Treffen von Scholz und Merz Eine Stunde für die Migrationspolitik
Im Kanzleramt haben Kanzler Scholz und CDU-Chef Merz über die Migrationspolitik gesprochen. Merz hatte vorher Forderungen aufgestellt - aus Sicht der Regierung sind diese aber rechtlich nicht umsetzbar. Am Nachmittag will sich Merz äußern.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz haben sich für gut eine Stunde im Kanzleramt getroffen, um über die Migrationspolitik und vor allem über Konsequenzen aus dem Messeranschlag von Solingen zu sprechen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa traf der CDU/CSU-Fraktionschef im Bundestag um kurz vor 9 Uhr in der Regierungszentrale ein, wenige Minuten später kam dann auch Scholz selbst. Gegen 10.15 Uhr verließ Merz das Kanzleramt wieder, ohne sich zu dem Gespräch zu äußern.
Kurswechsel in der Migration gefordert
Merz will heute Nachmittag um 15 Uhr die Öffentlichkeit über die Ergebnisse informieren. Als Thema der Pressekonferenz wurde genannt: "Konsequenzen aus Solingen".
Die CDU fordert einen Kurswechsel in der Migrationspolitik - mit dem Ziel, die Zahl der Zuwandernden stark zu begrenzen. Merz hatte der Bundesregierung nach der Messerattacke erneut eine Zusammenarbeit in der Migrationspolitik angeboten und einen Forderungskatalog vorgelegt.
Unionsforderung verfassungsrechtlich bedenklich?
Er enthält einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan und die generelle Möglichkeit, abgelehnte Asylbewerber wieder in diese beiden Länder abzuschieben. Wie ein solcher Aufnahmestopp rechtlich und praktisch umgesetzt werden soll, ließ Merz aber offen.
Die Bundesregierung hält die Forderung unter Verweis auf das individuelle Asylrecht im Grundgesetz für verfassungsrechtlich bedenklich. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte am Montag mit Blick auf das Gespräch gesagt: "Es muss natürlich immer um Vorschläge gehen, die nicht gegen das Grundgesetz verstoßen oder die UN-Menschenrechtscharta oder Ähnliches." Mögliche Vereinbarungen müssten "vernünftig und zielführend" sein.
Keine diplomatischen Beziehungen
Neben den rechtlichen stellen sich auch praktische Fragen. So müssen abgeschobene Flüchtlinge von den Herkunftsländern auch wieder aufgenommen werden. Deutschland unterhält derzeit aber weder zu den Taliban-Machthabern in Afghanistan noch zur Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad diplomatische Beziehungen. Die Bundesregierung führt allerdings vertrauliche Verhandlungen mit Drittstaaten, über die Abschiebungen möglicherweise organisiert werden könnten.
Menschenrechtler weisen zudem darauf hin, dass ein Grund für die Flucht aus Afghanistan und Syrien gerade auch die Gewalt von Islamisten - etwas des sogenannten Islamischen Staats (IS) - gegen ethnische oder religiöse Minderheiten in diesen beiden Ländern sei.
Auslöser der aktuellen Debatte war der Anschlag von Solingen, der mutmaßlich von einem aus Syrien stammenden Mann verübt wurde, der sich zur IS-Ideologie bekannt haben soll.
Scholz bot "Deutschlandpakt" an - Merz unzufrieden
Im September 2023 hatte Scholz der Union im Bundestag einen so genannten "Deutschlandpakt" vorgeschlagen, mit Zusammenarbeit in Bereichen wie Bürokratieabbau, Planungsbeschleunigung und Migration. Der Kanzler und Merz hatten damals Gespräche zum Thema geführt.
Mit einem anschließend Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen, das Scholz und die Ministerpräsidenten - auch die unionsgeführten - bei einem Migrationsgipfel beschlossen, zeigte sich Merz dann aber unzufrieden und erteilte einer weiteren Zusammenarbeit eine Absage.
Scholz habe es abgelehnt, eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Regierung und Union zur Steuerung der Zuwanderung einzusetzen. "Damit ist das Thema Deutschlandpakt zum Thema Migration aus meiner Sicht erledigt", sagte Merz Anfang November 2023.