Gedenken an die Opfer vom Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz.
Chronologie

Anschläge und Anschlagspläne Islamistischer Terror in Deutschland

Stand: 26.08.2024 11:49 Uhr

Islamistische Terrornetzwerke wie Al Kaida oder der "Islamische Staat" exportieren ihr Gedankengut auch in den Westen - auch mit tödlichen Folgen. Eine Übersicht über die islamistischen Anschläge in Deutschland.

Von Frank Bräutigam, ARD-Rechtsredaktion

Köln, Juli 2006: Deutschland entgeht nur knapp einem Bombenanschlag auf zwei Regionalzüge. Einer der Täter, Youssef H., deponiert am Kölner Hauptbahnhof einen Sprengsatz in einem Regionalzug nach Koblenz, versteckt in einem Rollkoffer. Nur wegen eines technischen Fehlers kommt es nicht zu einer folgenschweren Explosion.

Wenige Wochen später wird Youssef H. festgenommen. 2008 verurteilt ihn das Oberlandesgericht Düsseldorf zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe.

Sauerland, September 2007: In einem Ferienhaus im sauerländischen Medebach nehmen Sicherheitskräfte die beiden Deutschen Fritz G. und Daniel S. sowie den türkischen Staatsbürger Adem Y. fest. Gemeinsam bilden sie die sogenannte Sauerland-Gruppe. Mindestens 150 Menschen sollten bei Autobombenanschlägen sterben, so ihre Pläne.

Die drei Männer und ein Helfer werden im März 2010 zu Haftstrafen von fünf bis zwölf Jahren verurteilt.

Frankfurt am Main, März 2011: Am Terminal 2 des Frankfurter Flughafens werden zwei US-Soldaten durch Schüsse getötet, zwei weitere werden verletzt. Verantwortlich: der junge Kosovo-Albaner Arid. U. Die Tat hatte einen islamistischen Hintergrund. Arid U. hatte sich allmählich über das Internet radikalisiert. Aber er war ein Einzeltäter, ohne Verbindung zu Terrornetzwerken wie Al Kaida. 2012 wird er zu lebenslanger Haft verurteilt.

Bonn, Dezember 2012: Auf Bahnsteig 1 des Bonner Hauptbahnhofs wird eine Bombe gefunden. Der Sprengsatz explodierte wahrscheinlich nur deshalb nicht, weil Bombe und Zünder nicht stabil genug zusammengebaut waren. Der mutmaßliche Haupttäter: Marco G., ein zum Islam konvertierter Deutscher.

Nach 155 Prozesstagen verurteilt ihn das Oberlandesgericht Düsseldorf im April 2017 zu lebenslanger Haft - unter anderem wegen versuchten Mordes und Gründung einer terroristischen Vereinigung.

Hannover, Februar 2016: Bei einer Personenkontrolle am Hauptbahnhof in Hannover zieht die 15-jährige Deutsch-Marokkanerin Safia S. plötzlich ein Messer und verletzt einen Bundespolizisten lebensgefährlich. Sie habe sich von Mitgliedern des selbst ernannten "Islamischen Staats" (IS) überzeugen lassen, eine "Märtyreroperation" in Deutschland durchzuführen, so die Bundesanwaltschaft.

Im Januar 2017 verurteilt das OLG Celle Safia S. wegen versuchten Mordes und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu sechs Jahren Jugendstrafe.

Würzburg, Juli 2016: In einer Regionalbahn bei Würzburg geht ein junger Mann mit Axt und Messer auf Mitreisende los. Er verletzt vier Touristen aus Hongkong. Zwei von ihnen lebensgefährlich. Der Täter flüchtet, greift später ein Spezialeinsatzkommando der bayerischen Polizei an. Die Beamten erschießen ihn.

Bei dem Täter handelte sich um einen Flüchtling. Bei seiner Einreise hatte er angegeben, 17 Jahre alt zu sein und aus Afghanistan zu stammen. Im Internet kursiert kurz darauf ein Bekennervideo von ihm, das der IS veröffentlicht haben soll.

