Deutschland und die NATO Es geht ums Geld
Während die Haushaltsverhandlungen noch laufen, wird diskutiert, ob Deutschland künftig genug für Verteidigung ausgibt - und das Zwei-Prozent-Ziel der NATO womöglich nur mit einem Trick erreicht.
Egal, ob innerhalb des Militärbündnisses NATO in Brüssel oder innerhalb der Ampelkoalition in Berlin: Geld gehört, dort wie hier, zu den Dauergesprächs- und manchmal auch Streitthemen. Was die NATO betrifft, so hatte man sich bereits im Jahr 2014 - kurz nach der Krim-Annexion durch Russland - vorgenommen, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die Verteidigung auszugeben. Beim Gipfel in Litauen Anfang Juli wird man nun ein noch ehrgeizigeres Ziel formulieren.
"Mit zwei Prozent der Wirtschaftsleistung als Untergrenze - nicht als Deckel", wie NATO-Generalssekretär Jens Stoltenberg in Berlin unterstrich. Er dankte bei der Gelegenheit Kanzler Scholz für die vergangene Woche vorgestellte Nationale Sicherheitsstrategie und lobte die deutsche Ankündigung als "historisch", vom kommenden Jahr an das Zwei-Prozent-Ziel der NATO erreichen zu wollen.
Sondervermögen ermöglicht den Schritt
Nun gehört zur Wahrheit allerdings auch, dass sich die Bundesregierung in ihrer Sicherheitsstrategie zwar zu den zwei Prozent bekennt. Aber im Kleingedruckten eben auch klarstellt, dass sie dieses Ziel im mehrjährigen Durchschnitt anpeilt, sich also eine Hintertür offenlässt für den Fall, dass es eben nicht in jedem einzelnen Jahr mit den zwei Prozent klappt.
"Weil es wegen der Bestellungen ja mal sein kann, dass man in einem Jahr mehr ausgibt - und sich das dann als Welle gewissermaßen ausgleicht. Aber unsere Perspektive sind die zwei Prozent", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz auf Nachfrage. Wer hier genau hinhörte, konnte durchaus den feinen Unterschied zur Wortwahl Stoltenbergs heraushören, der klarstellte, dass aus seiner Sicht zwei Prozent nur das Minimum dessen darstellen, was er von den NATO-Staaten erwartet.
Ohnehin wird Deutschland dieses NATO-Ziel nur mithilfe des 100-Milliarden-Sondervermögens erreichen können. Was den regulären Verteidigungshaushalt angeht, so hatte Ressortchef Boris Pistorius die Erwartungen an eine Erhöhung zuletzt erheblich heruntergeschraubt. Die dürfte jedenfalls weit unter den anfangs erhofften zehn Milliarden Euro zusätzlich liegen.
Zähe Haushaltsverhandlungen
Noch laufen die Verhandlungen mit Finanzminister Christian Lindner. Weshalb Kanzler Scholz der Frage denn heute auch auswich. Der nur noch einmal betonte, dass man die zwei Prozent im kommenden Jahr erreichen werde. Und dann an Stoltenberg, den er duzt, gewandt anfügte: "Ansonsten mache ich mir - wenn Du nicht auf Copyright bestehst - die vorletzte Antwort des Generalsekretärs zu 100 Prozent zu eigen." - "Kein Problem", so die Antwort Stoltenbergs.
Er habe als Politiker und Premierminister Norwegens selbst erlebt, wie schwierig es sei, Verteidigungsausgaben zu erhöhen. "Wenn sie mehr für Verteidigung ausgeben, ist weniger für Gesundheit, Bildung und andere wichtige Dinge da. Aber die Wahrheit ist: In einer gefährlicheren Welt können wir uns Themen wie dem Klimawandel und Wohlstand nicht widmen, wenn wir keinen Frieden und keine Sicherheit haben." So argumentiert Stoltenberg. Und vielleicht ja auch bald der Bundeskanzler. Was nicht ausschließt, dass in Brüssel wie in Berlin weiter ums Geld gerungen wird.