Kabinettsklausur in Meseberg Für eine Wiederwahl braucht es mehr
Bei der Klausur in Meseberg hat das Kabinett über Impulse für die Wirtschaft beraten. Und das lässt hoffen. Denn zuletzt war die Ampel mehr mit sich selbst als mit dem Wohl des Landes beschäftigt.
Schon zum fünften Mal hat sich die Ampelregierung in der ländlichen Idylle auf Schloss Meseberg in Klausur begeben. Jedes Mal gab es anschließend die Hoffnung, der viel zitierte "Geist von Meseberg" möge der Regierungsmannschaft zu mehr Teamgeist verhelfen.
Gehalten haben die guten Vorsätze nicht sehr lange. Zu unterschiedlich sind die politischen Vorstellungen der drei Ampelparteien. Insbesondere Grüne und FDP trennen bei vielen Themen Welten. Deshalb ist es gut, dass Scholz und Co - anders als nach früheren Klausuren - nicht mehr vom guten Miteinander schwärmen, sondern ihre Arbeit nüchterner als "Hämmern und Schrauben" beschreiben, das künftig möglichst geräuschloser stattfinden soll.
Wo sind Mut und Tatkraft geblieben?
In der Tat: So schlimm wie zuletzt darf es nicht weiter gehen. Den desolaten Fehlstart nach der Sommerpause haben alle Kabinettsmitglieder als Tiefpunkt erkannt. Dringend nötig ist jetzt eine Rückbesinnung auf die Tugenden des ersten Regierungsjahres. Da bewies die Ampel unter den schwierigen Bedingungen der Zeitenwende Mut und Tatkraft. Die existenzielle Krise des Gasmangel-Winters wurde gut bewältigt. Doch kaum war das geschafft, ging es im zweiten Regierungsjahr immer häufiger um parteipolitische Profilierung.
Wenn nicht bald wieder ein gemeinsames Bemühen um das Wohl des Landes erkennbar wird, werden die Bürger die Ampel in zwei Jahren abwählen.
Auf die Wirtschaft kommt es an
Dass es diesmal in Meseberg vor allem um Wachstumsimpulse für die Wirtschaft ging, lässt hoffen, dass die Ampel den Ernst der Lage erkannt hat. Teure Energiepreise, die hohe Inflation und die überbordende Bürokratie drohen den deutschen Wirtschaftsmotor abzuwürgen. Da kann die Ampel noch so viele Gesetze zu verdienstvollen Themen wie dem Namensrecht oder zur Selbstbestimmung der Geschlechter beschließen.
Wer wiedergewählt werden will, muss dem Erfolgsrezept des früheren US-Präsidenten Bill Clinton folgen: "it's the economy, stupid" - wahlentscheidend ist die Lage der Wirtschaft.
Etliche Gesetze, wenig Zukunftsvision
Das in Meseberg beschlossene Zehn-Punkte-Programm für mehr Wachstum und die Eckpunkte zum Abbau von Bürokratie sind nur erste Schritte. Weitere müssen folgen. Wobei eine Einigung auf einen günstigeren Industriestrompreis auch nach Meseberg nicht in Sicht ist. Zu unterschiedlich sind die Positionen.
Schließlich muss die Ampel, allen voran der Kanzler, besser kommunizieren. Olaf Scholz hat ja Recht: Selten hat eine Regierung in solch kurzer Zeit so viele Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht. Doch Begriffe wie "Wachstumschancengesetz" oder "Zukunftsfinanzierungsgesetz" beeindrucken allenfalls Juristen. Die Herzen der Bürger gewinnt man damit nicht.
Die Ampel muss dringend eine Zukunftsvision vermitteln, wie Deutschland nach dieser schwierigen Umbruchszeit ein stärkeres und moderneres Land werden kann.