US-Außenminister Blinken in Tel Aviv.
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Krieg in Nahost ++ Blinken in Tel Aviv eingetroffen ++

Stand: 18.08.2024 22:02 Uhr

US-Außenminister Blinken will in Tel Aviv die Gespräche über eine Waffenruhe voranbringen. In Berlin sind bei einer pro-palästinensischen Demonstration mindestens zehn Polizisten verletzt worden. Die Entwicklungen im Liveblog.

Die radikal-islamische Hamas äußert starke Vorbehalte gegen einen von den USA vorgelegten neuen Vorschlag für einen Stopp der Kämpfe im Gazastreifen und die Freilassung israelischer Geiseln. Die amerikanischen Vorschläge entsprächen zu sehr den Forderungen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, teilte die Gruppierung am Abend mit. Die Hamas erklärte, das Konzept stehe im Einklang mit der Weigerung Netanyahus, den Krieg dauerhaft zu beenden und die Armee aus dem ganzen Gazastreifen abzuziehen.

Am Freitag hatten Vermittler aus Katar, Ägypten und den Vereinigten Staaten einen erneuten Kompromiss ausgearbeitet. Dabei geht es im Kern um die Freilassung israelischer Geiseln und im Gegenzug die Übergabe palästinensischer Häftlinge sowie ein Ende der Kämpfe. Umstritten sind die einzelnen Schritte hin zu diesen Zielen. Zudem pocht Netanyahu auf die vollständige Vernichtung der Hamas als Voraussetzung für einen dauerhaften Waffenstillstand.

Im Westjordanland ist ein Israeli nach Angaben einer Klinik bei einem Angriff auf eine Siedlung getötet worden. Der Mann sei "trotz zahlreicher Anstrengungen" verstorben, erklärte das Beilinson-Krankenhaus in Petach Tikwah nahe Tel Aviv. Nach Angaben des Militärs war der in der Siedlung Kedumim lebende Mann von einem Palästinenser angegriffen worden, der ihm seine Waffe entwendet habe. Die Siedlung Kedumim liegt unweit des palästinensischen Dorfs Dschit, das extremistische jüdische Siedler am Donnerstag angegriffen und dabei einen Menschen getötet hatten. Der Angriff hatte international, aber auch in Israel selbst Empörung ausgelöst.

US-Außenminister Antony Blinken ist in Tel Aviv gelandet. Ziel seines Besuchs ist es, den diplomatischen Druck zu verstärken, um nächste Woche ein Waffenstillstandsabkommen im Gazastreifen zu erreichen.

Morgen wird sich der US-Diplomat mit hochrangigen israelischen Politikern, darunter Premierminister Benjamin Netanyahu, treffen, wie ein hochrangiger Beamter des Außenministeriums mitteilte. Am Dienstag geht es für Blinken weiter nach Ägypten, wo die nächste Verhandlungsrunde zu einem Waffenruheabkommen stattfinden soll.

Israel führt eine "robuste Untersuchung" gegen Verdächtige durch, die beschuldigt werden, einen palästinensischen Gefangenen sexuell missbraucht zu haben. Das Außenministerium erklärte, dass es sich zur Einhaltung internationaler Rechtsstandards bei der Behandlung von Gefangenen verpflichtet habe. Israelischen Medienberichten zufolge wurden die Soldaten beschuldigt, ein Mitglied einer Hamas-Eliteeinheit in der Haftanstalt Sde Teiman in der Negev-Wüste im Süden Israels sexuell missbraucht zu haben.

Die UN-Sonderberichterstatterin über Folter verurteilte die angebliche Tat als "besonders grausamen" Fall und sagte, die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Am Dienstag teilte das israelische Militär mit, die Staatsanwaltschaft habe beantragt, dass die beschuldigten Soldaten unter Hausarrest gestellt und ihre Haft bis nächsten Donnerstag verlängert würde.

"Israel bleibt seinem Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und zur humanen Behandlung aller Gefangenen treu, und die israelischen Behörden gehen allen Vorwürfen von Gewalt jeglicher Art methodisch nach", erklärte das Außenministerium. Die Vereinten Nationen haben nach eigenen Angaben mehrere Berichte über angebliche Folterungen von Palästinensern erhalten, die seit dem 7. Oktober 2023 inhaftiert sind.

