Einigung bei EU-Abgasnormen So viel schlechte Luft darf sein
Der Streit um die Vorgaben für den CO2-Ausstoß von Neuwagen in der EU ist beigelegt. Unterhändler von Mitgliedsstaaten und Europaparlament haben eine Einigung erzielt. Noch aber steht diese unter Vorbehalt.
Im monatelangen Streit um strengere Abgasnormen für Autos in Europa haben die Verhandlungspartner in Brüssel einen Durchbruch erzielt. "Die Kuh ist vom Eis", sagte der SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses, Matthias Groote, am Abend in Brüssel. Als sicher kann die Einigung aber erst gelten, wenn EU-Parlament und Mitgliedstaaten offiziell zugestimmt haben.
Dem neuen Kompromiss zufolge soll die bisher für 2020 angepeilte Grenze von maximal 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer für alle neuen Autos erst 2021 gelten. 2020 müssen nur 95 Prozent der Fahrzeuge eines Herstellers diese Norm erfüllen.
Anrechnung von Elektroautos
Zudem wurde bei den Gesprächen zwischen EU-Ratspräsidentschaft und EU-Parlament eine flexiblere Handhabung bei der Anrechnung von Elektroautos vereinbart. Die sogenannten Supercredits dürfen die Hersteller demnach von 2020 bis 2022 geltend machen. Diese Bonuspunkte dienen der mehrfachen Anrechnung von abgasarmen Wagen, wodurch im Gegenzug mehr abgasstarke Autos gebaut werden dürfen.
Fast hätte es schon im Sommer eine Einigung auf die Abgasobergrenzen für Neuwagen in der EU gegeben. Damals war geplant, dass die 95-Gramm-Grenze schon Anfang 2020 erreicht werden muss. Doch die Bundesregierung blockierte mit ihrem Veto den Kompromiss aus Sorge um die wichtige heimische Autobranche. Gerade Oberklasse-Hersteller wie Daimler, BMW und Audi produzieren vor allem Fahrzeuge, die schwerer und antriebstärker sind und deshalb mehr Sprit verbrauchen und Abgase ausstoßen.
Kritik an aufgeweichten Normen
Kritik an dem Kompromiss kommt deshalb von der Umweltschutz-Organisation Transport & Environment: "Es ist beschämend, dass sich die ungeschickte Lobby-Arbeit Deutschlands ausgezahlt hat und das 95-Gramm-Ziel weiter abgeschwächt wurde", sagte deren Experte Greg Archer.
Für die EU-Abgeordnete Sabine Wils von der Linken bedeutet die Einigung "viele tausende Tonnen mehr CO2 in der Atmosphäre." Auf die Verbraucher kämen zudem mehrere Milliarden mehr an Benzinkosten zu, weil das Ergebnis den rascheren Wechsel der Industrie auf umweltfreundlichere und damit weniger spritschluckende Modelle verzögere.
Allerdings setzen Daimler und BMW inzwischen auch auf Elektro-Autos. Sie dürften daher von der sogenannten Supercredits-Regelung profitieren, mit der emissionsfreie Elektromobile zu einer großzügigeren Anrechnung führen.