Mahmoud Abbas spricht bei der Generaldebatte der UN
liveblog

Krieg in Nahost ++ Abbas will in Zukunft Kontrolle über Gaza ++

Stand: 26.09.2024 22:56 Uhr

Die Palästinenser-Regierung im Westjordanland fordert, sie solle künftig auch den Gazastreifen kontrollieren. Bei einem Angriff im Libanon wurde ein wichtiger Hisbollah-Kommandeur getötet. Der Liveblog zum Nachlesen.

26.09.2024 • 22:56 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir schließen den Liveblog für heute. Vielen Dank für Ihr Interesse.

26.09.2024 • 22:40 Uhr

Wird Libanon ein "neues Gaza"?

Der französische Emmanuel Macron hat sich am Donnerstag besorgt um die Lage im Libanon gezeigt. Er sei dagegen, dass der Libanon ein neues Gaza werde, sagte er auf einer Pressekonferenz mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau. Er forderte Israel auf, die Angriffe einzustellen - und die Hisbollah die Vergeltungsmaßnahmen zu stoppen.

Das israelische Militär hat am Donnerstag verkündet, am vergangenen Tag 220 Hisbollah-Ziele im Libanon mithilfe seiner Luftwaffe angegriffen zu haben. Zu den getroffenen Zielen gehörten Infrastrukturanlagen, Abschussrampen, von denen aus Projektile auf israelisches Territorium abgefeuert wurden, Hisbollah-Aktivisten und Waffenlager im Libanon.

„Die IDF arbeitet weiterhin daran, die terroristischen Fähigkeiten und die Infrastruktur der Hisbollah zu schwächen und zu zerstören“, hieß es der Nachrichtenagentur Reuters zufolge.

Bei israelischen Luftangriffen auf Ziele im Libanon hat es seit Anfang der Woche nach örtlichen Behördenangaben fast 700 Tote gegeben. Allein in den vergangenen 24 Stunden seien 60 Menschen ums Leben gekommen und 81 weitere verletzt worden, teilte die libanesische Katastrophenschutzbehörde mit. Seit Montag wurden 696 Tote gezählt.

In dem seit Oktober 2023 andauernden Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah haben laut der Mitteilung bisher mindestens 1.540 ihr Leben verloren.

Die israelische Luftwaffe will nach eigenen Angaben "jegliche Möglichkeit eines Waffentransfers" vom Iran an die Hisbollah im Libanon unterbinden. Das sagte Luftwaffenchef Tomer Bar in einem Video. "Nasrallahs Selbstvertrauen ... hängt von der Versorgung aus dem Iran ab", fügt er unter Hinweis auf Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hinzu.

Zudem bereite sich die Luftwaffe darauf vor, eine etwaige Bodenoffensive Israels im Libanon zu unterstützen. "Bereit, falls aktiviert," sagte Bar. Diese Entscheidung darüber werde von höherer Stelle getroffen.

Der gegenseitige Beschuss zwischen der Hisbollah im Libanon und dem israelischen Militär geht unvermindert weiter. Die proiranische Hisbollah hat am Nachmittag nach eigenen Angaben 80 Raketen auf den israelischen Ort Safed abgeschossen. Zuvor habe die Miliz Salven an Raketen und Drohnen auf verschiedene militärische Ziele im Norden Israels abgefeuert. Außerdem seien 50 Raketen auf die Ortschaft Ahihud geschossen worden.

Nach Angaben des israelischen Militärs wurde ein Haus in Rosch Pina, einem Ort neben Safed, von einer Rakete getroffen. Verletzte gab es Berichten zufolge nicht. Seit dem Morgen wurden der israelischen Armee zufolge 150 Raketenabschüsse aus dem Libanon registriert. Lokalen Berichten zufolge gab es in der Gegend um Safed infolge des Beschusses Brände.

Das israelische Luftabwehrsystem Iron Dome fängt in der Nähe der nordisraelischen Stadt Safed aus dem Südlibanon abgefeuerte Raketen ab.

Das israelische Luftabwehrsystem Iron Dome fängt in der Nähe der nordisraelischen Stadt Safed aus dem Südlibanon abgefeuerte Raketen ab.