In Berlin sind bei einer pro-palästinensischen Demonstration mindestens zehn Polizisten verletzt worden. Einsatzkräfte und Gegendemonstranten seien am Samstagabend von Teilnehmenden des Protestzugs mit Steinen, Flaschen und Eiern beworfen worden, teilte die Berliner Polizei mit. Eine Frau wurde laut Polizei am Kopf getroffen und verletzt. Eine Demonstrantin wurde aus dem eigenen Protestzug heraus von einem Stein im Nacken getroffen und verletzt. Die betroffenen Beamten hätten trotz der Verletzungen im Dienst bleiben können.

Nach Angaben der Polizei hatten sich am Samstagabend zunächst etwa 250 Menschen auf dem Moritzplatz in Berlin-Kreuzberg versammelt. Mit rund 500 Demonstranten setzte sich dann ein Protestzug in Bewegung und wuchs auf etwa 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Laut Polizei wurden lautstark propalästinensische sowie volksverhetzende Parolen skandiert und ein Presse-Team bedrängt. Die Polizei nahm 24 Menschen in Gewahrsam und leitete 31 Strafermittlungsverfahren ein.

Bei den Ermittlungen geht es den Angaben zufolge um Delikte wie gefährliche Körperverletzungen, tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte, besonders schweren Landfriedensbruch, Beleidigungen, Volksverhetzungen und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Zeitweise seien bis zu 400 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz gewesen. Die Einsatzleitung habe den Organisatoren dann mitgeteilt, dass sie eine "Auflösung der Versammlung aufgrund der begangenen Straftaten" in Erwägung ziehe, woraufhin sich die Kundgebung selbst aufgelöst habe.

Israel befinde sich in komplexen Verhandlungen über die Freilassung seiner im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln, müsse aber auch Grundsätze einhalten, die für seine Sicherheit von entscheidender Bedeutung seien. Das sagte Premierminister Benjamin Netanyahu heute zu Beginn einer Kabinettssitzung.

"Es gibt Dinge, bei denen wir flexibel sein können, und es gibt Dinge, bei denen wir nicht flexibel sein können", so Netanyahu. "Wir wissen sehr wohl, wie wir zwischen diesen beiden unterscheiden können."

Bei einer Explosion im Libanon sind drei UN-Blauhelme leicht verletzt worden. Nahe der südlibanesischen Ortschaft Jarin sei ein Sprengsatz explodiert, als die Soldaten dort in ihrem eindeutig markierten UN-Fahrzeug unterwegs waren, teilte die UN-Mission Unifil auf der Plattform X mit. Alle drei seien aber letztlich wohlbehalten an ihren Stützpunkt zurückgekehrt. Unifil kündigte eine Untersuchung an und rief alle Konfliktparteien auf, jegliche Angriffe auf UN-Soldaten und Zivilisten zu unterlassen.

Aus Kreisen von Unifil verlautete, die Explosion sei wahrscheinlich durch einen Luftangriff in der Nähe verursacht worden. Zuvor hatte die staatliche libanesische Nachrichtenagentur berichtet, dass "feindliche israelische Kampfflugzeuge" das rund einen Kilometer von Jarin entfernte Dorf Dhayra angegriffen hätten. Rund 10.000 Soldaten sind mit der UN-Friedenstruppe im Libanon im Einsatz. Das Mandat läuft Ende August aus, soll aber vom UN-Sicherheitsrat verlängert werden.

Der Zentralrat der Juden übt scharfe Kritik an den Äußerungen von Sahra Wagenknecht und ihrem Bündnis BSW zu Israel und dem Krieg in Gaza. "Das BSW befeuert mit seiner eher populistischen Positionierung den Israelhass in Deutschland", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Zeitung Welt. Wagenknecht vertrete eine "nicht untypische Denkweise in der politischen Linken", in der ein vereinfachtes Bild von "David gegen Goliath" im Nahost-Konflikt vorherrsche.

"Die Realitäten in diesem Krieg werden aber nicht anerkannt: Israel kämpft gegen die Terrororganisation Hamas - und nicht gegen die palästinensische Bevölkerung", sagte Schuster. Diese Sicht zeige sich in Protesten gegen Israel und in der Kunstszene, wo "eine ganz erhebliche Abneigung und Antipathie gegen Israel" herrsche. "Das geht so weit, dass israelische Künstler ausgeladen oder gar nicht erst eingeladen werden." Diese Entwicklung besorge ihn. Schuster betonte wie auch Wagenknecht zwar die Notwendigkeit von Frieden im Gazastreifen und Israel. "Frieden heißt aber nicht nur einfach 'kein Krieg'", so Schuster. Israels Bevölkerung müsse angstfrei leben können. "Ohne Angst vor Terror, Raketen und Krieg."

