Scholz im TV-Interview Der Kanzler als Politik-Erklärer
Vier Bürger und ein Kanzler - beim Sender RTL hat sich Scholz den Fragen und Sorgen der Menschen gestellt. Im Mittelpunkt standen der Ukraine-Krieg und die Folgen: von Energiekosten über Inflation bis hin zu Waffenlieferungen.
Wo ist eigentlich der Kanzler? Diese Frage musste zuletzt niemand mehr stellen. Olaf Scholz gibt Interviews, erklärt sich im Bundestag, hält eine Fernsehansprache. Ist er damit ein guter Politik-Erklärer? Da gibt es deutlich mehr Zweifel. Nur bei ihm selbst nicht. "Ich bin nicht sicher, ob das wirklich zutrifft, wenn man mal anguckt, was alles gesagt worden ist, aber ich akzeptiere das einfach", sagte er in der Sendung "RTL direkt".
Von vier Bürgerinnen und Bürgern in der Sendung befragt, unternahm Scholz einen neuen Anlauf: mit einem Themen-Marathon von Mindestlohn über 9-Euro-Ticket bis hin zu Waffenlieferungen. Gut eine Stunde lang erklärte Scholz sich und seine Regierung. Oft mit vertrauten Aussagen, immer sachlich, immer geduldig.
Fast immer geduldig: Auf Fragen, warum viele Hilfen so lange dauerten, wird der Kanzler grundsätzlich. "Dass kann ich ihnen jetzt nicht versprechen, dass ich alle Gesetze, das ganze Grundgesetz, unsere Verfassung, unsere Freiheit außer Kraft setze, die darauf beruht, dass man Geld erst ausgeben kann, wenn man ein Gesetz gemacht hat", so Scholz.
Scholz hofft weiter auf Ampelkoalition in NRW
Der Abend war auch der Abend nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen mit einem historisch schlechten Ergebnis für die SPD. Nach ihrem Wahlsieg im Bund hatte die Partei eigentlich auf ein sozialdemokratisches Jahrzehnt gesetzt. Doch das währte nur wenige Monate. Dennoch hofft auch der Kanzler immer noch. "Die Parteien, die in Berlin, hier in Deutschland, die Bundesregierung stellen, haben eine Mehrheit im Landtag. Vielleicht ergibt sich daraus ja auch was."
Sprich: eine Ampel für Nordrhein-Westfalen. Klar sei, dass nun zunächst Wahlgewinner Hendrik Wüst von der CDU Gespräche führen werde, so Scholz. Aber es sei in der Geschichte Deutschlands schon "ziemlich oft" vorgekommen, dass nicht die stärkste Partei den Regierungschef stelle.
"Sorgen dürfen uns nicht lähmen"
Ganz wie seine Vorgängerin Angela Merkel ist auch Scholz nicht jemand, der für große sichtbare Gefühle steht. Der den Tränen nahen Ukrainerin Viktoria Prytuliak erläuterte er stattdessen minutenlang deutsche Waffenlieferungen. Einen Besuch in Kiew schloss der Kanzler zwar nicht aus, aber: "Ich werde mich nicht einreihen in eine Gruppe von Leuten, die für ein kurzes Rein-und-Raus mit einem Fototermin was machen, sondern wenn, dann geht es immer um ganz konkrete Dinge und die müssen so weit sein, die müssen vorbereitet sein."
Ein baldiges Kriegsende erwartet Scholz nicht. "Wir müssen uns Sorgen machen, dass es seine Eskalation des Krieges gibt, aber das darf uns ja nicht lähmen." Kein russischer Diktatfrieden, keine Entscheidungen über die Ukraine hinweg, keine direkte Verwicklung in den Krieg, so erklärte der Kanzler noch einmal seine Leitlinien. Wann aber nun beispielsweise genau die Gepard-Panzer geliefert werden, dazu nichts Neues.
Am Ende von gut einer Stunde Politik-Erklärung bleiben skeptische Blicke und ein Kanzler, der sagt: In Zeiten des Krieges und großer Verunsicherung müsse man sich eben ständig neu erklären "und akzeptieren, dass das nicht von einem auf an den anderen Tag dazu führt, dass alle Sorgen und Fragen verschwinden".