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Krieg in Nahost ++ Israel fordert NATO-Ausschluss der Türkei ++

Stand: 29.07.2024 22:10 Uhr

Israels Außenminister hat gefordert, die Türkei aus der NATO auszuschließen. Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen meldet eine Zunahme an Polio-Fällen. Die Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

29.07.2024 • 22:09 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir schließen den Liveblog für heute und danken für Ihr Interesse!

Israel hat gefordert, die Türkei aus der NATO auszuschließen. Außenminister Katz habe die Diplomaten angewiesen, sich mit allen NATO-Mitgliedsstaaten in Verbindung zu setzen, erklärte die Regierung. Sie sollten darauf drängen, die Türkei zu verurteilen und aus dem Militärbündnis auszuschließen. Hintergrund seien die Drohungen des türkischen Präsidenten Erdogan, nach Israel einzudringen und eine, wie es hieß, "gefährliche Rhetorik". Der Schritt dürfte die Spannungen zwischen beiden Ländern nochmals erhöhen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Israel gestern mit militärischer Einmischung gedroht. "So wie wir in Berg-Karabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun", sagte er mit Blick auf Israel und zog einen Vergleich mit anderen Konflikten, in denen die Türkei Partei ergriffen hatte. Seit Beginn des Gaza-Kriegs haben sich die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei drastisch verschlechtert. Erdogan nannte die Terrororganisation Hamas eine "Befreiungsorganisation" und verglich Israels Premier Netanjahu mit Adolf Hitler.

Israels Premierminister Netanyahu hat der Terrorgruppe Hamas vorgeworfen, eine Waffenruhe und ein Geisel-Abkommen zu verhindern. Israel habe seine Bedingungen nicht verändert, sagte Netanyahu und widersprach damit der Darstellung der Hamas. Die Regierung halte an den Prinzipien des Originalvorschlags fest.

Diese umfassen die Freilassung der maximal möglichen Zahl lebender Geiseln sowie die israelische Kontrolle über den Korridor an der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten. Außerdem dürften weder Waffen noch militante Palästinenser zurück in den nördlichen Gazastreifen gelangen.

Israel hat nach US-Einschätzung das Recht, auf den Raketenangriff auf die Golanhöhen zu reagieren, bei dem am Samstag zwölf Kinder und Jugendliche getötet wurden. Die USA gingen nicht davon aus, dass dies zu einer Eskalation führen müsse, sagte der Sprecher für Nationale Sicherheit der US-Regierung, John Kirby. Israel macht die vom Iran unterstützte radikal-islamische Hisbollah-Miliz aus dem Libanon für den Angriff verantwortlich. Die Hisbollah bestreitet dies.

Der Iran hat Israel vor einem Angriff auf den Libanon gewarnt. Dies werde schwerwiegende Folgen haben, erklärte Präsident Massud Peseschkian in einem Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron laut iranischen Staatsmedien. Israel macht die vom Iran unterstützte radikal-islamische Hisbollah-Miliz im Libanon für einen Raketenangriff verantwortlich und hat Vergeltung angekündigt.

Sophie von der Tann, ARD Tel Aviv, zur Lage in der israelisch-libanesischen Grenzregion nach Raketenangriff auf den Golanhöhen

tagesschau24, 29.07.2024 17:00 Uhr

Laut der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen ist es zu einer Polio-Epidemie im Küstenstreifen gekommen. Die israelische Militäroffensive sei dafür verantwortlich, teilte die von der radikal-islamischen Hamas kontrollierte palästinensische Behörde mit.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte zuvor vor Kinderlähmung im Gazastreifen gewarnt. Grund seien mangelhafte Hygiene und Krankenversorgung infolge der kriegsbedingten Zerstörungen. Das Poliovirus ist hochansteckend. Es befällt das Nervensystem und führt zu Lähmungen. Gefährdet sind vor allem Kinder unter fünf Jahren.

Wegen Vorwürfen der schweren Misshandlung eines Gefangenen hat das israelische Militär nach eigenen Angaben neun seiner Soldaten für Vernehmungen in Gewahrsam genommen. Zudem seien interne Ermittlungen aufgenommen worden, teilten die Streitkräfte mit, ohne Details zu nennen.