"Es sind die heftigsten Angriffe Israels auf den Libanon seit mehreren Jahrzehnten", sagt ARD-Korrespondent Ramin Sina. Auch heute habe sich wieder gezeigt, dass die Hisbollah unterwandert sei. "Womöglich wusste Israel, wo sich hochrangige Führungsmitglieder aufhalten", so Sina. Die israelische Armee hat heute erneut ein wichtiges Hisbollah-Mitglied bei einem Angriff in einem Vorort von Beirut getötet.

Ramin Sina, ARD Kairo, zzt. Beirut, zu den erneuten Angriffen Israels auf Beirut

tagesschau24, 26.09.2024 16:00 Uhr

Die Palästinenser-Regierung im Westjordanland soll nach Darstellung von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas in Zukunft die Kontrolle über den Küstenstreifen einschließlich der Grenzübergänge wie Rafah übernehmen. Zudem fordert er vor der UN-Generalversammlung einen kompletten Abzug Israels aus dem Gazastreifen. Dieser sei durch Israel vollkommen zerstört worden und "nicht mehr bewohnbar", sagt Abbas weiter. Vor dem Krieg kontrollierte die Palästinenser-Regierung das Westjordanland, die rivalisierende Hamas den Gazastreifen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sieht nach eigenen Angaben weiter die Gefahr eines ausgewachsenen Krieges zwischen der radikal-islamischen Hisbollah und Israel. "Ein weiterer großangelegter Krieg könnte sowohl für Israel als auch für den Libanon verheerend sein", sagt Austin nach einem Treffen mit seinen britischen und australischen Kollegen in London. Israel und der Libanon könnten jedoch trotz der jüngsten scharfen Eskalation einen anderen Weg einschlagen: "Eine diplomatische Lösung ist weiter möglich."

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat die Weltgemeinschaft aufgerufen, die Waffenlieferungen an Israel einzustellen. "Stoppen Sie dieses Verbrechen, hören Sie auf, Kinder und Frauen zu töten, beenden Sie den Völkermord, hören Sie auf, Waffen an Israel zu liefern", sagte Abbas in der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. "Dieser Wahnsinn darf nicht fortgesetzt werden. Die ganze Welt ist dafür verantwortlich, was unserem Volk im Gazastreifen und im Westjordanland widerfährt."

Abbas sprach am dritten Tag der Generaldebatte, zu der sich mehr als hundert Staats- und Regierungschefs in New York versammelten. Der eskalierende Nahost-Konflikt steht im Zentrum der Reden und Treffen am Rande des einwöchigen UN-Spitzentreffens. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu wird am Freitag in der UN-Vollversammlung erwartet.

Bei einem Luftangriff der israelischen Armee auf eine Schule im Flüchtlingslager Dschabalia im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben mindestens 15 Menschen getötet worden. Unter den Toten seien Frauen und Kinder, sagte der Sprecher der von der Hamas kontrollierten Zivilschutzbehörde, Mahmud Bassal. Weitere dutzende Menschen seien bei dem Beschuss der Al-Faludscha-Schule im nördlichen Gazastreifen verletzt worden, einige von ihnen schwer.

Die israelische Armee teilte mit, sie habe "präzise Angriffe" auf Hamas-Kämpfer geführt, die in der Schule ein Kommandozentrum errichtet hätten. Zur Zahl der Opfer äußerte sich die Armee nicht. Israel fliegt immer wieder Luftangriffe auf Schulen, in denen Vertriebene Zuflucht suchen. Israel wirft der Hamas vor, sich in diesen Gebäuden zu verstecken und Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen.

Bei einem Angriff in einem Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut hat die israelische Armee erneut ein wichtiges Hisbollah-Mitglied getötet. Dabei handele es sich um den Kommandeur der Drohnen-Einheit der Miliz, teilte Israels Militär mit. Mohammed Hussein Srur habe zahlreiche Angriffe mit Drohnen und Marschflugkörpern auf Israel angeleitet. Auch libanesische Sicherheitskreise bestätigten seinen Tod.

Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden bei dem Angriff mindestens zwei Menschen getötet. 15 weitere Personen seien verletzt worden. Augenzeugen in dem südlichen Vorort Beiruts berichteten, der dritte Stock eines elfstöckigen Gebäudes sei getroffen worden. Es seien mindestens zwei laute Explosionen zu hören gewesen.

