Chinesische Beteiligung Nicht wünschenswert, aber vertretbar
Die Kritiker einer chinesischen Beteiligung im Hamburger Hafen haben im Prinzip recht. Doch es gibt auch gute Gründe für den Deal - und die aktuelle Kritik daran übersteigt jedes Maß.
Zugegeben: Es gibt gute Argumente, die gegen den Hafendeal ins Feld geführt werden. China entwickelt sich unter dem gerade erst im Amt bestätigten Staats- und Parteichef Xi Jinping immer stärker von einem (Handels-)Partner zu einem strategischen Gegner des Westens.
Und wer davor warnt, von einer Abhängigkeit gleich in die nächste zu fallen, hat im Prinzip auch Recht. Schließlich erfahren wir gerade leidvoll, welche Folgen die fatale Energieabhängigkeit von Russland für uns hat.
Problematisches Signal - aber vertretbar
Doch im konkreten Fall übersteigt die Kritik jedes Maß. Mag sein, dass der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco am Containerterminal Tollerort in der aktuellen Zeit ein problematisches Signal aussendet. Doch er ist mit der Hamburger Hafengesellschaft ausgehandelt worden, also einem deutschen Partner, der gute Gründe für das Geschäft hat.
Zunächst einmal ist daran zu erinnern, dass es bei dem Geschäft lediglich um den Verkauf von Anteilen an einer Betriebsgesellschaft geht, nicht um Anteile am Hamburger Hafen selbst. Der Vorwurf, hier würde Infrastruktur nach China verkauft, läuft also ins Leere.
Zudem geht es um eine Minderheitsbeteiligung: Mit dem Kabinettsbeschluss, die Beteiligung auf 24,9 Prozent zu begrenzen, hätte Cosco noch nicht einmal eine Sperrminorität, die in wenigen Fällen eine Blockade der Geschäftsführung erlauben würde.
Der Hafendeal ist also vielleicht nicht wünschenswert, sehr wohl aber vertretbar.
Auch Hamburg hat etwas zu verlieren
Wer Abhängigkeiten beklagt, sollte zumindest dazu sagen, dass der Terminal schon jetzt überwiegend von chinesischen Schiffen angelaufen wird. Würde sich Cosco auf andere europäische Häfen konzentrieren, an denen der Staatskonzern bereits beteiligt ist, wäre das für den Standort Hamburg ein massiver Verlust.
Abhängigkeit von China ist längst dramatisch
Vor allem aber wird beim aktuellen "China-Bashing", von dem BASF-Chef Martin Brudermüller gesprochen hat, die wirtschaftliche Realität völlig ausgeblendet. China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner, insofern besteht längst eine dramatische Abhängigkeit, sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen.
Unsere Autobauer verkaufen jedes dritte Fahrzeug im Reich der Mitte. Ohne Zulieferungen aus China geriete unsere Wirtschaft schnell ins Stottern, wie die Lieferschwierigkeiten in der Corona-Krise gezeigt haben. Und nicht zuletzt: Die Energiewende lässt sich ohne Rohstoffe aus China nicht umsetzen - sowohl für Photovoltaik-Anlagen als auch für Windräder sind wir auf chinesische Einfuhren angewiesen.
Abkapseln ist keine Option
Noch einen Schritt weitergedacht: Glauben die Kritiker ernsthaft, wir könnten als vom Handel abhängige Volkswirtschaft nur noch mit Partnern Geschäfte machen, die uns in jeder Hinsicht genehm sind? Ganz praktisch: Wollen wir wirklich auf Öl aus Saudi-Arabien verzichten? Oder auf Flüssiggas aus anderen Golf-Staaten?
Nein, wir werden uns die Partner in der Welt nicht schnitzen können. So wichtig es ist, dass sich die deutsche Wirtschaft breiter aufstellt, um krisenfester zu werden - ein Abkapseln von China oder gar eine Deglobalisierung können wir uns nicht leisten. Schon gar nicht an einem so wichtigen Handelsort wie Hamburg.