Merz, Scholz und Migrationspolitik Einfach ohne FDP und Grüne?
CDU-Chef Merz verlangt vom Kanzler einen Kurswechsel in der Migrationspolitik: keine Tabus und ein gemeinsames Vorgehen notfalls auch ohne FDP und Grüne. Scholz begrüßt das Angebot zur Zusammenarbeit - kontert aber inhaltlich.
Friedrich Merz bleibt bei seinem "es reicht". Statt der üblichen Floskeln und statt der Debatten darüber, was alles nicht gehe, müsse man jetzt endlich zu Entscheidungen kommen, fordert der CDU-Parteichef: "Wenn etwas rechtlich, gesetzlich nicht möglich ist, dann müssen wir - und dafür sind wir gewählte Abgeordnete, dann müssen wir die Gesetze ändern."
Ob Asylbewerberleistungsgesetz, Aufenthaltsrecht, Polizeigesetz, Grundgesetz oder europäische Regeln: Aus Sicht des CDU-Parteichefs darf es kein Tabu mehr geben, um irreguläre Migration einzudämmen. Wenn es europarechtlich nicht möglich sei, Menschen, die aus einem sicheren Drittstaat kommen, an der deutschen Grenze zurückzuweisen, dann müsse man eben eine nationale Notlage erklären.
"Auch mit dem Teufel sprechen"
Abschiebungen nach Afghanistan, nach Syrien - alles möglich und machbar, meint Merz. Wenn man denn wolle. "Und ja, natürlich, man muss dann auch mit dem Teufel sprechen."
Will sagen: mit den Taliban oder dem syrischen Machthaber Bashar al-Assad. Beides Regime, die Deutschland nicht anerkennt und zu denen es deshalb auch keine diplomatischen Beziehungen gibt. "Aber zunächst einmal aus Syrien niemanden aufzunehmen, erfordert keine Gespräche mit Herrn Assad." Ein Aufnahmestopp für Syrer also oder auch für Afghanen - aus Sicht des Christdemokraten kein Problem.
Um endlich zu Lösungen zu kommen, habe er dem Kanzler eine Zusammenarbeit angeboten: "Also wenn wir uns zusammenraufen, Union und SPD, dann brauchen wir weder die FDP noch die Grünen, um entsprechende gesetzliche Änderungen zu vollziehen." Die nämlich hat Merz als die eigentlichen Bremser für entsprechende Gesetzesänderungen ausgemacht.
Als Bewerbung als neuer Koalitionspartner will Merz das Angebot nicht verstanden wissen. Aber CDU und CSU seien ja nicht unschuldig daran, dass die irreguläre Migration aus dem Ruder gelaufen sei. Ein Seitenhieb, ganz nebenbei, in Richtung Angela Merkel.
"Es gelten die Regeln der Europäischen Union"
Der Kanzler findet es grundsätzlich richtig, dass der Oppositionsführer in dieser Frage Zusammenarbeit anbietet. "Aber genau so richtig ist, dass wir das machen entlang der Prinzipien, die für die Demokratie und die Art und Weise, wie wir dieses Land miteinander gestalten, wichtig sind", sagt Olaf Scholz bei einem Wahlkampfauftritt in Jena. "Es gelten unsere internationalen Verträge. Es gelten die Regeln der Europäischen Union. Es gilt das, was unser Grundgesetz uns vorschreibt."
Praktische Vorschläge seien willkommen, betont der Kanzler. Tabubrüche aber, wie Merz sie andeutet - das wird deutlich - fallen für ihn nicht in diese Kategorie. Die Abschiebung von Straftätern nach Syrien und Afghanistan, daran arbeite die Bundesregierung bereits: "Da gibt es jetzt ja diejenigen, die schnelle Sprüche haben: 'Muss man einfach machen.' Aber wir wissen, dass das harte Arbeit ist."
"Wir wollen den Pfad fortsetzen"
Davon, dass ihm das Land entgleite - wie Merz behauptet -, will der Kanzler nichts wissen. Er gibt sich in Jena kämpferisch: "Und statt der Sprücheklopfer und der Dahinten-Reinrufer haben wir sogar gehandelt: Mit ganz vielen Gesetzen haben wir die Grundlage dafür geschaffen, dass die Zahl derjenigen, die irregulär nach Deutschland kommen, zurückgegangen ist. Und wir wollen den Pfad fortsetzen."
Das gilt auch für Rückführungen und Abschiebungen. Von denen es jetzt mehr gebe als früher, betont Scholz. Die Bundesregierung wolle und müsse die irreguläre Migration begrenzen. Sie sei zu hoch.
Scholz begrüßt es deshalb, wenn Regierung und Opposition zusammenarbeiten. Allerdings nicht quer durcheinander, sondern miteinander. Was wohl heißen soll: nicht ohne die FDP und die Grünen.