Israelischen Medienberichten zufolge kam es in dem Gefangenenlager Sde Teiman nahe der Wüstenstadt Beerscheva zu Protesten dort stationierter Soldaten und Handgemengen, als Militärpolizisten dort eintrafen, um die beschuldigten Soldaten in Gewahrsam zu nehmen.

29.07.2024 • 16:10 Uhr

Hamas wirft Netanyahu Zeitspiel vor

Die radikal-islamische Terrororganisation Hamas wirft Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu vor, bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe und über die Freilassung israelischer Geiseln neue Bedingungen gestellt zu haben. Netanyahu habe den von den USA vorgelegten Friedensplan um neue Forderungen ergänzt. Das zeige, dass er auf Zeit spiele, um eine Einigung zu vermeiden, heißt es in der Stellungnahme der Palästinenserorganisation.

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat eine harte Reaktion auf den Raketenangriff auf die Golanhöhen angekündigt, bei dem am Samstag zwölf Kinder und Jugendliche getötet worden waren. "Der Staat Israel wird dies nicht hinnehmen und kann es auch nicht. Unsere Antwort wird kommen, und sie wird hart sein", sagte Netanyahu laut einer Mitteilung seines Büros im Anschluss an einen Besuch in Madschdal Schams, dem Ort des Angriffs. Israel macht die vom Iran unterstützte radikal-islamische Hisbollah-Miliz aus dem Libanon für den Angriff verantwortlich. Die Hisbollah bestreitet die Verantwortung für den Angriff auf den Ort in den von Israel besetzten syrischen Golanhöhen.

Bei einer Razzia der israelischen Militärpolizei in einer Militärbasis ist es nach israelischen Medienberichten zu Konfrontationen mit dort stationierten Soldaten gekommen. Die Polizisten seien in das Lager Sde Teiman in der Nähe der Wüstenstadt Beerscheva gekommen, um Soldaten wegen Misshandlungsvorwürfen festzunehmen, berichteten mehrere israelische Medien. Sie untersuchten Vorwürfe eines Falls schwerer Misshandlung eines palästinensischen Gefangenen.

Ein israelischer Armeesprecher sagte, man prüfe den Bericht über die Auseinandersetzung. In dem Gefangenenlager Sde Teiman werden auch Kämpfer einer Eliteeinheit der militant-islamistischen Hamas festgehalten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Israel zuletzt vorgehalten, palästinensische Gefangene aus dem Gazastreifen zu misshandeln und zu foltern.  

29.07.2024 • 14:23 Uhr

Bericht: Hisbollah verlegt Raketen

Angesichts eines erwarteten israelischen Vergeltungsangriffs hat die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon offenbar mit der Verlegung von präzisionsgelenkten Raketen begonnen. Ein Vertreter der Gruppe sagte der Nachrichtenagentur AP, die vom Iran unterstützte Miliz wolle weiterhin keinen umfassenden Krieg mit Israel führen. Sollte es jedoch zu einem Krieg kommen, werde sie ohne Einschränkungen kämpfen. Der Hisbollah-Vertreter sagte, die Gruppe habe seit Sonntag damit begonnen, einige ihrer "intelligenten präzisionsgelenkten Raketen" zu verlegen, um sie im Bedarfsfall einzusetzen.

Die Karte zeigt Israel, Libanon mit Tyros, Syrien und die Golanhöhen

Das Auswärtige Amt fordert Deutsche im Libanon zur Ausreise aus. Auf der Krisenliste des Ministeriums stünden rund 1.300 Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, so ein Sprecher. Es sollten alle Möglichkeiten zur Ausreise genutzt werden, so lange dafür noch Zeit sei. Es gebe noch Flüge Richtung Türkei und Europa, auch wenn die Lufthansa ihre Verbindungen eingestellt habe. Der Sprecher ergänzte, alle Indizien deuteten darauf hin, dass die militant-islamistische Hisbollah-Miliz im Libanon hinter dem Raketenangriff auf die Golanhöhen stehe.

Monatelange Ausreiseaufrufe wurden damit bekräftigt. "Wir haben seit Oktober 2023 eine Reisewarnung und eine Ausreiseaufforderung für Libanon", hieß es.

