Israel Demonstrierende fordern Kompromiss in Doha
Erneut sind in Israel Demonstrierende auf die Straße gegangen - für eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freiheit für die dorthin verschleppten Geiseln. Ihre Hoffnung ruht auf den Verhandlungen in Katar.
Auf dem Rothschild-Boulevard im Herzen von Tel Aviv haben sie sich versammelt. Hier wollen sie loslaufen, durch die Innenstadt hinüber zum israelischen Verteidigungsministerium. Laut werden sie sein. Wieder. Wie schon so oft in den vergangenen mehr als zehn Monaten.
Yair Moses wird gleich sehr weit vorne mitgehen. Sein Vater Gadi wurde in den Gazastreifen verschleppt. Nun hofft Yair auf die Verhandlungen in Doha: "Diese Gespräche könnten für meinen Vater und viele andere die letzte Chance sein, lebend heimzukehren. Wir erwarten von Israels Unterhändlern, alles für ein Abkommen zu tun und die Geiseln freizubekommen. Die Zeit läuft davon."
Dafür, dass die Verhandlungen über eine Feuerpause und die Freilassung der Geiseln in den vergangenen Monaten immer wieder stockten, machen viele hier auch die eigene Regierung und konkret Ministerpräsident Benjamin Netanyahu mitverantwortlich.
Auch Yair Moses denkt, dass Netanyahus Verhandlungsstrategie ein Grund dafür ist, dass es noch kein Abkommen gibt. "Wir glauben, dass es schon hätte passieren können und wir wissen, dass er für Verzögerungen verantwortlich ist. Wir hoffen, dass es diesmal nicht so ist, es ein Abkommen gibt und sie nach Hause kommen", sagt er.
Blockiert vom eigenen Regierungschef?
Auch aus Kreisen der israelischen Unterhändler war der Vorwurf erhoben worden, der Regierungschef würde ihnen die Hände binden, in den Verhandlungen nicht genügend Spielraum geben. Die Geisel-Angehörigen hoffen, dass der hohe internationale Druck auf Netanyahu - vor allem durch Israels wichtigsten Verbündeten, die USA - nun zu mehr Handlungsspielraum für die israelische Delegation in Doha führt.
Shira Albags Tochter Liri war Soldatin an der Grenze zum Gazastreifen und ist noch in Geiselhaft. Ihre Mutter sagt: "Ich denke, dass sie nun ein Mandat haben, um ein Abkommen auszuhandeln." Und sie fährt fort: Ja, es gebe die Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten, dass er eine Vereinbarung verzögert habe. Aber nun hätten die Unterhändler in Doha ein Mandat und könnten etwas erreichen.
Doch die Hürden scheinen weiter hoch. Das von den Vermittlern vorgelegte Rahmenabkommen sieht zunächst eine sechswöchige Waffenruhe vor, in der eine erste Gruppe von Verschleppten - Frauen, ältere Menschen, kranke Geiseln - freikommen soll. Im weiteren Verlauf soll dann ein dauerhafter Waffenstillstand greifen.
Hamas pocht auf Garantien
Die militant-islamistische Hamas will Garantien, dass es dazu auch tatsächlich kommt, denn Israels erklärtes militärisches Ziel im Gazastreifen ist weiterhin die Ausschaltung der Terrororganisation. Die rechtsextremen Koalitionspartner von Israels Regierungschef Netanyahu sind gegen jede Art von Abkommen mit der Hamas, fordern eine Fortsetzung der Kämpfe.
Shira Albag, deren Tochter Liri zur Geisel wurde, als sie als Soldatin ihrem Land diente, hat eine klare Erwartungshaltung: "Solange sie nicht zu Hause ist, hat ihr Land ihr nicht gedient. Nur so können sie ihr dienen, indem sie sie heimbringen."
Noch wird im Gazastreifen weitergekämpft. Die Zahl der Todesopfer liegt nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mittlerweile bei mehr als 40.000.