EU-Außenminister in Kiew Größtenteils solidarisch
Mit dem Außenministertreffen in Kiew wollte die EU ein Zeichen der Solidarität an die Ukraine senden. Es ist daher bezeichnend, dass Polen und Ungarn nur Vertreter schickten.
Irgendwann kommt die Zeit der Ermattung. Eine Lustlosigkeit, die Schrecken des Krieges zu betrachten und der Drang, sich um die eigenen Probleme zu kümmern. Ein bekanntes, bisweilen verständliches Phänomen - häufig genug wurde auch in den vergangenen rund anderthalb Jahren davor gewarnt.
Doch Warnen reicht längst nicht mehr - auch innerhalb der EU nicht, in der lange die Gewissheit galt, die europäische Gemeinschaft stehe ausreichend geschlossen auf der "richtigen Seite" und Solidarität mit der angegriffenen Ukraine gehöre gewissermaßen zur Unions-Raison.
In eine solche Phase des Zweifels setzt die Runde der europäischen Außenministerinnen und -minister sehr präzise diese historische Premiere - das erste gemeinsame Treffen in einem Nicht-Mitgliedsland. Auch als Antwort auf die in diesen Tagen häufiger denn je gestellte Frage: Bröckelt die Hilfe des Westens für die Ukraine?
Polen und Ungarn schicken nur Vertreter
Doch wie eindeutig kann die Antwort bei diesem Kiew-Besuch noch ausfallen? Es spricht Bände, dass der polnische Außenminister fehlt. Polen - einer der bisher größten Unterstützer, militärisch wie moralisch - hat ganz offensichtlich mit sich zu tun, mit den bevorstehenden Wahlen und den Nöten der eigenen Leute, allen voran der Bauern. Quasi derentwegen ist ein Streit um für die Ukraine so wichtigen Weizenexporte sogar vor der Welthandelsorganisation entbrannt und auf der Bühne der Vereinten Nationen zur Schau getragen worden. Die restliche EU konnte nur hilflos - oder peinlich berührt - zuschauen.
Ungarn - wen wundert es - schickte nur einen Vertreter des Vertreters nach Kiew, hat den Pro-Putin-Kurs nie aufgegeben. Alarmierend für die EU ist aber, dass dem nun offenbar auch die Slowakei, ein bisher wichtiger Ukraine-Unterstützer, folgt. Robert Fico, der gestern mit einer pro-russischen Agenda die Parlamentswahl gewann, wacht nun über die so wichtigen slowakischen Transport- und Reparaturzentren für Militärgerät für die Ukraine. Er formuliert ganz offen, dass sein Land "nicht einen Schuss Munition mehr liefern" werde.
Gemeinschaft "von Lissabon bis Luhansk"?
Umso größer scheinen heute die Worte der in Kiew vertretenen Außenminister. Annalena Baerbock etwa spricht von einer "Gemeinschaft der Freiheit, die bald von Lissabon bis Luhansk" reichen werde. Luhansk wohlgemerkt, ist eine Stadt in dem von Russland annektieren Osten der Ukraine. Sie weist damit schon auf die nächste Nagelprobe für die EU hin.
Die Empfehlung der EU-Kommission, ob Beitrittsgespräche mit der Ukraine beginnen sollten, scheint sich derzeit zu verzögern. Gefeilt wird offenbar an der Aufgabe: Wie kann man grünes Licht signalisieren, auch wenn faktisch die meisten Ampeln noch auf rot stehen?
Gut wäre dabei - auch für die vielen Europäerinnen und Europäer, die bereit sind, ihr Möglichstes für die Gewissheit um eine feste europäische Solidarität mit der Ukraine zu tun - wenn Worte und Symbole sich nicht weiter von Realitäten in Europa entfernen. Es ist also nötig spätestens seit dem Wahlausgang in der Slowakei, den Riss in der Europäischen Solidarität klar zu benennen. Und dennoch weiter an den machbaren, kurzfristig nötigen Unterstützungsszenarien zu arbeiten. Stichwort "Winterschutzschirm".
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