr als 11.200 Klagen am anderen Ende - das haben sie nicht gesehen. "Wir haben dieses hohe Prozessrisiko nicht gekannt. Bei den ersten Gesprächen mit Monsanto lagen 21 Klagen vor", so Baumann später.
Dass das Programm zum Abbau von 12.000 Arbeitsplätzen weltweit im Zusammenhang mit den Glyphosat-Prozessen steht, hat der Bayer-Chef übrigens vehement bestritten.