Bei israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen sind palästinensischen Angaben zufolge insgesamt 28 Menschen ums Leben gekommen. Darunter sollen auch eine Mutter und ihre sechs Kinder sein, wie die von der Hamas geführte Gesundheitsbehörde mitteilte. Das Al-Aksa-Märtyrerkrankenhaus bestätigte der Nachrichtenagentur AP zufolge den Tod der Frau und ihrer Kinder in der Stadt Deir al-Balah. Demnach habe auch ein AP-Reporter die Leichen in der Klinik gezählt.

Norwegen schließt seine Vertretung im Westjordanland, nachdem Israel für die palästinensischen Gebiete zuständigen norwegischen Diplomaten den Status entzogen hatte. Der israelische Außenminister Israel Katz schrieb nach der Entscheidung Oslos bei X: "Wir werden gegen jene vorgehen, die gegen uns vorgehen."

Der norwegische Außenminister Espen Barth Eide hatte Israels Entscheidung zuvor als "extrem und unvernünftig" kritisiert. Sie ziele auf "die Palästinenser und die palästinensische Autonomiebehörde ab sowie auf all jene, die internationales Recht, die Zweistaatenlösung und das legitime Recht der Palästinenser auf Selbstbestimmung verteidigen", sagte der Außenminister. Die norwegische Vertretung in Al-Ram im Westjordanland soll rund 30 Jahre nach ihrer Eröffnung bis auf weiteres geschlossen bleiben.

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben ihre Operationen in Chan Yunis südlich im Gazastreifen sowie in den Außenbezirken von Deir al-Balah im Zentrum "vertieft". Das berichtet die israelische Zeitung Times of Israel. Truppen hätten in den vergangenen Tagen mehrere Bewaffnete getötet und Waffen gefunden, hieß es.

In Chan Yunis hätten laut Militär Kampfjets mehrere Ziele in einem Gebiet angegriffen, von dem aus am Freitag Raketen auf die Grenzgemeinde Nirim abgefeuert wurden. Auch im südlichen Rafah hätte die Armee in den vergangenen Tagen mehrere Bewaffnete getötet, Waffen geortet und Angriffe auf Orte geleitet, die von Terrorgruppen genutzt wurden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Bei den schwierigen Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg ist Israels Forderung nach dauerhafter Kontrolle der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten einem Medienbericht zufolge eines der letzten Hindernisse für eine Einigung. Ein von den USA als Vermittler vorgelegter Vorschlag zur Überbrückung der noch offenen Fragen habe diese Forderung zunächst ausgeklammert, berichtete der israelische Sender Channel 12.

Ein hochrangiger israelischer Beamter sagte dem Sender Kan zufolge, die Meinungsverschiedenheiten dazu seien aber "lösbar". Das Thema dürfte auch bei einem Treffen des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanyahu mit US-Außenminister Antony Blinken eine Rolle spielen, wie die Times of Israel berichtete.

In Berlin sind bei einer pro-palästinensischen Demonstration mindestens zehn Polizisten verletzt worden. Wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP sagte, wurden die Einsatzkräfte bei dem Protest am Freitagabend im Bezirk Kreuzberg leicht verletzt und konnten demnach im Dienst verbleiben. Mehr als 20 Menschen seien vor Ort zur Identitätsfeststellung festgenommen worden.

Zuvor hatte die Polizei im Onlinedienst X mitgeteilt, dass sowohl die Einsatzkräfte als auch Gegendemonstranten von Teilnehmern des pro-palästinensischen Protestzugs mit Steinen, Flaschen und Eiern beworfen worden seien. Darüber hinaus hätten die Teilnehmer "anti-israelische und polizeifeindliche Parolen" skandiert. Es seien mehrere Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden.

US-Außenminister Antony Blinken wird in Israel zu neuen Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen erwartet. Blinken, der für seine neunte Nahost-Reise seit Beginn des Gaza-Kriegs private Urlaubspläne verschoben hat, reist für Beratungen mit israelischen Regierungsvertretern zunächst nach Tel Aviv. Weitere Stationen wurden nicht bekanntgegeben.

Bei den zweitägigen Gesprächen in Doha, die am Freitag zu Ende gegangen waren, hatten die USA Israel und der radikalislamischen Hamas einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt.

Israels Verhandler haben sich nach den Gesprächen in Doha vorsichtig optimistisch geäußert. Die Armee hat im Libanon den Anführer einer Eliteeinheit der proiranischen Hisbollah-Miliz getötet. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 18. August 2024 um 10:00 Uhr.