Israel hat nach eigenen Angaben ein US-Hilfspaket von 8,7 Milliarden Dollar zur Unterstützung seiner laufenden militärischen Bemühungen erhalten. Das Paket umfasst demnach 3,5 Milliarden Dollar für wichtige Beschaffungen in Kriegszeiten, die bereits eingegangen und für kritische militärische Anschaffungen vorgesehen seien.

Zudem enthalte es 5,2 Milliarden Dollar für Luftverteidigungssysteme, darunter das Raketenabwehrsystem Iron Dome und ein fortschrittliches Lasersystem. Israel kämpft derzeit an zwei Fronten: gegen die Terrororganisation Hamas im Gazastreifen und gegen die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz im Libanon.

Der israelische Oppositionspolitiker Benny Gantz hat sich in Berlin mit Bundeskanzler Scholz zur Lage im Nahen Osten ausgetauscht. Scholz sei besorgt, dass der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah zu einem regionalen Flächenbrand werden könnte, so Regierungssprecher Hebestreit über das Treffen. Demnach halte Scholz eine diplomatische Lösung für den Konflikt für möglich. Alle Beteiligten trügen Verantwortung, eine diplomatische Lösung zu finden. Gantz war bis zu seinem Rücktritt vor wenigen Wochen Teil der israelischen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.

Die Hisbollah müsse sich aus dem Grenzgebiet zu Israel zurückziehen, hieß es weiter. Auch der Iran trage eine Verantwortung, die Lage zu deeskalieren. Zudem müsse weiter an einem Abkommen für einen Waffenstillstand im Gazastreifen und zur Freilassung der Geiseln gearbeitet werden.

Israel hat einen weiteren gezielten Luftangriff auf den Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut bestätigt. Wem die Attacke am Donnerstag gegolten hatte, gaben die Streitkräfte nicht bekannt. Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden dabei mindestens zwei Menschen getötet und 15 verletzt. Auch der Hisbollah-Sender Al-Manar berichtete über den Angriff auf ein Wohngebäude in Dahije, einem Vorort der Hauptstadt, in dem die Hisbollah sehr präsent ist.

Nach Angaben der Hisbollah galt der Angriff dem Kommandeur der Hisbollah-Drohneneinheit, Mohammed Srur. Ob dieser den Beschuss überlebte, war demnach unklar.

Der israelische Minister für nationale Sicherheit, der Rechtsradikale Itamar Ben-Gvir, hat Ministerpräsident Benjamin Netanyahu davor gewarnt, einem Waffenstillstand mit der Hisbollah zuzustimmen. Seine Partei "Jüdische Stärke" werde nicht mit der Koalition stimmen, solange im Norden nicht gekämpft werde, erklärte er laut israelischen Medienberichten nach einer Parteiversammlung. Bei einer dauerhaften Waffenruhe werde er mit seiner Partei aus der Regierung austreten.

Infolge der schweren israelischen Angriffe im Libanon sind nach Angaben des libanesischen Innenministeriums seit Montag etwa 13.500 Menschen nach Syrien geflohen. Es handele sich dabei vor allem um syrische Staatsbürger. Nach vorigen Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR flohen aber auch Libanesen in das Nachbarland, in dem seit 2011 Bürgerkrieg herrscht. Im Libanon leben nach Regierungsangaben 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge und weitere Syrer, die keine Flüchtlinge sind.

Die Lage für Syrer im Libanon hat sich bereits vor den Angriffen Israels immer weiter zugespitzt. Viele sehen sich angesichts der zunehmend feindlichen Stimmung im Land gezwungen, den Libanon zu verlassen - auch wenn sie Verfolgung in Syrien zu befürchten haben. Der libanesische Innenminister Bassam Maulaui erklärte bei der Pressekonferenz in Beirut: Dass nun so viele Syrer in ihrem Heimatland Zuflucht suchten, sei ein Anzeichen dafür, dass die Geflüchteten auch in Zukunft wieder nach Syrien zurückkehren könnten.