Die Bundesregierung hat den Raketenangriff auf einen Fußballplatz auf den israelisch besetzten Golanhöhen erneut verurteilt. Die Gedanken seien nun bei den Angehörigen der Toten, sagte die stellvertretende Sprecherin der Ampelregierung, Christiane Hoffmann, in Berlin. Die Angriffe der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz im Libanon seien inakzeptabel. "Sie müssen aufhören." Es müsse unbedingt ein Flächenbrand vermieden werden. Der Iran sei aufgerufen, seinen Einfluss zu nutzen, um für eine Deeskalation zu sorgen. Die Hisbollah beschießt immer wieder israelisches Gebiet, bestreitet aber israelische Vorwürfe, für den Angriff auf die Golan-Höhen verantwortlich zu sein.

Im Gazastreifen sind nach Angaben der dortigen Gesundheitsbehörde seit Beginn der israelischen Offensive Anfang Oktober mindestens 39.363 Menschen getötet worden. Mindestens 90.923 Palästinenserinnen und Palästinenser seien verletzt worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Nach dem tödlichen Raketenbeschuss aus dem Libanon auf ein Dorf auf den von Israel annektierten Golanhöhen setzen auch Air France und die Tochter Transavia France ihre Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut vorerst aus - vorerst nur am Montag und Dienstag, wie ein Sprecher mitteilte.

In der Nacht zum Montag hatte bereits die griechische Fluggesellschaft Aegean einen Flug nach Beirut annulliert. Die libanesische Fluggesellschaft Middle East Airlines erklärte, sie habe eine gewissen Anzahl ihrer Flüge am Sonntag und Montag aus Versicherungsgründen "umgeplant". 

Angesichts der Furcht vor einer regionalen Ausweitung des Gazakrieges versuchen mehrere Länder nach Angaben des libanesischen Außenministers mit diplomatischem Druck, einen israelischen Vergeltungsschlag gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon zu begrenzen. Die USA, Frankreich und andere Länder würden versuchen, die Eskalation einzudämmen, sagte Außenminister Abdallah Bou Habib dem Lokalsender Al-Dschadeed an.  "Wir haben Zusicherungen erhalten (...), nach denen Israel eine begrenzte Eskalation vornehmen wird", sagte er. Im Gegenzug werde die islamistische Hisbollah "begrenzt" zurückschlagen, fuhr Habib fort.

Der libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati erklärte seinerseits, dass es weiter Kontakt zu "mehreren internationalen, europäischen und arabischen Parteien" gebe, "um den Libanon zu schützen und ihn vor Gefahren zu bewahren." 

Einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP zufolge setzt die Lufthansa ihre Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut wegen der "aktuellen Entwicklungen" in Nahost nun bis zum 5. August aus. Das sagte ein Sprecher in Frankfurt am Main. Dies gilt demnach für die Lufthansa und die Töchter Eurowings und Swiss Air, die normalerweise nach Beirut fliegen. Zuvor war von einer Planung bis zum 30. Juli die Rede gewesen.

29.07.2024 • 11:14 Uhr

Blinken fordert Zurückhaltung

Auch US-Außenminister Antony Blinken hat nach dem der Hisbollah zugeschriebenen Angriff auf die von Israel besetzten syrischen Golan-Höhen zur Zurückhaltung aufgerufen. In einem Telefonat mit dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog betonte er einem Sprecher zufolge, wie wichtig es sei, eine Eskalation zu verhindern. Beide Politiker hätten auch über die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung der von der militant-islamistischen Hamas dort festgehaltenen Geiseln beraten.

Nach dem schweren Raketenangriff auf den Golanhöhen hat die britische Regierung vor einer Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon gewarnt. "Wir sind zutiefst besorgt über das Risiko einer weiteren Eskalation und Destabilisierung. Wir haben klargemacht, dass die Hisbollah ihre Angriffe einstellen muss", schrieb Außenminister David Lammy auf der Plattform X und verurteilte den Anschlag.

