EU-Länder entscheiden über Glyphosat-Zulassung "Die Bundesregierung wird sich enthalten"
Bis Monatsende läuft die Zulassung für den Unkrautvernichter Glyphosat aus. Die EU-Länder wollen heute in Brüssel über den weiteren Einsatz entscheiden. Die deutsche Regierung hat sich bereits festgelegt.
Deutschland sagt "Jein“ zur Neuzulassung des Unkrautvernichters Glyphosat. Die Union ist dafür, die Sozialdemokraten sind dagegen. "Also es ist bislang nicht gelungen, eine gemeinsame Position zu entwickeln. Und deshalb wird sich die Bundesregierung bei der Abstimmung in Brüssel enthalten“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Die EU-Kommission hatte vor knapp einer Woche einen Kompromissvorschlag gemacht. Ursprünglich wollte sie die europaweite Zulassung von Glyphosat um neun Jahre verlängern. Um Gegner und Skeptiker in den europäischen Regierungen umzustimmen, schlug die Kommission strengere Auflagen und eine zeitlich begrenzte Neuzulassung von 12 bis 18 Monaten vor, sagte Vytenis Andriukaitis, der in der EU-Kommission für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständig ist.
SPD lehnt Kompromiss-Vorschlag ab
Die SPD lehnt auch den Kompromissvorschlag der EU-Kommission ab. Selbst eine zeitlich begrenzte Neuzulassung von Glyphosat wollen die Sozialdemokraten in Deutschland nicht mitmachen, sagt Stephan Gabriel Haufe, Sprecher des SPD-geführten Bundesumweltministeriums. "Solange nicht klar ist, dass der Stoff gesundheitlich unbedenklich ist, kann es auch keine Zulassung geben. Auch keine kurzfristige oder vorübergehende Zulassung mit einigen Monaten.“
Diese Zeit werde gebraucht, um ein neues Gutachten der Europäischen Chemikalien-Agentur "Echa“ mit Sitz in Helsinki abzuwarten, argumentiert die EU-Kommission. Es soll klären, ob Glyphosat tatsächlich krebserregend ist. Und das wollen auch die Sozialdemokraten wissen, sagt Haufe: "Aus dem Vorsorgeprinzip, was die europäische Gesetzgebung ja auch vorsieht, hat sich das SPD-Ministerium entschieden, dass es jetzt zu keiner Zulassung kommen kann, solange eben dieser Punkt nicht geklärt ist“.
Ende des Monats läuft Genehmigung aus
Doch bis dieser Punkt geklärt ist, bis also das neue Gutachten Ergebnisse hervorbringt, wird noch einige Zeit vergehen. Zeit, die die EU-Kommission nicht hat. Denn Ende des Monats läuft die Genehmigung für den Unkrautvernichter Glyphosat in der Europäischen Union ab. Heute werden Vertreter der 28 EU-Staaten über den Kompromissvorschlag der Kommission beraten. Und sie sollen nun auch darüber abstimmen, sagt Gesundheitskommissar Andriukaitis: "Die EU-Kommission und 19 europäische Länder sind bislang für eine Verlängerung. Dazu gehören zum Beispiel Großbritannien, Polen und die Niederlande. Gegen die Neuzulassung von Glyphosat in Europa sind bislang vor allem Italien und Frankreich."
Frankreich offenbar für Zustimmung bereit
Frankreich allerdings scheint seine Position von "Nein“ auf "Ja“ zu drehen. Fraglich, wie sich die Italiener verhalten werden, die von Anfang nicht so kategorisch dagegen waren. Wenn Deutschland sich enthält, wird interessant sein, wie einige weitere Länder, die sich bislang ebenfalls enthalten hätten, nun abstimmen werden. Schweden zum Beispiel spricht sich für eine Neuzulassung von Glyphosat für maximal zwei Jahre aus. In dieser Zeit wolle man die Ergebnisse des neuen Gutachtens der europäischen Chemikalien-Agentur abwarten, heißt es aus dem schwedischen Umweltministerium. Spannend wird, wie fünf weitere "Enthalter“ abstimmen. "Wir warten darauf, wie sich die Mitgliedsstaaten entscheiden werden", sagte Kommissionssprecher Margaritis Schinas.
Neuzulassung für begrenzten Zeitraum
Es spricht einiges dafür, dass eine qualifizierte Mehrheit zustande kommt – für eine Neuzulassung von Glyphosat unter strengeren Auflagen und für einen begrenzten Zeitraum. Sollte das nicht der Fall sein, könnte die EU-Kommission auch eigenmächtig entscheiden. Doch das will sie nicht. Sie möchte den Rückhalt der meisten Mitgliedsstaaten haben. Möglicherweise, um sich später nicht vorwerfen lassen zu müssen, sie habe die Neuzulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat gegen den Willen wichtiger, europäischer Regierungen durchgedrückt.