Strafanzeige von Ex-Ministern gegen Putin "Das Recht ist auch eine Waffe"
Die früheren Bundesminister Baum und Leutheusser-Schnarrenberger haben Strafanzeige gegen Russlands Präsident Putin und Militärangehörige eingereicht. Ihr Vorwurf: Kriegsverbrechen in der Ukraine.
Angesichts der schrecklichen Bilder aus der Ukraine fühlt sich der fast 90-jährige frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum an seine Kindheit und die Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg erinnert. Gemeinsam mit der früheren Bundesjustizministerin und liberalen Parteikollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will Baum den russischen Kriegsverbrechen nicht einfach zuschauen.
Stattdessen will er schon jetzt dafür sorgen, dass sich die Stärke des Rechts gegen das Recht des Stärkeren durchsetzt: "Das Recht ist auch eine Waffe in dieser Situation. Und wir wollen sie nutzen, indem wir das deutsche Recht nutzen."
Kriegsverbrecher auch vor deutschem Gericht
Was viele Bundesbürger gar nicht wissen: Seit zwanzig Jahren gilt in Deutschland das Völkerstrafgesetzbuch. Danach können Straftäter für Kriegsverbrechen vor einem deutschen Gericht angeklagt werden. Und zwar auch dann, wenn die Taten gar nicht in Deutschland begangen wurden und keine Deutschen beteiligt waren.
Sobald sich Verantwortliche für Kriegsverbrechen oder Soldaten, die sie ausgeführt haben, von ihrem Heimatland ins Ausland begeben, so Leutheusser-Schnarrenberger, müssen sie mit einer Festnahme und Anklage vor einem deutschen Gericht rechnen: "Kein Kriegsverbrecher, keiner, der sich an diesen fürchterlichen Taten beteiligt, ist sicher. Der ist an keinem Ort der Welt sicher."
Anzeige gegen alle Beteiligten
Deutschland hat somit eine internationale Vorreiterrolle bei der Bestrafung von Kriegsverbrechen. So mussten sich bereits syrische Staatsangehörige vor deutschen Gerichten wegen Kriegsverbrechen verantworten. Die Strafanzeige, die Baum und Leutheusser-Schnarrenberger beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe einreichten, umfasst 40 Seiten. Weitere hundert Seiten im Anhang geben konkrete Hinweise auf Kriegsverbrechen, wie zuletzt in Butscha.
Der Anwalt Nikolaos Gazeas half bei der Zusammenstellung der Fakten für die Anzeige. Diese - so Gazeas - richte sich nicht nur gegen die russische Führung. Also nicht nur gegen Putin, Lawrow und vielleicht Mitglieder des Sicherheitsrates, sondern auch gegen diejenigen, die ebenso diese Straftaten begangen haben: Das seien die Kommandeure vor Ort in der Ukraine und am Ende des Tages auch jeder Soldat, der diese schlimmen Verbrechen begehe.
"Es wird nichts vergessen"
Mit ihrer Anzeige wollen die beiden liberalen Ex-Minister die ohnehin laufenden Ermittlungen des Generalbundesanwalts unterstützen. Zugleich hofft Baum darauf, dass die Anzeige Kriegsverbrechen nicht nur nachträglich aufarbeiten wird. Ziel der Anzeige sei es auch, potenzielle Kriegsverbrecher abzuschrecken und ihnen möglichst schnell zu vermitteln, dass sie alle schuldig seien, erklärt Baum. "Es wird nichts vergessen. Es wird jetzt ermittelt. Und es müssen Konsequenzen sichtbar werden, denen, die potentielle Täter in der Zukunft sind."
Nicht nur in Deutschland wurden Anzeigen wegen russischer Kriegsverbrechen eingereicht. Auch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ermittelt bereits.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels war die Rede von einer Anklage der ehemaligen Bundesminister. Korrekt ist jedoch, dass es sich um eine Anzeige handelt. Wir haben den Text korrigiert und entschuldigen uns für den Fehler.