Palästinenser beobachten einen israelischen Angriff in der Stadt Chan Junis im Gazastreifen.

Gazastreifen Zahlreiche Tote bei israelischen Angriffen

Stand: 18.08.2024 18:39 Uhr

Israel intensiviert offenbar seine Militäraktionen im Gazastreifen. Nach palästinensischen Angaben kamen seit Samstagabend mindestens 28 Menschen ums Leben. Auch im Libanon fliegt die israelische Armee weitere Angriffe.

Bei israelischen Luftangriffen auf den Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben seit Samstagabend zahlreiche Menschen getötet worden. Die Nachrichtenagentur AP berichtet von mindestens 28 Toten. Unter anderem seien in einem Haus in Deir al-Balah eine Frau und ihre sechs Kinder ums Leben gekommen, teilte demnach das Al-Alksa-Märtyrer-Krankenhaus mit.

Ein AP-Reporter sei vor Ort gewesen und habe die Leichen sehen können. Der Großvater der Kinder, Mohammed Awad Chatab, sagte der AP, die Kinder seien zwischen 18 Monaten und 15 Jahren alt gewesen. Der Ehemann seiner getöteten Tochter, einer Lehrerin, sei verletzt worden, sagte Chatab.

Bei einem weiteren Angriff auf Dschabalia im Norden des Gazastreifen seien zwei Männer, eine Frau und deren Tochter ums Leben gekommen, teilte das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium mit. Das Awda-Krankenhaus meldete zwei Angriffe mit insgesamt neun Toten im zentralen Gazastreifen. Am späten Samstagabend seien zudem nahe Chan Junis im Süden des Gazastreifens vier Menschen aus der gleichen Familie getötet worden, teilte das Nasser-Krankenhaus mit.

Israelische Armee reagiert auf Raketenangriffe

Wie die "Times of Israel" berichtet, intensiviert die israelische Armee (IDF) derzeit ihre Operation in Chan Junis und rund um Deir al-Balah. Bei dem Einsatz in Chan Yunis seien Raketenwerfer zerstört worden, mit denen Israel beschossen worden sei, hieß es unter Berufung auf die IDF. Mehrere palästinensische Kämpfer wurden demnach getötet.

Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP gab es außerdem Samstagnacht einen israelischen Luftangriff auf Gaza-Stadt. Wie ein Sprecher der von der islamistischen Hamas kontrollierten Zivilschutzbehörde erklärte, seien ein Wohnhaus und ein Warenlager im Viertel Al-Sawaida kurz nach Mitternacht getroffen worden. 15 Mitglieder einer Familie seien dabei getötet worden. Ein Augenzeuge sprach laut AFP von drei in die Gebäude eingeschlagenen Raketen.

Die israelische Armee teilte auf AFP-Anfrage mit, sie habe "eine terroristische Infrastruktur im zentralen Gazastreifen getroffen", von der aus in den vergangenen Wochen "eine große Anzahl von Raketen in Richtung des Staates Israel und der in dem Gebiet operierenden israelischen Truppen abgefeuert" worden seien. Berichte, wonach in einer "angrenzenden Struktur" Zivilisten getötet worden seien, würden geprüft.

Israel greift nach eigener Darstellung nur Extremisten an und wirft der Hamas vor, für die vielen zivilen Todesopfer verantwortlich zu sein, weil die Mitglieder der Gruppe sich in Wohngebieten verschanzten und dort Waffen versteckten.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Erneut israelische Einsätze im Libanon

Im Libanon flog die israelische Luftwaffe erneut Einsätze auf Hisbollah-Stellungen, wie die "Times of Israel" berichteten. Im Süden des Landes wurde nach IDF-Angaben eine Drohne gegen eine Zelle der Terrormiliz eingesetzt und Kampfjets sollen demnach mehrere Waffendepots angegriffen haben.

Auf den Norden Israels waren zuvor mehrere Raketen aus dem Libanon abgefeuert worden, wie die israelische Armee mitteilte. Laut einem Reporter der "Times of Israel" war unter anderem die Stadt Kirjat Schmona Ziel des Angriffs. Berichte über Verletzte gebe es nicht.

Drei UN-Blauhelme verletzt

Bei einer Explosion im Libanon wurden unterdessen drei UN-Blauhelmsoldaten leicht verletzt. Nahe der südlibanesischen Ortschaft Jarin explodierte ein Sprengsatz, als die Soldaten dort in ihrem eindeutig markierten UN-Fahrzeug unterwegs waren, wie die UN-Mission UNIFIL auf der Plattform X mitteilte. Alle drei seien aber letztlich wohlbehalten an ihren Stützpunkt zurückgekehrt. UNIFIL kündigte eine Untersuchung an und rief alle Konfliktparteien auf, jegliche Angriffe auf UN-Soldaten und Zivilisten zu unterlassen.

Blinken auf Nahost-Besuch

US-Außenminister Antony Blinken ist inzwischen in Israel zu neuen Gesprächen über eine Waffenruhe im Gazastreifen eingetroffen. Es ist die zehnte Reise Blinkens in die Region seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hamas vor zehn Monaten. Mit ihr verbinden sich hohe Erwartungen: Erst vor wenigen Tagen hatten die USA und die Vermittler Katar und Ägypten neue Vorschläge für ein Ende des Krieges unterbreitet. US-Diplomaten halten eine Einigung für möglich. "Wir glauben, dass die Vereinbarung nun geschlossen und umgesetzt werden kann", gab sich ein ranghoher US-Vertreter vor Journalisten optimistisch.

Laut Premierminister Benjamin Netanyahu steht Israel in "komplexen Verhandlungen" zur Freilassung der von der palästinensischen Hamas verschleppten Geiseln. Dabei gebe es Punkte, bei denen sich Israel flexibel zeigen könne, sagte er laut seinem Büro zum Auftakt einer Kabinettssitzung am Sonntag. Doch gehe dies nicht bei Fragen, die essenziell für die Sicherheit des Landes seien: "Wir wissen sehr gut, wie wir zwischen beiden zu unterscheiden haben." Zur Freilassung der Verschleppten müsse man sowohl starken militärischen als auch diplomatischen Druck ausüben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 18. August 2024 um 17:45 Uhr.