Olivenanbau in Griechenland Karge Ernten, dreiste Diebe
Die steigenden Preise für Olivenöl wecken Begehrlichkeiten. Griechenlands Bauern müssen sich gegen immer frechere Diebe wappnen. Auch moderne Technik hilft nicht gegen alle Gründe für den Preisanstieg.
Irgendwo hier draußen könnten sie sein. Es ist stockfinstere Nacht auf Kreta. Myron Hiletzakis fährt mit seinem Jeep über Feldwege nahe dem Ort Archanes. In der Hand hat er einen gelben Scheinwerfer.
Der Lichtkegel reicht 200 Meter weit. Hiletzakis hält Ausschau nach Dieben. Nach Werkzeugen wie Sägen oder nach geparkten Autos. Seit Generationen lebt seine Familie, wie viele auf Kreta, von ihren Olivenhainen, von dem aus den Steinfrüchten gewonnenen Öl. So etwas wie jetzt haben sie noch nicht erlebt.
Viele Fälle von Oliven-Diebstahl
Aus ganz Griechenland berichten Olivenbauern von Diebstählen. Mal werden besonders volle Bäume heimlich abgeerntet. Mal ganze Äste mit den Oliven daran abgesägt und abtransportiert. Oder es wird das Öl gestohlen, wenn es in den Mühlen fertig gepresst worden ist.
Diebstahl habe es immer wieder gegeben, sagt Hiletzakis, während er seine Haine mit dem Scheinwerfer absucht. Aber noch nie so geballt.
Zuletzt sei es ganz in der Nähe passiert. Bei 50 Bäumen hätten die Diebe die besten Zweige abgeschnitten, mit einer elektrischen Kettensäge, die kaum hörbar sei.
Nicht nur die jetzige Ernte würde damit fehlen. Sondern die Zweige bräuchten mindestens fünf Jahre, um wieder nachzuwachsen.
Damit ihm das nicht passiert, patrouilliert er jetzt während der Erntezeit mehrmals in der Nacht. Sein Scheinwerfer fällt auf den Hang gegenüber. Wird er heute auf Diebe treffen?
Der Klimawandel wird spürbar
40 Kilometer weiter südöstlich zeigt sich in Emparos, einem kleinen Nest am Fuße der Berge, das ganze Dilemma der Olivenbauern: Yorgos Perogiannakis ist mitten bei der Ernte. An seinen Bäumen hängen nur wenige Oliven. Sie sind kleiner als sonst, manchmal auch verschrumpelt.
Lange habe er dem Klimawandel keine Bedeutung beigemessen, sagt Giorgos. Jetzt bekomme er ihn voll zu spüren.
Seine Familie lebe seit 500 Jahren von den Oliven. Er selbst ist jetzt 50. So eine Katastrophe wie dieses Jahr habe er noch nicht erlebt.
Statt acht Tonnen Öl würden seine Haine dieses Jahr nur eine halbe Tonne abwerfen, schätzt er. Wer die Bäume nicht bewässert hat, wie er, den erwischt es noch härter.
Perogiannakis befürchtet, dass es in Zukunft noch schlimmer werden könnte, wenn nicht alle gemeinsam das Problem des Klimawandels angehen und der Staat sich nicht ausreichend mit dem Thema beschäftige.
Schlechte Ernte in ganz Südeuropa
So wie ihm geht es Olivenbauern in ganz Südeuropa. In Spanien haben Trockenheit und heiße Temperaturen im zweiten Jahr in Folge zu massiven Ernteausfällen geführt. In Italien dagegen war es der Starkregen im Frühjahr - gerade als die Olivenbäume in der Blüte standen. Dadurch setzten viele Bäume kaum Früchte an.
In Griechenland erwarten die Olivenbauern weniger als die Hälfte der normalen Ernte. Auf Kreta war es dieses Jahr besonders lange heiß und trocken.
Der Mangel in Kombination mit höheren Ausgaben für Benzin und Material hat den Preis für Olivenöl in die Höhe getrieben. Selbst qualitativ minderwertiges Öl kostet im Supermarkt derzeit um die zehn Euro der Liter. Manche griechischen Supermärkte sind dazu übergegangen, die Ölflaschen wie Schnaps mit einem Alarm zu sichern.
Mit GPS-Oliven gegen Diebe
Bei Yorgos Perogiannakis haben die Diebe noch nicht zugeschlagen. Aber er weiß: Es könnte auch ihn treffen. Er will eine neue Methode ausprobieren: GPS-Oliven.
Sie sehen aus wie eine doppelte Kirsche mit Stiel dazwischen. Sie werden in die Bäume gehängt und senden ihre Position aufs Handy.
Gegen den Diebstahl von bereits fertig gepresstem Öl hilft aber auch das nicht. In Nordgriechenland sorgte ein Fall für Aufsehen: Ganze 37 Tonnen Öl wurden dort aus den Tanks einer Olivenpresse entwendet. Der Marktwert betrug rund 300.000 Euro. Die Suche nach den Tätern blieb bisher erfolglos.
Die Produktionsstätten von Yorgos Perogiannakis werden mit Kameras überwacht. Doch die Diebe werden immer raffinierter.
Sorgen vertreiben die Feierstimmung
Myron Hiletzakis entdeckt bei seiner nächtlichen Fahrt durch den Olivenhain keine Diebe, nur ein Hase rennt im Zickzack durch den Lichtkegel des Scheinwerfers und verschwindet zwischen den Bäumen.
Früher sei die Olivenernte eine ganz besondere Zeit gewesen, erinnert sich Hiletzakis. Alle hätten geerntet und das Leben gefeiert. "Ein Fest war das", betont er schwermütig.
Er hofft, dass die Ernte nächstes Jahr wieder besser wird. Dass die Preise für das Öl sinken. Und dass die Diebe dann vom "flüssigen Gold", wie sie in Griechenland das Olivenöl inzwischen nennen, wieder die Finger lassen .