Archivbild: zwei MIG-29 der polnischen Luftwaffe
Liveblog

Ukraine-Krieg ++ Liefert Polen nun doch Kampfjets? ++

Stand: 26.03.2022 22:53 Uhr

Nach Angaben des ukrainischen Außenministers Kuleba haben die USA "keine Einwände" gegen die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine. Polen sei jetzt am Zuge. Mehr als 5000 Menschen entkommen durch Fluchtkorridore. Die Entwicklungen im Liveblog.

26.03.2022 • 22:53 Uhr

Treibstofflager in Dubno beschossen

Russische Truppen haben ein Treibstofflager in Dubno im Westen der Ukraine unter Beschuss genommen. Eine der beiden auf das Lager abgefeuerten Raketen sei abgeschossen worden, sagte der regionale Militärchef Vitali Kowalj bei Telegram. "Die zweite hat leider das Treibstofflager getroffen." Über Schäden oder weitere Auswirkungen des Angriffs machte Kowalj keine Angaben. "Der Schaden wird ausgewertet", sagte er.

Die USA haben nach ukrainischen Angaben "keine Einwände" gegen die Lieferung von Kampfjets durch Polen an die Ukraine. Das teilte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba der Nachrichtenagentur AFP schriftlich mit. Er fügte hinzu: "Der Ball liegt jetzt im Spielfeld der Polen."

Kuleba war mit US-Präsident Joe Biden in Polen zusammengetroffen. Bei dem Treffen waren die Außen- und Verteidigungsminister der Ukraine und der USA dabei. Kuleba erklärte mit Blick auf die Kampfjets, dass diese Frage nun weiter mit der polnischen Seite besprochen werden solle. "Aber ich will klar machen: Die Ukraine braucht unbedingt mehr Kampfflugzeuge." Es müsse im Luftraum ein "Gleichgewicht" hergestellt werden, um Russland von weiteren Luftangriffen abzuhalten. Diese Frage müsse "schnellstmöglich" geklärt werden.

Warschau hatte am 8. März offensichtlich für die USA überraschend angekündigt, dass es bereits sei, all seine Kampfflugzeuge vom Typ Mig-29 auf die US-Luftwaffenbasis nach Ramstein in Deutschland zu verlegen. Von dort hätten die USA die Kampfjets an die Ukraine überstellen sollen. Washington hatte diesen Vorschlag abgelehnt.

Insgesamt 5208 Menschen konnten am Samstag nach ukrainischen Angaben über Fluchtkorridore umkämpfte Städte verlassen. Ein hochrangiger Regierungsvertreter erklärte, 4331 Menschen seien aus Mariupol entkommen. Die Stadt liegt unter besonders heftigem Beschuss liegt.

Die USA wollen die Regierung in der Ukraine mit weiteren 100 Millionen US-Dollar (91 Millionen Euro) unterstützen. Die Mittel sollen dem Innenministerium für den Grenzschutz sowie für Einsätze und Ausrüstung der Polizei zu Gute kommen, erklärte das US-Außenministerium. Mit dem Geld könne es weiteren Nachschub an Schutzausrüstungen, gepanzerten Fahrzeugen, Kommunikationstechnik und medizinischen Gütern geben, hieß es weiter.

Die US-Regierung hat der Ukraine bereits massive humanitäre und militärische Hilfe zugesagt. Der US-Kongress hatte erst Anfang März einen Haushalt beschlossen, in dem bis Ende September insgesamt 13,6 Milliarden Dollar Hilfen für die Ukraine und Geflüchtete vorgesehen sind. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem Monat hat Washington der Ukraine bereits Militärhilfen und Waffenlieferungen im Wert von 1,35 Milliarden US-Dollar zugesagt.

Ukrainische Soldaten haben eigenen Angaben zufolge russische Truppen aus einer Stadt unweit von Sumy im Nordosten der Ukraine vertrieben. Die Russen hätten in Trostjanez Waffen, Munition und Ausrüstung hinterlassen, schrieben mehrere Medien unter Berufung auf die 93. Brigade der ukrainischen Streitkräfte. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Zuvor hatte das ukrainische Militär über Kämpfe in Trostjanez berichtet. Die Region Sumy wird seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine vor mehr als vier Wochen angegriffen. Auch in der angrenzenden Region Charkiw gibt es schwere Kämpfe.

US-Präsident Joe Biden hat nach Angaben des Weißen Hauses nicht zu einem Regimewechsel in Russland aufgerufen. Biden habe mit seiner Äußerung "Putin kann nicht an der Macht bleiben" gemeint, dass dieser keine Macht auf seine Nachbarländer oder die Region ausüben dürfe, sagt ein Sprecher des amerikanischen Präsidialamts. Biden habe nicht über Putins Macht in Russland oder einen Regimewechsel gesprochen.

Russische Oligarchen sind nach Worten des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu in der Türkei willkommmen. Sie müssten sich aber an internationale Gesetze halten, wenn sie Geschäfte tätigen wollten, sagt Cavusoglu. Die Türkei hat zwar den russischen Einmarsch in die Ukraine heftig kritisiert, lehnt aber die von ihren Nato-Verbündeten verhängten Sanktionen ab. "Wenn russische Oligarchen oder Bürger die Türkei besuchen wollen, können sie das natürlich", sagt Cavusoglu.

US-Präsident Joe Biden hat den Menschen in der Ukraine die Unterstützung der Vereinigten Staaten zugesichert. "Wir halten zu euch", sagte Biden in Warschau zum Abschluss eines zweitägigen Besuchs in Polen. Russland versuche, die Demokratie im eigenen Land zu zermalmen und gefährde auch die Nachbarländer. Es gebe für den brutalen russischen Angriffskrieg in der Ukraine keine Rechtfertigung, sagte Biden.