Bei dem israelischen Luftangriff auf eine Unterkunft syrischer Arbeiter im Libanon sind nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums 20 Menschen getötet worden. Bei den Opfern handle es sich um 19 Syrer und einen libanesischen Staatsbürger, teilte das Ministerium mit. Die libanesische Nachrichtenagentur NNA hatte zuvor die Zahl der Opfer mit 23 Toten angegeben und berichtet, es seien allesamt Syrer. Laut NNA wurden acht weitere Personen, vier Syrer und vier Libanesen, verletzt, als das Haus in Junine nahe der Stadt Baalbek am Mittwochabend bombardiert wurde.

Ein Gemeindefunktionär aus Junine sagte der Nachrichtenagentur AP, die meisten Toten seien Frauen und Kinder. Die ganze Nacht über sei nach Überlebenden gegraben worden. "Wir haben mit unseren eigenen Händen gegraben", sagte Hussein Sallum der AP am Telefon. Schließlich sei ein Bagger zu Hilfe gekommen. Das libanesische Rote Kreuz teilte mit, es habe neun Leichen geborgen, die anderen seien von Nothelfern der Hisbollah und dem libanesischen Zivilschutz aus dem eingestürzten Haus geholt worden. Der angegriffene Ort liegt im Bekaa-Tal, das entlang der Grenze zu Syrien verläuft.

Der Libanon mit seinen rund sechs Millionen Einwohner beherbergt fast 780.000 registrierte Flüchtlinge aus Syrien und Hunderttausende weitere, die nicht dokumentiert sind. Dutzende sollen nach Zählung der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bei den israelischen Angriffen der vergangenen Tage getötet worden sein. Insgesamt kamen nach Angaben der Gesundheitsbehörden auf libanesischer Seite mehr als 630 Menschen ums Leben, rund ein Viertel davon Frauen und Kinder. In Israel gab es mehrere Verletzte.

Israelische Bodentruppen haben nach Militärangaben eine Übung an der Grenze zum Libanon abgeschlossen. Die 7. Brigade habe wenige Kilometer von der Grenze entfernt "Manöver und Kämpfe in bergigem Terrain mit viel Dickicht trainiert", hieß es in der Mitteilung der Armee. "Während der Übung haben die Truppen ihre operative und logistische Bereitschaft für verschiedene Kampfszenarien in feindlichem Gebiet an der nördlichen Front verbessert."

Angesichts der Kämpfe mit der libanesischen Hisbollah-Miliz hat Israel zwei weitere Brigaden mobilisiert und bereitet eine mögliche Bodenoffensive in dem nördlichen Nachbarland vor.

Die Gespräche für eine Waffenruhe im Gazastreifen und die internationalen Forderungen nach einer Feuerpause im Libanon laufen Angaben des Vermittlers Katar zufolge getrennt voneinander. "Mir ist kein direkter Zusammenhang bekannt", sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madsched al-Ansari vor Journalisten. "Aber natürlich überschneiden sich die Vermittlungen, wenn man bedenkt, dass größtenteils dieselben Parteien daran beteiligt sind", fügte er hinzu. 

Katar arbeite mit seinen Partnern an der Erreichung eines "sofortigen Waffenstillstands im Libanon" und an einem "Weg aus der momentanen Eskalation", sagte al-Ansari. Bei den Gesprächen mit Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz seien alle "Verhandlungskanäle offen", es sei aber noch zu früh, von einer "formellen Verhandlungsebene" zu sprechen. 

US-Außenminister Antony Blinken hat darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Staaten ein Ende der Feindseligkeiten zwischen Israel und der Hisbollah fordere. "Die Welt äußert sich deutlich. Nahezu alle wichtigen Länder in Europa und in der Region sprechen sich für den Waffenstillstand aus", sagte Blinken dem US-Sender MSNBC. Er werde noch im Lauf des Tages bei den Vereinten Nationen in New York mit israelischen Regierungsvertretern zusammenkommen.

Der Konflikt mit Israel setzt der ohnehin stark leidenden Wirtschaft im Libanon weiter zu. "Die Wirtschaft ist in sehr schlechtem Zustand. Dieser Krieg hat die Herausforderungen für den Libanon noch erhöht", sagte Amin Salam, geschäftsführender Minister für Wirtschaft und Handel, dem Finanzdienst Bloomberg. Jegliche Hoffnungen auf einen Aufschwung seien verschwunden. "Es ist kein Wachstum vorhanden."

