Korrespondent in Rom Rüdiger Kronthaler
Rückkehr in ein anders Land: Italien lernte ich zunächst als Jugendlicher in analogen Zeiten kennen. Anfang der 1990er-Jahre zog ich mit meinen Eltern nach Rom, und gegenüber der Deutschen Schule hingen eines Morgens Wahlplakate des Unternehmers Silvio Berlusconi, der tatsächlich wenig später zum Ministerpräsidenten gewählt wurde.
Auch wenn Berlusconi seit den 1990er-Jahren kein graues Haar und keine Falte dazugewonnen hat: Die Welt hat sich weitergedreht. Die Parteien haben ungezählte Male ihre Namen geändert, Regierungen umgebildet, Krisen beschworen, sogar ein Papst trat zurück. Vieles ist anders; uninteressanter ist es nicht geworden.
Nach dem Abitur ging ich zurück nach Deutschland, studierte Theologie und Germanistik in München und arbeitete 14 Jahre lang als Reporter in der Aktualität beim BR im Fernsehen und Hörfunk. Immer mit dem Traum, einmal als Journalist nach Italien zurückkehren zu können.
Seltsam ist es, wenn Träume dann plötzlich auch wahr werden. So arbeite ich jetzt in einem Land, das mir vertraut ist, und das ich gleichzeitig wieder neu entdecken darf: Chaos und Spontaneität, Hilfsbereitschaft, Lebenskunst, große Akribie beim Kochen. Kinderfreundlichkeit: das alles hatte ich vermisst und erlebe es jetzt neu, mit anderem Blick.
Wie beiläufig und gleichzeitig wertschätzend die Italiener mit der Fülle an Kunst und Geschichte umgehen, darum werde ich sie immer beneiden. Aber es ist auch vieles anders, in den ersten Tagen hat mich überrascht, dass man jetzt den Papierkram mit Behörden auch rein digital verhandeln kann.
Italien will dank der Corona-Hilfsgelder digitaler und ökologischer Vorreiter in Europa werden. "Rebuild better", sagt der moderne Italiener. Wobei meine Mail mit den Anmelde-Formularen letztlich doch nicht ankam. Mein Nachbar gab uns den Tipp: Er kenne jemanden beim Amt persönlich, dem solle ich alle Unterlagen ausgedruckt in die Hand geben. "Meglio così", ganz analog, so wie früher …