Die Darstellung von Kremlchef Wladimir Putin, wonach Russland in der Ukraine eine "Denazifizierung" vornehme, verurteilte der US-Präsident. "Das ist eine Lüge, das ist einfach nur zynisch und außerdem obszön", sagte er. Biden sprach im Warschauer Königsschloss, das als Symbol der im Zweiten Weltkrieg einst großteils zerstörten und später wiederaufgebauten polnischen Hauptstadt gilt.

Kremlsprecher Dmitri Peskow hat Äußerungen von US-Präsident Joe Biden scharf kritisiert. Biden hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin in Warschau einen "Schlächter" genannt. Derartige "persönliche Beleidigungen" schränkten die Möglichkeit bilateraler Kontakte mit der US-Regierung weiter ein, sagte Peskow in Moskau. Es sei "zumindest merkwürdig", solche Worte von Biden zu hören, der im Kosovokrieg 1999 zu Bombenabwürfen auf Serbien aufgerufen habe. "Er hat zum Töten von Menschen aufgerufen", sagte Peskow der Agentur Tass zufolge. Der russische Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin nannte Bidens Äußerung "hysterisch".

26.03.2022 • 18:01 Uhr

Stadt Lwiw mit Raketen beschossen

Bei russischen Raketenangriffen auf ein Stadtviertel von Lwiw im Westen der Ukraine sind nach Angaben der dortigen Behörden mindestens fünf Menschen verletzt worden. Es habe am Samstagnachmittag zwei russische Raketenangriffe gegeben, teilte der Gouverneur der Region, Maxym Kosytsky, im Onlinedienst Telegram mit. Betroffen war ein Viertel im Osten von Lwiw.

Am Himmel war eine dicke schwarze Rauchwolke zu sehen. Ein Treibstofflager sei getroffen worden, teilte Bürgermeister Andrij Sadowyj mit. Er sprach von fünf Opfern, ohne weitere Details zu nennen. Zivile Infrastruktur sei nicht getroffen worden.

Die abtrünnige georgische Region Südossetien hat nach eigenen Angaben Truppen zur Unterstützung ihres Verbündeten Russland in die Ukraine entsandt. "Unsere Jungs werden ihre militärische Pflicht mit stolz erhobener Fahne erfüllen", erklärte der Machthaber Südossetiens, Anatoli Bibilow, auf Telegram.  Nach seinen Worten "brennen" die Soldaten für den Einsatz. "Sie verstehen genau, dass sie Russland verteidigen werden, dass sie auch Ossetien verteidigen werden", erklärte Bibilow. 

Er berief sich auf Aussagen von Kreml-Chef Wladimir Putin, der den russischen Militäreinsatz in der Ukraine unter anderem damit rechtfertigt, dass die Armee dort gegen "Nazis" kämpfe. "Wenn der Faschismus nicht an den fernen Grenzen zerschlagen wird, wird er sich morgen wieder hier manifestieren", sagte Bibilow. Wie viele Soldaten entsandt wurden, teilte er nicht mit. Bibilow veröffentlichte jedoch ein Video, in dem zu sehen war, wie mehrere Busse und Lastwagen unterwegs waren.

Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan hat die britische Regierung aufgefordert, deutlich mehr für die Geflüchteten aus der Ukraine zu tun. "Es ist peinlich, wenn man das Vorgehen unserer Regierung mit dem von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Polen vergleicht", sagte der Labour-Politiker bei einer Demonstration für die Ukraine in der britischen Hauptstadt. Es müsse den Flüchtlingen in den nächsten Tagen und Wochen viel leichter gemacht werden, nach Großbritannien zu kommen. Vor kurzem hatte Khan sich dafür ausgesprochen, Geflüchtete in Immobilien russischer Oligarchen in der britischen Hauptstadt unterzubringen.

Polen beabsichtigt nach Angaben von Regierungschef Mateusz Morawiecki nicht, die aus der Ukraine aufgenommenen Flüchtlinge auf andere Länder zu verteilen. "Wir werden uns nicht um eine Verteiligung bemühen. Wenn jemand bei uns bleiben will, dann kann er bleiben, wenn jemand weiterreisen will, reist er weiter", sagte Morawiecki am Rande des Besuchs von US-Präsident Joe Biden in Warschau. Polen verhandele derzeit mit den Staats- und Regierungschefs anderer Länder darum, wie diese die Polen dabei unterstützen könnten, den Ukrainern zu helfen, sagte Morawiecki.

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hat Polens Grenzschutz 2,27 Millionen Flüchtlinge gezählt, die aus dem Nachbarland eingereist sind. Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele von ihnen in Polen geblieben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weitergereist sind. "Was wir heute erleben, ist vielleicht nur der erste Akkord der größten Flüchtlingskrise nach dem Zweiten Weltkrieg, einer Krise, die durch Russlands Krieg, Russlands Aggression gegen die Ukraine verursacht wurde", sagte Morawiecki weiter. Er rechne mit einem weiteren Zustrom von Flüchtlingen nach der ersten Welle.

26.03.2022 • 17:24 Uhr

Solidarität bei Handballspiel

Als ein weiteres Zeichen der Solidarität mit der Ukraine kommt beim Topspiel in der Handball-Bundesliga zwischen Tabellenführer SC Magdeburg und Titelverteidiger THW Kiel ein besonderer Spielball zum Einsatz. Darauf sind die gelb-blauen Nationalfarben der Ukraine und die Botschaft "PEACE.STOP WAR." gedruckt. Seit Ausbruch des russischen Angriffskrieges gibt es in den beiden Handball-Profiligen Solidaritätsinitiativen und Hilfsprojekte für die Menschen aus der Ukraine.

