Bundestag zu Waffenlieferungen Der abwesende Kanzler
Die Debatte im Bundestag über die Lieferung schwerer Waffen verlief kontrovers - trotz erwartbarem Ausgang. Es wirkte fast wie eine Generaldebatte. Nur einer fehlte.
Als die Debatte beginnt, ist Olaf Scholz schon in Japan. Im Parlament wird über schwere Waffenlieferungen debattiert. Formal gesehen geht es heute nur um einen Entschließungsantrag. Doch die Debatte dazu hat vielmehr die Anmutung einer Generaldebatte. Fehlt nur die Regierungserklärung, der Kanzler.
Zumindest nutzt der Unionsfraktionschef das Parlament, um der Regierungskoalition noch einmal klarzumachen, wer den Weg für die Lieferung schwerer Waffen forciert hat. Friedrich Merz wirft Scholz vor: "Der Bundeskanzler hat über Wochen die Diskussion über die Frage, ob der Ukraine denn nun Waffen geliefert werden sollten oder nicht, hingehalten, offengelassen, ausweichend beantwortet." Das sei nicht Besonnenheit kritisiert Merz, sondern "Zögern, Zaudern, Ängstlichkeit".
Die Regierung wehrt sich, wo es geht
Merz macht deutlich, dass er seine Kritik lieber dem Kanzler persönlich gesagt hätte. Doch Scholz ist auf Reisen. Geplant war das allerdings nicht erst seit gestern. Das hätte die Opposition auch wissen können. Absagen wollte Scholz die Reise aber auch nicht und das nutzt die Opposition nun für sich.
SPD-Chef Lars Klingbeil verteidigt den Kanzler und greift den Oppositionsführer an. Klingbeil fordert von Merz mehr Staatstreue. Er habe die Chance gehabt eine "staatspolitische Rede zu halten, sie ist aber parteipolitisch geworden". Parteitaktik sei nicht angebracht, so Klingbeil weiter, "hier ist nicht der Platz für parteipolitische Profilierung".
Ein schönes Wortgefecht. Wenn man es politisch betrachtet, machte das Zuhören zeitweise richtig Freude. Da ist wieder rhetorische Bewegung im Parlament. Ein Oppositionsführer, der gegen die Regierung stichelt, wo er kann. Und eine Regierung, die sich wehrt, wo es geht.
SPD ringt noch immer mit Zeitenwende
Doch fast geht hinter viel Getöse verloren, dass es sich hier um eine Zeitenwende handelt. Schwere Waffen zu liefern - eine Forderung, die einige schneller beantworten können. Bei Grünen, FDP und Union zeigt sich schnell Einigkeit, die sie entschlossen nach außen tragen. Andere tun sich schwer. Ihre Zerrissenheit ist ebenfalls sichtbar.
Waffenlieferungen bereiten vielen Sozialdemokraten Bauchschmerzen. Auch Linke und AfD distanzieren sich von dem nun gemeinsamen Antrag der Ampelkoalition mit der Unionsfraktion. Schaut man in das Gesicht von Rolf Mützenich in diesen Tagen, dann wird klar, wie sehr Teile der SPD mit dieser Zeitenwende ringen und wie schwer es ihnen fällt, sie umzusetzen. Auch davon ist in dieser Debatte viel zu spüren.
Und so wirkt es am Ende fast so, als bräuchte es den großen Überbau, einen der seine Partei an die Hand nimmt, der ihre Zweifel versteht und die Enden zusammenführen kann.
Scholz hat die Zeitenwende ausgerufen. Jetzt erwarten viele Parlamentarier, nicht nur in der Opposition, dass er auch klar macht, wie er das Land durch diese Krise und diese Zeitenwende steuern will. Und so verhallt der Ruf nach einer Regierungserklärung heute vorerst. Die Erwartungshaltung aber bleibt. Und die Opposition wird sie weiter einfordern.