Israelische Kampfjets haben Infrastruktur an der libanesisch-syrischen Grenze angegriffen, um den Waffentransfer von Syrien an die Hisbollah im Libanon zu unterbinden, wie das israelische Militär mitteilte. "Die Hisbollah verwendet diese Kriegsmittel gegen die Bürger des Staates Israel", heißt es in einer Erklärung des Militärs. Die israelischen Streitkräfte würden weiterhin gegen die Versuche der terroristischen Organisation Hisbollah vorgehen, sich zu bewaffnen und Waffen aus syrischem Gebiet in den Libanon zu transferieren.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien meldete einen Angriff auf einen Grenzübergang in der Gegend um den syrischen Ort Kussier nahe der Grenze zum Libanon. Es habe mehrere Verletzte gegeben. Es handle sich um den ersten israelischen Angriff auf syrisches Territorium seit der verstärkten Angriffe.

Im Libanon suchen Zehntausende Menschen als Folge der intensiven israelischen Luftangriffe Zuflucht in Notunterkünften. 70.100 Vertriebene seien derzeit in 533 Notzentren registriert, sagte der libanesische Innenminister Bassam Maulaui bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Beirut. Vor allem Schulen seien zu Notunterkünften umfunktioniert worden. Noch immer gebe es einen großen Zustrom von Vertriebenen aus dem Süden. Die genaue Zahl der Binnenvertriebenen im Libanon lässt sich derzeit schwer ermitteln. Viele Menschen sind zu Verwandten geflüchtet, andere schlafen auf den Straßen. 

Der israelische Außenminister Israel Katz hat den Vorschlag mehrerer westlicher Staaten für eine Waffenruhe mit der Hisbollah klar zurückgewiesen. "Es wird keine Waffenruhe im Norden geben", schrieb er beim Kurznachrichtendienst X. "Wir werden mit aller Kraft gegen die terroristische Organisation Hisbollah kämpfen, bis zum Sieg und bis die Bewohner des Nordens sicher in ihre Heime zurückkehren können", betonte Katz.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat das Militär seines Landes vorerst angewiesen, die Kämpfe "im Norden mit voller Kraft" fortzusetzen. Das geht aus einer Mitteilung hervor, die über den Account Netanyahus beim Kurznachrichtendienst X veröffentlicht wurde. Auf den Appell mehrerer westlicher Staaten für eine Waffenruhe mit der Hisbollah-Miliz im Libanon habe Netanyahu bislang nicht reagiert. Die Streitkräfte sollen auch die Kämpfe im Gazastreifen fortführen, "bis alle Ziele erreicht sind".

Bei dem israelischen Angriff auf die Stadt Junine im Libanon soll ein Wohnhaus getroffen worden sein, in dem vorrangig Arbeitskräfte aus Syrien untergebracht gewesen seien. Das berichtete libanesische Nachrichtenagentur NNA 23. Auch sie zitierte den Bürgermeister der Stadt, Ali Kassas, der von mindestens 23 Todesopfern berichtete. Laut NNA 23 soll es zudem acht Verletzte geben. Die Aussage Kassas', bei den Getöteten handele es sich vor allem um Frauen und Kinder, welche die Nachrichtenagentur Reuters aufgegriffen hatte, bestätigte die libanesische Agentur nicht.

In der Stadt Junine in der Bekaa-Ebene sollen durch die israelischen Luftangriffe mindestens 23 Menschen ums Leben gekommen sein. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den Bürgermeister der Stadt. Bei den Getöteten handele es sich um Syrer. Zu den Opfern sollen vor allem Frauen und Kinder zählen. Von israelischer Seite oder libanesischen Behörden sind diese Angaben bisher nicht bestätigt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle, die ihren Sitz in London hat, sollen seit Beginn der israelischen Luftangriffe auf den Libanon mehr als 100 syrische Flüchtlinge getötet worden sein, darunter 23 Frauen und 32 Kinder. Im Libanon leben schätzungsweise 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge.

Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte

Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights, SOHR) sitzt in Großbritannien und will Menschenrechtsverletzungen in Syrien dokumentieren. Sie bezeichnet sich als unabhängig. Die Informationen der Beobachtungsstelle lassen sich nicht unabhängig überprüfen.  