Die ukrainische Band Kalush Orchestra will trotz des Krieges in ihrem Land zum Eurovision Song Contest (ESC) nach Turin reisen. "Wir bereiten uns so gut wie möglich vor und geben alles, um unser Land bestmöglich zu vertreten", sagte Sänger Oleg Psyuk in einem Video bei Instagram. Er dankte den ESC-Organisatoren für ihre Unterstützung. Kalush Orchestra sind mit ihrem Lied "Stefania" laut Buchmachern die großen Favoriten auf den Sieg in Italien.

Die Mitglieder der ukrainischen Band Kalush Orchestra.

Das an eine Mutter gerichtete Lied "Stefania" enthält die Zeile: "Ich werde immer meinen Weg nach Hause finden, auch wenn alle Straßen zerstört sind."

Die Band ist am 10. Mai für das erste Halbfinale eingeplant, das Finale findet vier Tage später statt. In den sozialen Netzwerken wirbt sie seit Kriegsbeginn Ende Februar für den Widerstand der Ukrainer gegen die russischen Aggressoren, unter anderem mit Videozusammenschnitten des Kriegsgeschehens. Russland ist wegen des Krieges von der Europäische Rundfunkunion (EBU) für die diesjährige Ausgabe des ESC ausgeschlossen worden. Der Verbündete Belarus war nach der Suspendierung des Senders BTRC im vergangenen Jahr auch diesmal nicht zum Wettbewerb zugelassen.

Der Bürgermeister der nordukrainischen Stadt Tschernihiw hat große Zerstörungen durch russische Truppen beklagt. "Die Stadt ist komplett verwüstet", sagte Wladyslaw Atroschenko. In den vergangenen Wochen seien in der Stadt, die nahe der russischen und der belarussischen Grenze liegt, mehr als 200 Zivilisten getötet worden. Von den mehr als 285.000 Einwohnern, die Tschernihiw vor dem Krieg zählte, sei demnach mittlerweile nicht einmal mehr die Hälfte übrig, sagte Atroschenko. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Der Bürgermeister beschrieb eine katastrophale humanitäre Lage in seiner Stadt. Russische Soldaten hätten eine Brücke zerstört, die in Richtung Kiew führte. Nun sei es nicht mehr möglich, Fluchtkorridore für Zivilisten einzurichten. Auch die Stromversorgung funktioniere nicht mehr. Aufgeben werde man aber nicht, betonte Atroschenko. Das Stadtbild wird durch zahlreiche mittelalterliche Kirchen und Klöster geprägt, von denen nach ukrainischen Angaben mindestens zwei beschädigt worden sind. Die Ukraine strebt für das Zentrum von Tschernihiw den Status als Weltkulturerbe an.

26.03.2022 • 16:37 Uhr

Offenbar Luftangriff auf Lwiw

Die westukrainische Stadt Lwiw ist nach Angaben des Bürgermeisters aus der Luft angegriffen worden. Details waren zunächst nicht bekannt. Man warte auf Informationen der Militärverwaltung, schrieb Bürgermeister Andrij Sadowyj auf Telegram. Er rief die Menschen dazu auf, in Schutzräumen zu bleiben.

Ein CNN-Korrespondent in Lwiw berichtete, es habe drei Explosionen gegeben. Die Stadt rund 80 Kilometer vor der Grenze zum Nato-Land Polen hat bislang nur wenige Angriffe erlebt. Sie ist aber voller Flüchtlinge aus anderen Teilen der Ukraine. US-Präsident Joe Biden hatte die polnische Seite der Grenze besucht.

In Tschechien lebende Russen haben auf einer Demonstration in Prag gegen den Ukraine-Krieg protestiert. An der Aktion unter dem Motto "Russen gegen Putin" nahmen nach Polizeiangaben rund 3000 Menschen teil. Zwischenfälle wurden nicht gemeldet. Es müsse klargestellt werden, dass nicht alle Russen heimliche Unterstützer des Kremlchefs Wladimir Putin seien, hieß es in einem Aufruf der Veranstalter bei Facebook. Auf ein solches Signal warte die tschechische Gesellschaft.

Zahlreiche Menschen mit Fahnen und Plakaten, die sich gegen Putins Angriffskrieg in der Ukraine richten, in der tschechischen Hauptstadt Prag.

Etwa 3000 Menschen beteiligten sich an der Demonstration gegen den Ukraine-Krieg unter dem Motto "Russen gegen Putin".

Nach Angaben der Ausländerpolizei lebten zum Jahresende 2021 mehr als 45.000 Russen in Tschechien. Sie zählten damit zu den größten ausländischen Minderheiten - gleich nach Ukrainern, Slowaken und Vietnamesen. Es gibt zahlreiche russische Geschäfte, von denen manche nun demonstrativ eine ukrainische Fahne aushängen oder sich sogar in der Flüchtlingshilfe engagieren.

Das ukrainische Verteidigungsministerium hat im russischen Angriffskrieg vor vorschnellen und unkontrollierten Berichten über Waffenlieferungen oder militärische Aktionen gewarnt. Diese spiele nur der russischen Seite in die Hände und helfe ihr, "Aktionen genauer auszurichten", sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Freitagabend. Es sei bereits vorgekommen, dass "gut gemeinte oder aus Dankbarkeit veröffentlichte Berichte" über Waffenkäufe oder -lieferungen dazu geführt hätten, dass entweder Verträge gekündigt oder Lieferungen verhindert worden seien. "Und daher versuchen wir heute unter Kriegsbedingungen zu verhindern, dass Informationen über Hilfe, die wir erhalten, durchsickern", sagte Maljar.

