NATO-Generalsekretär Bleibt Stoltenberg doch im Amt?
Eigentlich wollte NATO-Generalsekretär Stoltenberg im September nach neun Jahren sein Amt niederlegen. Doch die Nachfolgefrage ist völlig ungeklärt. Verteidigungsminister Pistorius befürwortet deshalb eine Vertragsverlängerung.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat sich für eine Verlängerung der Amtszeit von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ausgesprochen. Wenn sich das Bündnis nicht auf eine Nachfolge verständigen könne, sei er "natürlich für eine Verlängerung, zumal ich die Zusammenarbeit schätze", sagte der SPD-Politiker zum Auftakt eines NATO-Treffens in Brüssel. Pistorius ist der erste hochrangige Politiker der Allianz, der sich offen für den Norweger ausspricht.
Eigentlich wollte Stoltenberg im September nach neun Jahren aufhören. Doch dafür müssten sich die 31 Mitgliedsstaaten bis zum NATO-Gipfel Anfang Juli in Vilnius auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger geeinigt haben - und eine solche Einigung zeichnet sich bislang nicht ab.
Stoltenberg will sich nicht einmischen
Stoltenberg selbst will sich nicht in die schwierige Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger einmischen. Die Entscheidung darüber sei Sache der Mitgliedstaaten. Ob er selbst bei einem entsprechenden Angebot der Alliierten länger als geplant bleiben würde, ließ der 64-Jährige offen und betonte lediglich, dass er von sich aus keine Vertragsverlängerung anstrebe.
Wie das schwedische Radio berichtete, soll US-Präsident Joe Biden Stoltenberg bereits gebeten haben, sein Amt weiterzuführen. Offiziell bestätigt ist das aber nicht. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin dankte Stoltenberg beim NATO-Treffen in Brüssel ausdrücklich für seine geleistete Arbeit: "Danke für dein Leadership", sagte Austin. "Es ist wirklich eine beeindruckende Führungsstärke, die du hier zeigst. Wir sind dankbar für deinen Dienst an der NATO und für die Opfer, die du bringst."
Mandat Stoltenbergs schon dreimal verlängert
Der Vertrag von Stoltenberg als NATO-Generalsekretär war zuletzt im März 2022 kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine um ein weiteres Jahr bis zum 30. September 2023 verlängert worden. Eigentlich hatte der frühere norwegische Regierungschef bereits im vergangenen Jahr aufhören und zurück in seine Heimat gehen wollen. Das Mandat Stoltenbergs wurde insgesamt bereits dreimal verlängert.
Eine europäische Diplomatin bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass sich für Stoltenberg eine weitere Verlängerung beim Gipfel in Litauen am 11. und 12. Juli abzeichne. Ihr zufolge gilt es als wahrscheinlich, dass die Staats- und Regierungschefs Stoltenberg bitten, bis zum NATO-Jubiläumsgipfel in Washington im Sommer 2024 im Amt zu bleiben. Dort feiert die Allianz ihr 75-jähriges Bestehen.
Frederiksen und Wallace als Alternativen?
Als mögliche Kandidaten für eine Nachfolge Stoltenbergs galten zuletzt die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Beide sind im Kreis der Mitgliedstaaten allerdings nicht unumstritten. Als Argument gegen Wallace wird in EU-Staaten genannt, dass er nie Staats- und Regierungschef war und nicht aus einem EU-Land stammt. Gegner von Frederiksen verweisen unter anderem darauf, dass der wichtige NATO-Posten nicht erneut mit jemandem aus einem nördlichen Bündnisstaat besetzt werden sollte.
Frederiksen selbst sagte nun, sie würde eine Verlängerung für Stoltenberg "absolut" unterstützen. Stoltenberg sei an der Spitze der NATO über viele Jahre hinweg einfach hervorragend gewesen. Wenn man ihn dazu bringen könne, weiterzumachen, dann halte sie dies für "eine richtig, richtig gute Lösung". Auf die Frage, ob sie an dem Job interessiert sei, antwortete sie, glücklich als dänische Ministerpräsidentin zu sein. "Nein, ich bin nicht auf dem Weg zur NATO."
Mit Informationen von Stephan Ueberbach und Helga Schmidt, ARD-Studio Brüssel