Israel, Syrien und Libanon Wer sind die Drusen?
Zwölf junge Menschen starben bei dem Angriff auf das Dorf Majdal Shams auf den von Israel besetzten Golanhöhen. Dort leben vor allem Drusen. Die Glaubensgemeinschaft gibt es in mehreren Staaten des Nahen Ostens.
Auf den Bildern der Beerdigung der zwölf getöteten Kinder aus Majdal Shams sind viele Männer in schwarzen Gewändern und mit einem hohen weißen Fes auf dem Kopf zu sehen - es sind Geistliche der Religion der Drusen. Ihr Oberhaupt in Israel ist Sheikh Mowafak Tarif. Er betonte schon bei einem Gespräch im Februar, wie viele Opfer seine Glaubensgemeinschaft im Gaza-Krieg erlitten hat: "Im aktuellen Krieg sind mehr als ein Dutzend unserer jungen Männer im Einsatz für die Streitkräfte getötet worden. Das zeigt, uns ist es wichtig, dass wir für unser Land, für Israel, kämpfen und es verteidigen", sagte er damals.
Insgesamt lebt rund eine Million Drusen im Nahen Osten, vor allem in Syrien, dem Libanon und Israel. Ihre Religion ist von schiitischen Traditionen geprägt, aber als Muslime sehen sich die Drusen nicht. In Israel werden die Söhne aus den arabisch-sprachigen drusischen Familien in die Armee eingezogen - anders als andere arabische Israelis. Sie leben hier vor allem im Norden des Landes, der Region, die von dem anhaltenden Beschuss durch die libanesische Hisbollah besonders stark betroffen ist.
Sonderfall Golan
Auf den von Israel besetzen Golanhöhen - dort, wo jetzt eine Rakete zwölf fußballspielende Kinder tötete - ist die Situation noch etwas anders. Die meisten der Einwohner von Majdal Shams sind syrische Staatsbürger, völkerrechtlich gehört das Gebiet auch weiterhin zu Syrien. Das Angebot, die israelische Staatsangehörigkeit anzunehmen, hat die Mehrheit der Drusen auf dem Golan nicht angenommen.
Das Zugehörigkeitsgefühl der Drusen auf dem Golan zum syrischen Staat schwäche sich jedoch ab, sagt Salah Tarif. Er ist der Cousin von Sheikh Mowakaf und war Anfang der 2000er-Jahre der erste nichtjüdische Minister in einer israelischen Regierung: "Die jungen Leute von den Golanhöhen kommen jetzt zum Studium nach Haifa, Tel Aviv und Jerusalem. Früher sind sie nach Damaskus gegangen."
Opposition in Syrien
Das hat mit dem seit 2011 andauernden Krieg in Syrien zu tun, aber auch mit einer noch jüngeren Entwicklung - nämlich der schlechten wirtschaftlichen Lage in Israels Nachbarstaat. Seit rund einem Jahr gehen in der Stadt Suweidah täglich hunderte Syrer auf die Straße - zunächst protestierten sie gegen hohe Lebenshaltungskosten und forderten mehr administrative Eigenständigkeit für ihre Region. Als die Demonstrationen niedergeprügelt wurden, wuchs der Widerstand noch weiter: Auf den Demonstrationen sprechen auch drusische Geistliche wie Sheikh Hekmat Al Hadschri: "Wir fordern Maßnahmen, damit unsere Menschen in Würde leben können. Wir akzeptieren es nicht mehr, dass unsere Rechte missachtet werden. Wir wollen wie alle anderen Volksgruppen in Würde in unserer Heimat leben."
Drusen protestieren in der syrischen Provinz Suweida.
Im Libanon, dem Land, in dem in diesen Tagen viele in großer Sorge vor israelischen Gegenschlägen leben, werden die Drusen seit Jahrzehnten von der Familie Dschumblat politisch repräsentiert. Walid Dschumblat, der Patron der Drusen, hat sich vor einigen Jahren der schiitischen Hisbollah zugewandt. Gestern traf er sich mit dem US-Gesandten Amos Hochstein. Es sei notwendig, dass Israel seine Angriffe im Libanon wie auch im Gazastreifen umgehend einstelle, sagte Dschumblat dem Vertreter der Biden-Regierung.