Sie erinnerte zugleich an ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz, das die unbefugte Verbreitung von militärischen Informationen unter Strafe stellt. Über Details von Militäraktionen dürfe erst gesprochen werden, wenn sie der Generalstab veröffentlicht habe. Sonst drohten der ukrainischen Armee "unnötige Verluste". Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach Angaben der Agentur Union das Gesetz heute unterzeichnet.

Ein Holocaust-Mahnmal am Stadtrand der ostukrainischen Großstadt Charkiw ist nach örtlichen Medienberichten durch russischen Beschuss beschädigt worden. An dem Denkmal in Form eines siebenarmigen Leuchters fehlten zwei Arme, berichtete das Portal "KharkivToday". Es gab keine Angaben, wann das Mahnmal getroffen wurde.

Die Gedenkstätte Drobizkij Jar erinnert an 16.000 bis 20.000 Juden und sowjetische Gefangene, die dort 1941/42 von der nationalsozialistischen Besatzung ermordet wurden. Auch andere Ehrenmale in Charkiw seien bei den Kämpfen beschädigt worden, hieß es. In der zweitgrößten Stadt der Ukraine war vergangene Woche der 96-jährige Holocaust-Überlebende Boris Romantschenko bei einem Bombenangriff getötet worden. Am 1. März beschädigte russischer Raketenbeschuss auf den Fernsehturm der Hauptstadt Kiew bereits das Mahnmal für den Judenmord von Babyn Jar 1941.

US-Präsident Joe Biden hat den russischen Staatschef Wladimir Putin einen "Schlächter" genannt. Bei einem Treffen mit ukrainischen Flüchtlingen wurde Biden in Warschau gefragt, was er über den russischen Präsidenten angesichts des Leids in der Ukraine denke. "Er ist ein Schlächter", antwortete Biden. Das Treffen des US-Präsidenten mit den Flüchtlingen im Nationalstadion von Warschau wurde von mehreren Fernsehsendern live übertragen. Biden war gestern zu einem zweitägigen Besuch in Polen eingetroffen, nachdem er zuvor wegen des Ukraine-Kriegs an mehreren Gipfeltreffen der westlichen Verbündeten in Brüssel teilgenommen hatte. Zu Beginn seines Besuchs hatte er Putin erneut als "Kriegsverbrecher" bezeichnet.

59 Kirchen und Religionstätten in der Ukraine sind nach Kiewer Zählung bislang durch den russischen Angriffskrieg zerstört oder beschädigt worden. Betroffen sind nach aktuellen Angaben der Behörde für ethnische Angelegenheiten und Gewissensfreiheit vor allem orthodoxe Kirchen, aber auch Synagogen, Moscheen sowie protestantische und katholische Gotteshäuser. Diese liegen demnach in den Regionen Kiew, Donezk, Schytomyr, Saporischschja, Luhansk, Sumy, Charkiw und Tschernihiw. Zuletzt soll durch Beschuss etwa die Decke einer orthodoxen Kirche auf einem Klinikgelände in der ostukrainischen Großstadt Sjewjerodonezk teilweise eingestürzt sein. Zudem sei das Erzkloster Mariä-Entschlafung in Swjatohirsk teilweise zerstört worden, das zu den heiligsten Klöstern der russischen Orthodoxie gehört.

Der zerstörte Innenraum einer orthodoxen Kirche in der ukrainischen Ortschaft Jasnohorodka.

Der Innenraum dieser orthodoxen Kirche in Jasnohorodka ist durch einen Angriff zerstört worden.

Der Online-Datenbank zufolge wurden 42 Sakralbauten der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats beschädigt; und außerdem je fünf Gotteshäuser der eigenständigen orthodoxen Kirche der Ukraine und protestantischer Konfessionen, drei muslimische und drei jüdische Gebäude und ein römisch-katholisches Bischofshaus in Charkiw.

26.03.2022 • 15:22 Uhr

Weiter Gefechte um Mariupol

Um die Hafenstadt Mariupol wird nach ukrainischen wie russischen Angaben weiter heftig gekämpft. Die russische Armee beschieße aus der Luft und mit Artillerie zivile und militärische Objekte, teilte der ukrainische Generalstab mit. Am Boden versuchten russische Kräfte, in das Stadtzentrum vorzudringen. Auch der ukrainische Präsidentenberater Olexij Arestowytsch sprach von Straßenkämpfen in Mariupol.

Die strategisch wichtige Industrie- und Hafenstadt ist der einzige Abschnitt am Asowschen Meer, den Russland noch nicht kontrolliert. Durch die Kämpfe seit Anfang März ist die Stadt mit ihren einst mehr als 400 000 Einwohnern stark zerstört worden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verglich die russische Belagerung der Hafenstadt Mariupol mit den Zerstörungen der syrischen Stadt Aleppo durch Regierungstruppen und russisches Militär.

Von russischer Seite veröffentlichte das Oberhaupt der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, Videos über den angeblichen Einsatz seiner Kämpfer in Mariupol.

26.03.2022 • 14:33 Uhr

Biden lobt polnisches Engagement

US-Präsident Joe Biden hat bei seinem Besuch in Polen das Engagement des Landes bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine gelobt. Polen übernehme eine große Verantwortung in der aktuellen Krise, sagte Biden nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Andrzej Duda. Der Bündnisfall-Artikel der NATO sei für die USA "eine heilige Verpflichtung".