Die rechtsextreme Partei Ozma Jehudit - Partner in der Koalition von Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu - berief angesichts der Berichte über eine mögliche Waffenruhe eine Dringlichkeitssitzung ein, wie die Nachrichtenseite ynet berichtete.

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich hat sich klar gegen eine mögliche Waffenruhe mit der Hisbollah-Miliz positioniert. "Der Kampf im Norden darf nur auf eine Art enden: mit der Zerstörung der Hisbollah und ihren Fähigkeiten, den Einwohnern des (israelischen) Nordens Schaden zuzufügen", schrieb er beim Kurznachrichtendienst X und forderte: "Wir dürfen es dem Feind nicht erlauben, sich von dem harten Schlag zu erholen, den er abbekommen hat und sich für eine Fortsetzung des Kriegs nach 21 Tagen neu zu organisieren."

Der Lateinische Patriarchen von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, hat für den 7. Oktober - dem Jahrestag des Überfalls der Hamas auf Israel - zu einem Tag des Gebets, des Fastens und der Buße aufgerufen. Das Datum sei "zum Symbol für das Drama geworden", heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief. In dem Schreiben beklagt der italienische Franziskaner "einen Strudel von Gewalt und Hass", der beispiellos sei. Diese Entwicklung erfasse zusehends Politik und Gesellschaft in der Region. Das Gefühl einer gemeinsamen Zugehörigkeit zum Heiligen Land habe dadurch schweren Schaden erlitten.

Pizzaballa erneuerte seinen Aufruf zu einer gewaltfreien Lösung, die den Forderungen nach Gerechtigkeit, Würde und Sicherheit für alle Rechnung trage. Seine Gläubigen rief er auf, sich für den Frieden einzusetzen und sich nicht von Hassgefühlen leiten zu lassen. Zudem sollten sie sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Kriegsbetroffene einsetzen.

Israel soll sich einem TV-Bericht zufolge offen für eine Waffenruhe mit der libanesischen Hisbollah-Miliz gezeigt haben. Ziel seien Verhandlungen über eine dauerhaftere Vereinbarung, berichtete der TV-Sender N12. Er berief sich auf nicht namentlich genannte Quellen aus dem Mitarbeiterkreis von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Für den Bericht gab es zunächst keine offizielle Bestätigung. Eine Sprecherin von Netanjahus Büro betonte, eine solche Mitteilung sei nicht veröffentlicht worden.

Israel hat die Reisewarnungen für die Bevölkerung des Landes verschärft. Hintergrund sind auch die bevorstehenden jüdische Feiertage - am 2. Oktober beginnt das jüdische Neujahrsfest Rosch Haschana, am 11. Oktober das Versöhnungsfest Jom Kippur. Zudem jährt sich am 7. Oktober der Überfall der Terrormiliz Hamas auf Israel. "Zu diesem Zeitpunkt werden sich die Bemühungen, Anschläge auf israelische/jüdische Ziele im Ausland zu verüben, voraussichtlich intensivieren", heißt es in einer Mitteilung des nationalen Sicherheitsrats Israels. Neben Reisen in Länder, deren Besuch israelischen Staatsbürgerinnen und -bürgern aus Sicherheitsgründen seit langem verboten ist, darunter Iran, Irak, Syrien und Libanon, warnt der Sicherheitsrat vor Lebensgefahr bei Reisen in die arabischen Nachbarstaaten Jordanien und Ägypten, in die Türkei sowie eine Reihe von weiteren Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit.

Wie die israelischen Streitkräfte beim Kurznachrichtendienst X mitteilten, hat die Armee des Landes ihre Angriffe im Libanon in der Nacht fortgesetzt. Insgesamt seien 75 Ziele im Süden des Libanon und in der Bekaa-Ebene attackiert worden. Angaben des Militärs zufolge sollen unter anderem Raketenwerfer und Waffenlager der Hisbollah-Miliz beschossen worden sein.