Das britische Kabinettsmitglied Pat McFadden sprach von einem sehr ernsten Moment. Seit dem 7. Oktober hätten sich alle auf die Situation im Gazastreifen zwischen Israel und der Hamas konzentriert, sagte er dem Sender Sky News. Die Situation im Norden Israels zwischen der Hisbollah und Israel habe das Potenzial, "noch viel ernster zu sein als die, die wir in den letzten Monaten in Gaza beobachtet haben".

Auf die Frage, ob seine sozialdemokratische Labour-Regierung Israel bei einer Bodenoffensive gegen die Hisbollah unterstützen würde, sagte McFadden: "Wir werden immer für Israels Recht zur Selbstverteidigung eintreten. Aber wir hoffen, dass sich in dieser Situation kühlere und ruhigere Köpfe durchsetzen werden und wir keinen vollumfänglichen Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah sehen."

Aus Sicherheitsgründen hat der Lufthansa-Konzern seine Flüge in die libanesische Hauptstadt Beirut gestoppt. Zunächst wurden bis einschließlich Dienstag (30. Juli) fünf Hin- und Rückfluge gestrichen, wie das Unternehmen in Frankfurt mitteilte. Betroffen sind die Gesellschaften Swiss sowie Lufthansa und Eurowings mit je zwei Verbindungen. 

Nachdem am Samstag bei einem Raketenangriff in der drusischen Ortschaft Madschdal Schams auf den von Israel annektierten Golanhöhen mindestens zwölf Menschen getötet wurden, bereitet sich die israelische Regierung auf einen Vergeltungsschlag vor. Sie macht die Hisbollah für den Angriff verantwortlich. Die Schiitenmiliz erklärte, sie habe mit dem Angriff nichts zu tun.  

29.07.2024 • 10:41 Uhr

Sorge im Libanon

Viele Menschen im Libanon blickten nach dem mutmaßlichen Hisbollah-Angriff "mit großer Sorge" auf Schritte Israels, berichtet ARD-Korrespondent Simon Riesche. Die Bedenken beträfen auch den Flughafen von Beirut, dessen Bedeutung für das Land man "nicht hoch genug einschätzen" könne. Der Airport sei das "Tor zu Welt" für den Libanon, der nur über Landgrenzen zu Syrien und Israel verfügt.

"Lässt Sorgen weiter wachsen", Simon Riesche, ARD Kairo, zzt. in Beirut, zu Israel-Libanon-Konflikt

tagesschau24, 29.07.2024 10:00 Uhr
29.07.2024 • 10:31 Uhr

Israel: Ziel, Hisbollah zu schaden

Israel gibt einem Insider "aus dem Verteidigungsbereich" zufolge, auf den sich die Nachrichtenagentur Reuters bezieht, an, der Hisbollah-Miliz im Libanon schaden, aber die Region nicht in einen umfassenden Krieg hineinziehen zu wollen. Zwei weitere Insider erklärten demnach, Israel bereite sich auf die Möglichkeit von Kämpfen vor, die mehrere Tage dauern könnten. Hintergrund ist der Raketenangriff auf die von Israel besetzten syrischen Golanhöhen am Wochenende, den Israel der Hisbollah zuschreibt. Die Miliz weist die Verantwortung für den Angriff, bei dem zwölf Kinder und Jugendliche getötet wurden, zurück.

Nach dem tödlichen Raketenbeschuss auf ein Dorf auf den Golanhöhen haben deutsche Außenpolitiker zu einer Beruhigung der Lage aufgerufen. "Die Angriffe der Hisbollah auf Israel müssen sofort aufhören", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Israel habe "das Recht zur Selbstverteidigung" und müsse seine eigene Bevölkerung schützen können. Gleichzeitig gelte es aber, "einen regionalen Flächenbrand zu vermeiden".

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt nannte die Lage "beunruhigend". Er rechne aber damit, dass Israel "kalibriert" reagieren werde, "also nicht mit voller Härte", sagte er im rbb24 Inforadio. Er erwarte eine Reaktion, welche die Hisbollah "empfindlich" treffe, hoffe aber, dass dies die Lage nicht deutlich eskaliere. Hardt bekräftigte seine Forderung nach einem härteren Kurs gegenüber der Hisbollah in Europa. Die EU und die Bundesregierung müssten klar machen, "wir ziehen die Zügel an gegenüber der Hisbollah", sagte er.