Vor seinem Treffen mit Duda hatte sich Biden mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba und Verteidigungsminister Olexij Resnikow unterhalten. Diese hatten sich in Warschau mit US-Außenminister Antony Blinken getroffen - Biden nahm etwa 40 Minuten an dem Treffen teil. Es ist der zweite Tag von Bidens Polen-Reise. Am Freitag war Biden ins südostpolnische Rzeszow gereist und hatte dort stationierte US-Truppen besucht.

Der finnische Präsident Sauli Niinistö hält nach einem NATO-Beitrittsgesuch seines Landes ernste russische Grenzverletzungen und Cyberattacken für möglich. Von einer Mitgliedschaft im MIlitärbündnis verspricht er sich einen "vorbeugenden Effekt", sagte Niinistö dem Sender YLE.

Der Beitrittsprozess werde allerdings mindestens einige Monate dauern und während dieser Zeit könne Russland diverse Störmanöver starten. So könne es an der 1340 Kilometer langen Grenze zu Russland zu Spannungen kommen, sagte Niinistö. Dazu gehöre die Gefahr umfassender Grenz- und Territorialverletzungen, und zwar nicht nur durch russische Flugzeuge, wie das in der Vergangenheit vorkommen sei. "Wir kennen noch nicht einmal alle Möglichkeiten der hybriden Beeinflussung, die jemand erfinden könnte", sagte Niinistö.

Vor dem russischen Angriff auf die Ukraine waren lediglich 25 Prozent der finnischen Bevölkerung für einen NATO-Beitritt. Mehrere Erhebungen nach Kriegsbeginn ergaben nun eine Mehrheit für einen Beitritt. Die russische Regierung hatte erklärt, sie werde einen NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens als feindseligen Schritt werten, der ernste militärische und politische Folgen zeitigen werde.

Sauli Niinistö

Niinistö im Gespräch mit Journalisten in Helsiniki.

Welche Bedeutung hat der heutige Besuch von US-Präsident Joe Biden in Polen? ARD-Korrespondent Olaf Bock spricht von einem Zeichen der "großen Solidarität". Dass sich Biden selbst ein Bild von der Lage machen will, werde als Geste der Anteilnahme wahrgenommen.

Polen hat bereits mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. "Das wird sicher auch eine finanzielle Herausforderung für Polen", sagte Bock.

Olaf Bock, ARD Warschau, zu Bidens Besuch in Polen: "Es ist bestimmt erstmal ein Zeichen der großen Solidarität die Joe Biden mit Polen zeigen will"

tagesschau24 12:00 Uhr

Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über die Kleinstadt Slawutytsch mit 25.000 Einwohnern übernommen. Dort wohnt das Personal der Atomruine von Tschernobyl. Wie die Militärverwaltung der Region Kiew im Messengerdienst Telegram mitteilte, drangen russische Soldaten in die Stadt ein, besetzten das städtische Krankenhaus und nahmen den Bürgermeister gefangen.

Aus Protest gegen die Besatzung seien Einwohner von Slawutytsch auf die Straßen gegangen und mit einer riesigen ukrainischen Flagge Richtung Krankenhaus gezogen. Das russische Militär habe Warnschüsse abgegeben und die Demonstranten mit Blendgranaten beworfen. Die Militärverwaltung veröffentlichte Bilder, auf denen sich Dutzende Menschen um eine ukrainische Flagge versammeln und "Ruhm der Ukraine" skandieren. "Nach den jüngsten Informationen wurde der Bürgermeister der Stadt, Juri Fomitschew, gefangen genommen", teilte die Militärverwaltung weiter mit.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat angesichts des russischen Angriffskriegs Waffenlieferungen an die Ukraine gerechtfertigt. "Wenn die Welt sich wandelt, muss die Politik sich wandeln", sagte Baerbock am Samstag auf dem Landesparteitag der Brandenburger Grünen in Cottbus. "Wir unterstützen die Ukrainerinnen und Ukrainer, dass sie sich selbst verteidigen können und dass sie für ihre Sicherheit und ihren Frieden kämpfen können."

Putins völkerrechtswidrige Aggression sei nicht nur ein Angriff auf die Souveränität der Ukraine und auf 40 Millionen Ukrainer, sondern auch ein Angriff auf die europäische Friedensordnung, mahnte Baerbock. Dennoch könne man nicht direkt in den Krieg eingreifen, weil dies Nachbarstaaten der Ukraine gefährden würde, die Mitglieder der NATO seien.

Gut einen Monat nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine erlaubt die Moskauer Börse kommende Woche erstmals wieder den Handel mit Aktien aller russischen Unternehmen. Zuletzt waren nur Papiere von 33 Unternehmen zugelassen. Für diesen Montag sei ein verkürzter Handelstag mit russischen Aktien angesetzt - und zwar von 8.50 bis 12.50 Uhr MESZ, teilte die russische Zentralbank mit. Leerverkäufe seien weiter verboten, hieß es.

Die Börse war nach dem Kriegsbeginn am 24. Februar über Wochen geschlossen gewesen und hatte den eingeschränkten Handel erst am vergangenen Donnerstag wieder aufgenommen.

Wie groß sind die Erfolgsaussichten für die angekündigte französische Mission in Mariupol? ARD-Reporter Oliver Mayer-Rüth ist skeptisch. Er spricht von "vagen Erfolgsaussichten". Hoffnung bereite aber, dass die Türkei und Griechenland bei der Evakuierung der eingeschlossenen Stadt helfen wollen. "Für die Menschen wäre die Evakuierung ein Segen", so Mayer-Rüth aus dem ukrainischen Uman. Man höre Berichte von Flüchtlingen über brutale Kriegsverbrechen.

