EU-Gipfel in Brüssel Mit Ach und Krach zusammengerauft
Erst die Ukraine, nun Nahost - den EU-Staaten fällt es angesichts der Kriege immer schwerer, mit einer Stimme zu sprechen. Moralisch leisten sie einen Balanceakt - denn es geht auch um viel Geld.
Die Europäische Union steckt im Würgegriff zweier Kriege. Für die sie zwar nichts kann, aber an denen sie trotzdem irgendwie beteiligt ist - mehr oder weniger indirekt. Weil es bei dem einen um so etwas geht wie Staatsräson mit Israel und zugleich darum, trotzdem die humanitären Werte, derer die EU sich ja immer so gerne rühmt, nicht aus den Augen zu verlieren beim Blick auf die Situation auf der palästinensischen Seite im Gazastreifen. Das ist moralisch ein Balanceakt.
Denn der Krieg in Gaza entzweit nicht nur die Menschen dort, sondern überall auf der Welt, weil das Credo doch lautet: Wer für die eine Seite ist, kann kein Verständnis für die andere haben. Dabei ist genau das die Aufgabe: beide Seiten zu sehen. Und wenn Europa hier international nicht jede Glaubwürdigkeit als gemeinsamer politischer Block verlieren will, dann muss es nicht nur beide Seiten sehen, sondern hier auch mit einer Stimme sprechen. Wie schwierig das ist, hat man jetzt gesehen.
Europa steht bei Kiew im Wort
Bei dem anderen Krieg, dem in der Ukraine, geht es für die EU nicht um minder Schwieriges. In ihrer Haltung ist sie hier - von Viktor Orban in Ungarn und dem neuen Mann in der Slowakei vielleicht einmal abgesehen - bisher recht geschlossen aufgetreten.
Und Europa steht bei Kiew im Wort, das von russischen Truppen überfallene Land weiterhin zu unterstützen - mit Waffen und mit viel, viel Geld, womöglich noch viele Jahre lang. Und mehr noch, auch einen Wiederaufbau mit zu finanzieren und einen Beitritt der Ukraine zur EU tatsächlich Wirklichkeit werden zu lassen. Wenn es nach Präsident Wolodymyr Selenskyj geht, möglichst bald.
Ohne weitere Hilfen wird es eng für die Ukraine
Und da geht es, das kann man nicht anders sagen, für die Gemeinschaft der 27 ans Eingemachte - an die Haushalte. Es werden Unsummen dafür nötig sein, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht für die nächsten vier Jahre von 50 Milliarden Euro - ein Vorgeschmack auf das, was dann noch kommen könnte. Dabei winken schon jetzt viele Mitgliedsländer dankend ab, wenn sie hören, Brüssel braucht mehr Geld. Auch Deutschland tut das.
Aber wenn Brüssel nicht mehr Geld bekommt, dann wird es eng für die Ukraine - finanziell, militärisch und ein Beitritt des Landes wird in weite Ferne rücken. Auf diesem Gipfel mochte das von den 27 noch keiner laut sagen. Das könnte beim Treffen im Dezember schon ganz anders werden, wenn das Hauen und Stechen um Nachzahlungen in den EU-Haushalt konkret wird. Diesmal gab es nur einen Vorgeschmack.
Mit Ach und Krach auf eine Formulierung geeinigt
Man hatte sich mehr Zeit genommen für die Lage in Nahost, gut so, aber sich dann doch nur mit Ach und Krach auf eine Formulierung in der Abschlusserklärung verständigt, die niemandem wirklich weh tut, aber wohl auch niemandem hilft - in Israel nicht und im Gazastreifen auch nicht.
Man will Pausen - wichtig: mehrere einzelne, keinen dauerhaften Waffenstillstand - und humanitäre Korridore. Zu einem klareren Bekenntnis hat es nicht gereicht. Man steckt schließlich im Würgegriff.