Gemeinsam mit anderen Staaten fordert Frankreich eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah. Frankreichs Außenminister Jean-Noel Barrot kündigte an, noch in dieser Woche in den Libanon zu reisen, um Verhandlungen zu unterstützen. Es seien bereits wichtige Fortschritte erzielt worden, sagte Barrot am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Er betonte: "Wir zählen darauf, dass beide Seiten den Vorschlag unverzüglich annehmen, um die Zivilbevölkerung zu schützen und diplomatische Verhandlungen zu ermöglichen."

Ein 87-jähriger französischer Staatsbürger ist im Libanon durch eine Explosion ums Leben gekommen. Die französische Botschaft teilte mit, sein Haus in der Nähe der Küstenstadt Tyre sei nach einer "schweren Explosion" in der Nähe am Montag eingestürzt.

Mehr als 600 Menschen sind bei israelischen Luftangriffen im Libanon in den vergangenen Tagen getötet worden. Es handelt sich um die höchste Zahl an Opfern seit dem Krieg zwischen Israel und der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah im Jahr 2006.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) beobachtet die Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der Hisbollah und deren Auswirkungen auf den Libanon "mit großer Sorge". "Der aktuelle Konflikt fordert einen hohen menschlichen Tribut, beschädigt die physische Infrastruktur im Süden des Libanon und verschlimmert die ohnehin fragile makroökonomische und soziale Lage des Landes", heißt es in einer IWF-Erklärung, die der Nachrichtenagentur Reuters vorlag. Es sei jedoch verfrüht, die wirtschaftlichen Auswirkungen zu beurteilen.

Der Libanon hofft auf eine Initiative für eine Waffenruhe durch Washington und Israel. Frankreich und die USA arbeiteten hart, "um ein gemeinsames Kommuniqué herauszugeben, das internationale Unterstützung genießt und diesen schmutzigen Krieg beenden würde", sagte der libanesische Ministerpräsident Nadschib Mikati in einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Israel habe eine beispiellose Eskalation im Libanon zu verantworten und Hunderte von Zivilisten innerhalb weniger Tage getötet "darunter Jugendliche, Frauen und Kinder".

Frankreich und die USA haben nach Tagen intensiver Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon eine 21-tägige Waffenruhe vorgeschlagen. Frankreich stellte den Vorschlag am Mittwoch kurz nach einem Treffen zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit US-Präsident Joe Biden bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York vor.

Die Waffenruhe solle "Verhandlungen ermöglichen", sagte Frankreichs neuer Außenminister Jean-Noël Barrot. "Es ist dringend erforderlich, dass sich alle Akteure entschlossen für einen Weg der Deeskalation einsetzen."

Der iranische Außenminister Abbas Araghtschi hat angesichts der aktuellen Konflikte im Nahen Osten vor einer "ausgewachsenen Katastrophe" gewarnt und dem Libanon die Unterstützung des Iran zugesichert. "Die Region steht am Rande einer ausgewachsenen Katastrophe. Wenn sie nicht eingedämmt wird, wird die Welt mit katastrophalen Folgen konfrontiert", sagte Araghtschi am Rande der Generaldebatte der UN-Vollversammlung am Mittwoch. Der Iran werde "dem libanesischen Volk mit allen Mitteln zur Seite stehen".

Die gefährliche Zuspitzung der Lage im Libanon steht im Zentrum der einwöchigen UN-Generaldebatte in New York, an der mehr als hundert Staats- und Regierungschefs aus aller Welt teilnehmen.

Israel hat die Möglichkeit eines großen Krieges mit der Schiitenorganisation Hisbollah im benachbarten Libanon betont. "Ich möchte eine Waffenruhe und die Rückkehr der Israelis in ihre Häuser im Norden - und der Südlibanesen in ihre Häuser im Südlibanon. Das ist es, was wir alle erreichen wollen. Das wird entweder nach einem Krieg oder vor einem Krieg geschehen. Wir hoffen, dass es vorher sein wird", sagte der israelische Botschafter Danny Danon vor einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Er bestätigte, dass Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Donnerstag in den USA eintreffen soll.

25.09.2024 • 00:01 Uhr

Der Liveblog vom Mittwoch

Angesichts der Lage in Nahost warnt US-Präsident Biden vor einem "umfassenden Krieg". Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen sind offenbar eine schwangere Frau und ihre vier Kinder getötet worden. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. September 2024 um 07:30 Uhr.