Oliver Mayer-Rüth, ARD Istanbul zzt. Uman/Ukraine, zu den Erfolgsaussichten von Präsident Macrons geplanter Rettungsmission

tagesschau 11:55 Uhr

Die Ukraine bietet ihre Erdgasspeicher zur Einlagerung einer strategischen europäischen Energiereserve an. Sein Land habe die größten unterirdischen Speicheranlagen in Europa, schrieb der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko auf Facebook. "Trotz der umfassenden militärischen Aggression Russlands ist die Ukraine weiterhin ein starker und zuverlässiger Partner Europas in Sachen Energiesicherheit."

Er begrüße, dass die Europäische Union sich von russischen Gaslieferungen lösen und gemeinsam bei anderen Anbietern kaufen wolle, schrieb Haluschtschenko. Die Ukraine könne mit ihren Speichern zu diesem Solidaritäts- und Ausgleichsmechanismus beitragen.

Seit Beginn des russischen Angriffs vor rund einem Monat hat die Bundespolizei bisher 259.980 Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland erfasst. Das teilte das Bundesinnenministerium über Twitter mit. Die tatsächliche Zahl der Geflüchteten ist unbekannt, weil es keine flächendeckenden Grenzkontrollen gibt - sie dürfte deutlich höher liegen. Nicht erfasst wird außerdem, wie viele der Menschen von Deutschland aus weiterreisen in anderen Staaten.

Die Türkei hat den Bosporus teilweise gesperrt, berichtet ARD-Korrespondent Jannik Pentz. Große Frachtschiffe dürften momentan nicht passieren, nachdem Fischer am Morgen eine Seemine gefunden hatten.

Der Bosporus bildet den Zugang zum Schwarzen Meer. Russische Behörden hatten Anfang dieser Woche erklärt, dass sich ukrainische Seeminen, mit denen die Gewässer vor der Hafenstadt Odessa vermint worden seien, gelöst hätten und durch das Schwarze Meer trieben. Die Ukraine hatte dies zurückgewiesen.

Erstmals seit zwei Wochen sind Bilder des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu in der Öffentlichkeit verbreitet worden. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte ein Video, das zeigt, wie Schoigu eine Sitzung zum russischen Verteidigungsetat leitet. Die Aufnahme ist nicht datiert, der Verteidigungsminister macht russischen Nachrichtenagenturen zufolge darin aber eine Anspielung auf ein Treffen mit dem Finanzminister, das am Freitag stattgefunden habe. Schoigus längeres Verschwinden aus der Öffentlichkeit hatte zuletzt Spekulationen ausgelöst.

Zu Mutmaßungen, der Verteidigungsminister trete wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr in der Öffentlichkeit auf, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow: "Der Verteidigungsminister hat im Moment viel zu tun." Inmitten des Konflikts in der Ukraine sei "nicht die Zeit für Medienauftritte".

Kiews Bürgermeister Klitschko hat eine erneute Ausgangssperre für die Bevölkerung der ukrainischen Hauptstadt angekündigt. Die Ausgangssperre werde am Samstagabend um 20.00 Uhr Ortszeit beginnen und "bis mindestens 07.00 Uhr am Montag dauern", erklärte Klitschko im Messengerdienst Telegram. Über die erneute Ausgangssperre habe das "Militärkommando" entschieden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine vor mehr als einem Monat haben die Behörden in Kiew bereits mehrfach längere Ausgangssperren verhängt. Ohne spezielle Genehmigung ist es während der Geltungsdauer der Ausgangssperre verboten, sich in der Hauptstadt zu bewegen.

Russland lässt nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums mit seinen Angriffen auf große ukrainische Städte wie Charkiw, Tschernihiw und Mariupol nicht nach. Dabei verlassen sich die russischen Streitkräfte vor allem "auf den wahllosen Einsatz von Luft- und Artilleriebombardierungen, um zu versuchen, die Verteidigungskräfte zu demoralisieren", wie das Ministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen im Kurznachrichtendienst Twitter mitteilte. Es sei wahrscheinlich, dass Moskau auf diese Weise "seine eigenen bereits beträchtlichen Verluste auf Kosten weiterer ziviler Opfer begrenzen" wolle.

In Polen sind nach Angaben des Grenzschutzes seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine knapp 2,27 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland eingetroffen. Das teilte die Behörde bei Twitter mit. Allein am Freitag waren es demnach rund 30.500 Menschen. Dies sei ein Rückgang um 6,4 Prozent im Vergleich zum Vortag.

In die entgegengesetzte Richtung, aus Polen in die Ukraine, hätten seit Kriegsbeginn 322.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen Reisenden handelt es sich nach früheren Angaben des Grenzschutzes zum überwiegenden Teil um ukrainische Staatsbürger, die in ihr Heimatland zurückkehren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den ukrainischen Truppen anschließen und gegen die russischen Besetzer kämpfen. Andere gehen zurück, um sich um Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige zu kümmern. Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele der Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele bereits in andere EU-Staaten weitergereist sind.

Russische Truppen haben offenbar die Kontrolle über die Stadt Slawutytsch in der Nähe des früheren Kernkraftwerks Tschernobyl erlangt. Sie hätten das Krankenhaus eingenommen und den Bürgermeister entführt, hieß es einer Online-Mitteilung des Gouverneurs der Region Kiew, Olexandr Pawljuk. In Slawutytsch leben die Beschäftigten von Tschernobyl. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Am Freitag hieß es von ukrainischer Seite, ein erster Angriff sei zurückgeschlagen worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die russischen Streitkräfte haben nach eigenen Angaben bei einem Raketenangriff in der Ukraine erneut ein Arsenal mit Waffen und Militärtechnik zerstört. Vier Raketen vom Typ "Kaliber" seien von einem Kriegsschiff im Schwarzen Meer abgefeuert und in dem Depot in der Nähe der Großstadt Schytomyr eingeschlagen. Die wichtige Industriestadt liegt rund ein 120 Kilometer westlich von Kiew.