Ansbach, Juli 2016: Nur wenige Tage später sprengt sich ein 27-jähriger Syrer im fränkischen Ansbach in die Luft. Er hatte zuvor versucht, Zugang zu einem Musikfestival zu bekommen, wurde aber nicht eingelassen. Er zündet den Sprengsatz darauf in der Nähe der Kasse und verletzt 15 Menschen. Er selbst stirbt.

Bis unmittelbar vor der Tat soll er per Handy Kontakt zum sogenannten IS gehabt haben. Später finden die Ermittler auf dem Gerät ein Video, in dem er sich zu der Terrororganisation bekennt.

Berlin, 19. Dezember 2016: Kurz nach 20 Uhr rast ein Lkw über den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Dabei werden elf Menschen getötet, mehr als 50 verletzt, einige von ihnen schwer. Auf dem Beifahrersitz finden die Ermittler ein zwölftes Todesopfer, den eigentlichen Fahrer des polnischen Lkw.

Der Attentäter, der Tunesier Anis Amri, entkommt zunächst unerkannt, später wird öffentlich nach ihm gefahndet. Amris Flucht endet dreieinhalb Tage später in Norditalien, wo er bei einem Schusswechsel von einem italienischen Polizisten erschossen wird. Anschließend veröffentlicht das IS-Sprachrohr Amak ein Video, in dem Amri dem IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi die Treue schwört.

Hamburg, Juli 2017: In einem Supermarkt tötet der 26-Jährige Ahmad A. mit einem Messer einen Mann und verletzt mehrere Menschen lebensgefährlich. Passanten verfolgen den Täter und können ihn überwältigen. Der Generalbundesanwalt hat Ahmad A. als radikal-islamistischen Einzeltäter angeklagt. Inzwischen wurde Ahmad A. wegen Mordes verurteilt.

Dresden, Oktober 2020: In der Dresdner Innenstadt greift ein Mann zwei homosexuelle Touristen mit einem Messer an. Ein 55-Jähriger aus Krefeld stirbt später im Krankenhaus. Sein 53-jähriger Begleiter aus Köln überlebt schwer verletzt.

Kurz darauf wird ein 20 Jahre alter Syrer festgenommen. Der junge Mann ist vorbestraft. 2018 war er vom Oberlandesgericht Dresden unter anderem wegen Werbens für Mitglieder und Unterstützer einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Er galt als Gefährder und stand nach seiner Haftentlassung unter Führungsaufsicht. Für die Messerattacke wurde er inzwischen zu lebenslanger Haft verurteilt.

Duisburg, April 2022: Der Syrer Maan D. tötet in der Duisburger Altstadt einen Passanten mit zahlreichen Messerstichen und entkommt zunächst. Neun Tage später sticht er in einem Fitnessstudio wahllos auf mehrere Männer ein, verletzt sie zum Teil lebensgefährlich. Die Bundesanwaltschaft klagt ihn wegen Mordes und versuchten Mordes an.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilt ihn schließlich zu lebenslanger Haft und ordnet die anschließende Sicherungsverwahrung an. Im Prozess hatte sich D. zum "Islamischen Staat" bekannt.

Mannheim, Mai 2024: Auf dem Mannheimer Marktplatz greift ein Mann mit einem Jagdmesser die Veranstalter einer islamkritischen Kundgebung an. Der aus Afghanistan stammende Sulaiman A. verletzt dabei mehrere Menschen. Nach einem Handgemenge sticht er auch auf den herbeigeeilten Polizisten Rouven L. ein. Zwei Tage später erliegt der Polizeibeamte im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.

Der Generalbundesanwalt wertet die Tat als religiös motiviert und zieht das Ermittlungsverfahren wegen der besonderen Bedeutung an sich.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 25. März 2024 um 08:12 Uhr.