Die Evakuierung 150 kranker und verwundeter Kinder aus dem Gazastreifen über Israel in die Vereinigten Arabischen Emirate findet nicht wie geplant statt. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu ordnete am Abend eine Verschiebung der Evakuierung an, wie israelische Medien berichteten. Er habe dies mit dem tödlichen Raketenangriff der Hisbollah auf die Drusenstadt Madschdal Schams in den von Israel besetzten Golanhöhen begründet, heißt es unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Quelle.

Bei dem Raketeneinschlag waren am Samstag zwölf Kinder und Jugendliche getötet und 19 Personen verletzt worden. Die Verzögerung sei "ein grausames Spiel der israelischen Regierung mit dem Leben der Kinder", reagierte die Organisation "Ärzte für Menschenrechte Israel" (PHRI) am Abend auf der Plattform X. Rache sei keine legitime Politik. Der Schmerz um die getöteten Kinder in Madschdal Schams dürfe nicht für einen "zynischen politischen Schachzug" genutzt werden.

Bei einem israelischen Drohnenangriff auf den Süden des Libanons sind nach Angaben des Zivilschutzes zwei Menschen getötet worden. Drei weitere Menschen seien verletzt worden, darunter ein Kind. Das Ziel liege in der Nähe der Stadt Chaqra.

Es ist der erste israelische Angriff mit Todesopfern auf Ziele im Libanon seit dem der libanesischen Hisbollah-Miliz zugeschriebenen Raketenangriff auf die von Israel besetzten Golanhöhen am Samstag.

Dabei kamen nach israelischen Angaben zwölf Menschen ums Leben. Die Hisbollah bestritt eine Beteiligung an dem Angriff auf die Golanhöhen. Die Besetzung der syrischen Golanhöhen durch Israel ist international nicht anerkannt.

Karte mit Israel, Libanon und Chaqra

Auf den Bildern der Beerdigung der zwölf getöteten Kinder aus Madschdal Schams sind viele Männer in schwarzen Gewändern und mit einem hohen weißen Fes auf dem Kopf zu sehen - es sind Geistliche der Religion der Drusen.

Insgesamt lebt rund eine Million Drusen im Nahen Osten, vor allem in Syrien, dem Libanon und Israel. Ihre Religion ist von schiitischen Traditionen geprägt, aber als Muslime sehen sich die Drusen nicht. 

Am Flughafen von Beirut kommt es wegen der verschärften Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz zu Flugausfällen und Verspätungen. Mehrere internationale Fluggesellschaften, darunter Lufthansa, Turkish Airlines und Aegean Airlines, haben für heute Flüge nach Beirut gestrichen, wie aus Daten der Website Flightradar24 hervorgeht. Die libanesische Fluggesellschaft Middle East Airlines gibt als Grund für die Flugplanänderungen Versicherungsrisiken an.

Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters äußerten sich die Fluggesellschaften zunächst nicht. Die Lufthansa hatte wegen der "aktuellen Entwicklungen" im Nahen Osten bereits ihre Nachtflüge von und nach Beirut für Juli ausgesetzt. Der internationale Flughafen Beirut Rafic Hariri, der einzige Flughafen des Libanons, war bereits während des Bürgerkriegs und früherer Konflikte mit Israel Ziel von Anschlägen.

Menschen mit Gepäck am Flughafen von Beirut

Laut dem ARD-Korrespondenten Simon Riesche gilt der Flughafen von Beirut als "Tor zur Welt" - grenzt der Staat an Land doch nur an Israel und Syrien.

Nach dem Raketenangriff auf den von Israel annektierten Golanhöhen mit mindestens zwölf getöteten jungen Menschen hat das israelische Sicherheitskabinett Beratungen abgehalten. Regierungschef Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Joav Gallant seien ermächtigt worden, "über die Art und Weise und den Zeitpunkt des Vorgehens gegen die Terrororganisation Hisbollah zu entscheiden", teilte Netanyahus Büro im Anschluss an die mehrstündige Sitzung mit. Netanyahu hatte zuvor der proiranischen Hisbollah gedroht, sie werde einen "hohen Preis" bezahlen. 