Insgesamt seien innerhalb von 24 Stunden 117 militärische Objekte zerstört worden, darunter sechs Kommandostellen und drei Kampfflugzeuge, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag mit. Von unabhängiger Seite überprüfbar waren diese Angaben nicht.

Veröffentlicht wurde erneut auch ein Video, auf dem der Abschuss von Raketen zu sehen war. Beobachter kommentierten zuletzt, dass das russische Militär seine Angriffe in der Ukraine auch für eine beispiellose Waffenschau nutze, um seine Raketen vorzuführen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die britische Regierung hat weitere 65 Personen und Unternehmen in Russland im Zusammenhang mit der russischen Invasion in die Ukraine mit Sanktionen belegt. Darunter sei auch das russische Rüstungsunternehmen Kronstadt als Produzent der bewaffneten "Orion"-Drohne und anderer unbemannter Luftfahrzeuge, heißt es in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums. "Diese Systeme wurden bei Russlands Invasion in die Ukraine weit verbreitet eingesetzt", hieß es unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.

Da eine solide ukrainische Luftabwehr bemannte Flüge jenseits der Frontlinie wohl eingeschränkt habe, sei Russland gezwungen worden, mehr unbemannte Luftfahrzeuge einzusetzen. Die Sanktionen sollen demnach der russischen Rüstungsindustrie schaden und es Moskau erschweren, Verluste an unbemannten Kampfdrohnen zu ersetzen.

26.03.2022 • 10:00 Uhr

Überblick zur Lage in der Ukraine

ARD-Korrespondent Oliver Mayer-Rüth mit einem Überblick zur Lage am fünften Wochenende des Kriegs gegen die Ukraine.

Oliver Mayer-Rüth, ARD Istanbul zzt. Uman/Ukraine, zu den Auswirkungen der Angriffe u.a. auf das Hauptquartier der ukrainischen Luftwaffe

tagesschau24 09:00 Uhr

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die energieproduzierenden Staaten aufgefordert, als Reaktion auf die russische Invasion in seinem Land ihre Fördermengen zu erhöhen. Dann könne Russland seine Öl- und Gasvorkommen nicht "als Waffe einsetzen, um die Welt zu erpressen", sagte Selenskyj in einer Videoansprache auf der Konferenz Doha Forum. Länder wie Konferenzgastgeber Katar könnten einen Beitrag leisten, um die Energieversorgung in Europa zu stabilisieren. "Die Zukunft Europas hängt von ihren Anstrengungen ab." Der seit mehr als vier Wochen andauernde Krieg in der Ukraine und die westlichen Sanktionen gegen Russland haben in Europa Sorgen vor Energieengpässen geschürt.

Nach Kreml-Angaben wollen Zehntausende Freiwillige aus dem Nahen Osten Russland im Krieg gegen die Ukraine verstärken, doch belastbare Informationen sind rar. ARD-Korrespondent Martin Durm mit Informationen, was bisher über den Einsatz syrischer Kämpfer bekannt ist.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat das Vorgehen Deutschlands verteidigt, im Gegensatz zu vielen anderen NATO-Ländern, erst nach Kriegsbeginn Waffen an die Ukraine zu liefern. "Grundsätzlich finde ich es bis heute richtig, dass wir auf dem Verhandlungsweg versucht haben, diesen Krieg abzuwenden", sagte Lambrecht dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Man mag das rückblickend naiv nennen. Mit Putins Überfall auf die Ukraine war klar: Wir müssen unsere Politik ändern. Seitdem werden Waffen geliefert."

Die Ministerin wies auch den Vorwurf zurück, die deutschen Lieferungen seien zu schleppend. "Wir überprüfen kontinuierlich, was geht. Aber ich bin auch dafür verantwortlich, dass die Bundeswehr dadurch nicht geschwächt wird und ihre Einsatzbereitschaft gewährleistet bleibt." Waffen und Ausrüstung würden nicht nur aus den Beständen der Bundeswehr geliefert, sondern auch durch Ankauf. Deutschland habe zuletzt große Mengen Treibstoff für das ukrainische Militär in Polen gekauft.

Darüber hinaus werde nicht genau veröffentlicht, wann was geliefert werde, betonte Lambrecht. "Die Entscheidungen darüber werden im Bundessicherheitsrat getroffen und diese Entscheidungen sind geheim." Jede Lieferung könne von russischer Seite ausgespäht und zur Zielscheibe werden.

26.03.2022 • 07:55 Uhr

Bislang 136 Kinder getötet

In der Ukraine sind seit Beginn der russischen Invasion vor mehr als einem Monat nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft bislang 136 Kinder getötet worden. 199 Kinder seien verletzt worden, teilt die Behörde auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat ein weiteres Gesetz gegen die Verbreitung angeblicher Falschnachrichten in Kraft gesetzt. Geld- oder Haftstrafen drohen demnach nun nicht nur wegen "Fake News" über die russischen Streitkräfte, sondern auch über die Arbeit russischer Staatsorgane im Ausland, wie Medien in Moskau berichteten. Das betrifft etwa die Arbeit von Behörden, Botschaften oder Handelsvertretungen, über deren Arbeit im Ausland aus Sicht des Kreml falsche Informationen verbreitet werden könnten. Der Kreml veröffentlichte das von Putin unterzeichnete Gesetz am späten Freitagabend.

Demnach drohen für die "öffentliche Verbreitung bewusster falscher Informationen unter dem Deckmantel wahrheitsgetreuer Mitteilungen" Strafen zwischen 700.000 Rubel (6300 Euro) und 1,5 Millionen Rubel (13.500 Euro) oder Freiheitsentzug bis zu drei Jahren.

Das Gesetz diene jenen, die "die Interessen Russlands außerhalb seiner Grenzen schützen", hatte der Parlamentsabgeordnete Alexander Chinstein zuvor gesagt. Deutlich härter fallen die Strafen aus für Amtsträger, die solche Handlungen begingen - mit Geldstrafen zwischen drei und fünf Millionen Rubel oder mit Straflager zwischen fünf und zehn Jahren.

Die Ukraine hat den Tod eines weiteren russischen Generals bei Kämpfen gemeldet. Ukrainische Truppen hätten bei einem Bombenangriff auf den Flughafen von Tschornobajiwka in der Region Cherson den Kommandanten der 49. Armee des südlichen Distrikts, General Jakow Rjasanzew, getötet, erklärte Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch. Rjasanzew ist bereits der sechste russische General, dessen Tod die Ukraine seit Kriegsbeginn vor einem Monat meldet.

Überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Russland hat bislang nur den Tod von General Andrej Suchowezki sowie des stellvertretenden Chefs der Nordmeerflotte, Kapitän Andrej Palij bestätigt. Westliche Sicherheitskreise sprachen am Freitag allerdings von sieben getöteten Generälen, darunter ein tschetschenischer Kommandeur der Spezialkräfte sowie ein Kommandeur, der von seiner eigenen Truppe getötet worden sein soll.

Zudem sei ein ranghoher General Anfang der Woche vom Kreml wegen der schweren Verluste und strategischen Fehler während des seit einem Monat andauernden Angriffskriegs entlassen worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyi hat Russland vorgeworfen, Hilfe für Zivilisten in der eingeschlossenen Hafenstadt Mariupol zu blockieren. Die Lage in der Stadt sei weiterhin "absolut tragisch", erklärte Selenskyi in einer Videobotschaft in der Nacht zum Sonntag. Bislang sei es gelungen, etwas mehr als 26.000 Zivilisten aus der heftig umkämpften Stadt zu bringen.

Der ukrainische Präsident fordert erneut ernsthafte Gespräche mit Russland: Der Widerstand der ukrainischen Truppen bringe die russische Führung dazu zu reden. Selenskyj betonte, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine müsse gewahrt bleiben. Alles andere werde das ukrainische Volk nicht akzeptieren.

Großbritannien finanziert Lebensmittel für zwei Millionen Pfund für die Bewohner eingeschlossener ukrainischer Städte. "Der Bedarf vor Ort in der Ukraine ist groß. Viele Menschen verharren in den eingekesselten Gebieten in Kellern ohne Zugang zu Lebensmitteln oder Wasser", sagt Alice Hooper, die Beraterin für humanitäre Hilfe des britischen Außenministeriums, in einer Erklärung. 25 Lkw-Ladungen mit getrockneten Lebensmitteln, Konserven und Wasser sollen von Lagerhäusern in Polen und der Slowakei zu den am stärksten gefährdeten ukrainischen Städten transportiert werden.

Der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal hat alle Bürgermeister weltweit um humanitäre Hilfe für die Bevölkerung seines Landes gebeten. Gleichzeitig appellierte er an die internationale Partnerstädte ukrainischer Orte, den späteren Wiederaufbau seines Landes zu unterstützen. "Ich wende mich (mit dieser Bitte) nicht nur an die befreundeten Regierungen, sondern auch an die Bürgermeister europäischer und anderer Städte in der Welt", sagte er. "Wir appellieren an Sie: Erneuern Sie die Tradition der Partnerstädte", sagte Schmyhal. "Unterstützen Sie die ukrainischen Städte mit humanitärer Hilfe und Mitteln zum Wiederaufbau."

Die deutsche Energiewirtschaft ist zuversichtlich, bald auf Steinkohle aus Russland verzichten zu können. "Eine vollständige Umstellung der Lieferketten für die Steinkohle-Versorgung der Kraftwerke in Deutschland ist nicht einfach, aber innerhalb der nächsten Monate möglich", sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Die Betreiber von Steinkohlekraftwerken seien hierzu im Gespräch mit anderen Lieferländern. Potenzielle Lieferanten seien etwa die USA, Kolumbien, Südafrika, Indonesien, Kanada und Australien. Unterschiede gebe es aber bei der Qualität. Nicht jede Steinkohle könne in jedem Kessel gleich effizient verfeuert werden.

Die russische Führung hat nach Einschätzung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zig Milliarden Dollar für Propaganda ausgegeben. "Sie wissen alle sehr genau, welch ein gewaltiges staatliches Propagandasystem Russland aufgebaut hat", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. "Vermutlich hat noch niemand auf der Welt solche Unsummen für Lügen ausgegeben." Allerdings habe Moskau dabei nicht berücksichtigt, dass damit ein Ergebnis nicht garantiert sei. "Wo der Weg der Lüge mit Geld gepflastert werden muss, dort ist das Ergebnis nicht gesichert", sagte Selenskyj.

Russland hat etwa wochenlang bis zu Beginn der Offensive in die Ukraine jegliche Angriffsabsichten kategorisch dementiert. Vor der eigenen Öffentlichkeit wird der Krieg lediglich als "Spezialoperation" deklariert.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 26. März 2022 ab 09:00 Uhr.