In Israel wurden unterdessen libanesische Medien zitiert, wonach im Süden des Libanons zwei Gebiete angegriffen worden seien, die in den vergangenen Monaten bereits mehrfach von der israelischen Luftwaffe ins Visier genommen worden seien. Es scheine sich aber nicht um eine Reaktion auf den Raketenangriff auf den Golanhöhen zu handeln, hieß es.

Israel macht die mit dem Iran verbündete Schiitenmiliz Hisbollah für den Angriff vom Samstag in der Ortschaft Madschdal Schams verantwortlich, bei dem mindestens zwölf Menschen im Alter von 10 bis 20 Jahren ums Leben gekommen waren.

Der israelische Außenminister Israel Katz hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach dessen Drohung mit militärischer Einmischung gewarnt: "Erdogan tritt in die Fußstapfen von Saddam Hussein und droht mit einem Angriff auf Israel. Er soll sich nur daran erinnern, was dort geschah und wie es endete", schrieb Katz auf der Plattform X. 

Im Jahr 2003 waren US-Truppen in den Irak einmarschiert. Der Militäreinsatz führte zum Sturz des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein. Drei Jahre später wurde Hussein wegen Massakern an Kurden und Schiiten hingerichtet.

Erdogan hatte auf einer Veranstaltung seiner Regierungspartei AKP in Rize am Schwarzen Meer mit Blick auf Israel gesagt: "So wie wir in Berg-Karabach reingegangen sind, so wie wir in Libyen reingegangen sind, werden wir mit ihnen dasselbe tun". Er bezog sich dabei auf den Berg-Karabach-Konflikt, in dem Erdogan die Konfliktpartei Aserbaidschan unter anderem mit Drohnen unterstützte. Im Bürgerkriegsland Libyen unterstützt Ankara die international anerkannte Regierung mit militärischer Ausstattung und Personal.

Nach dem Raketenbeschuss auf die Golanhöhen mit zwölf Toten hat das Weiße Haus Israel die Unterstützung der USA zugesagt und die Hisbollah für den Angriff verantwortlich gemacht. Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, erklärte mit Blick auf die islamistische Miliz im Libanon, es handele sich um "ihre Rakete, die aus einem Gebiet abgefeuert wurde, das sie kontrollieren". Watson forderte eine allgemeine Verurteilung des "schrecklichen" Angriffs und erklärte, die USA würden seit dem Vorfall "kontinuierlich Gespräche mit israelischen und libanesischen Partnern" führen. 

Auch die US-Vizepräsidentin und voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Kamala Harris, verurteilte den Angriff. Harris "wurde informiert und verfolgt den schrecklichen Angriff der Hisbollah auf ein Fußballfeld in Madschdal Schams genau", schrieb der Berater im Nationalen Sicherheitsrat, Phil Gordon, bei X. Harris trauere "um alle Getöteten und Verletzten". 

Der marokkanische Judoka Abderrahmane Boushita hat seinem israelischen Gegner bei den Olympischen Spielen in Paris nach dem Wettkampf den Handschlag verweigert. Boushita habe Baruch Shmailov nach dem Kampf in der Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm nicht die Hand geschüttelt, teilte Israels Judo-Verband auf Instagram mit. Shmailov hatte sich in dem Erstrunden-Kampf durchgesetzt, war anschließend in der zweiten Runde aber auch ausgeschieden und verpasste eine Medaille.

Im Judo kommt es immer wieder zu verweigerten Handschlägen. Eine Verbeugung nach dem Kampfende ist verpflichtend, der Handschlag dagegen nicht vorgeschrieben.

Der britische Premierminister Keir Starmer hat von Israel "unverzügliche Schritte" zu einer Waffenruhe im Gazastreifen gefordert. Damit sollten eine Befreiung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln und weitere humanitäre Hilfe für Bedürftige ermöglicht werden, sagte Starmer nach Angaben seines Büros dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog. Beide Politiker trafen sich am Rande der Olympischen Spiele in Paris.

Nach Informationen von Quellen, die der Hisbollah nahestehen, evakuiert die Miliz wohl Stellungen im Libanon. Der Iran hat Israel vor Konsequenzen eines neuen militärischen "Abenteuers" im Libanon gewarnt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 29. Juli 2024 um 15:00 Uhr.