Grüne zur Asyl-Reform "Keine Einigung um jeden Preis"
Laut Bundesinnenministerin Faeser ist sich die Ampelkoalition einig, Asylverfahren an den EU-Außengrenzen anzustreben. Doch Grünen-Chef Nouripour erklärte nun, dass die Zustimmung seiner Partei noch offen sei. Andere Grüne äußern offen Kritik.
Die Grünen zeigen sich grundsätzlich offen für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, stellen aber Bedingungen. Zur möglichen Zustimmung seiner Partei zum Vorstoß von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte Grünen-Chef Omid Nouripour im ZDF: "Das hängt vom Paket ab."
Voraussetzung seien unter anderem verbindliche Verteilungsmechanismen für die Flüchtlinge in der Europäischen Union. Transitzentren an den Außengrenzen für Asylsuchende lehnte er ab: "Wir reden über Grenzverfahren und nicht über Transitzentren." Es brauche Lösungen auf europäischer Ebene. "Die Frage der Registrierung der Leute ist nicht dasselbe wie ein Asylverfahren. Was sicher nicht geht ist, Grundrechte aushebeln und die Leute davon abzuhalten, dass sie einen Asylantrag stellen, der dann auch überprüft wird. Wir brauchen Humanität und Ordnung", erklärte er und betonte dabei das Wort "und". "Es wird keine Einigung geben für uns um jeden Preis."
Faeser sieht Chance für Asyl-Durchbruch
Am Wochenende hatte Faeser für Verfahren an der EU-Außengrenze geworben. Sie setze sich seit Längerem dafür ein, dass die Verteilung innerhalb Europas besser werden müsse, betonte sie im Bericht aus Berlin. Nun sei sich die Ampelkoalition einig, dass man ein gemeinsames Asylsystem voranbringen wolle. Dazu zählen auch Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, in denen Migrantinnen und Migranten registriert, erfasst und identifiziert würden.
"Ich glaube, dass es unglaublich wichtig ist, die Registrierung, die Identifizierung bereits zum frühestmöglichen Zeitpunkt durchzuführen, damit wir eben auch offene Grenzen in Europa nach wie vor haben können", sagte Faeser. Die Verfahren sollen nach Angaben der Bundesinnenministerin nicht länger als zwölf Wochen dauern. Es bestehe derzeit die Chance mit anderen europäischen Staaten ein gemeinsames Asylsystem auf den Weg zu bringen. Deutschland arbeite dabei mit Frankreich, Italien, Spanien, Schweden und Belgien zusammen.
Kritik von Marquardt
Deutliche Kritik an Faeser kam vom Grünen-Europaabgeordneten Erik Marquardt. Er sagte im Deutschlandfunk, es sei ein sehr schlechter Vorschlag, mit dem sie Rechtspopulisten auf den Leim gehe. Schon jetzt seien durch das geltende Dublin-System die Staaten an den Außengrenzen in der Verantwortung, Asylverfahren durchzuführen. Doch dort würden immer wieder Migranten mit Gewalt abgewiesen oder durchgewinkt. Der Vorschlag sei nicht neu, sondern bereits gescheitert.
Im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem ist festgelegt, wie mit Asylsuchenden in der EU umgegangen wird. Laut der sogenannten Dublin-Verordnung muss ein Geflüchteter dort um Asyl bitten, wo er die EU erstmals betreten hat. Viele Mittelmeerstaaten erfassen faktisch aber nicht mehr alle Migranten, die dann in andere Staaten weiterziehen.
"Dreistes Ablenkungsmanöver"
Kritik kommt auch aus der Union. Der Innenexperte der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), sagte der "Welt", die Pläne der Bundesregierung zu den Asylverfahren an den EU-Außengrenzen blieben hinter dem Vorschlag der EU-Kommission zurück. "Damit werden die Verfahren ineffektiv und das schadet vor allem Deutschland als Hauptzielland von Flucht in Europa."
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einem "dreisten Ablenkungsmanöver". Die Innenministerin werfe Nebelkerzen anstatt irreguläre Migration zu begrenzen, sagte er der "Augsburger Allgemeinen". Vielmehr schaffe die Ampel ständig neue Anreize für zusätzliche Migration und überfordere damit Städte und Gemeinden. "Die Ampel muss aufhören, Migranten ohne Bleibeperspektive auf die Kommunen zu verteilen und endlich die Mittel zur Verfügung stellen, damit die Unterbringung von Schutzbedürftigen weiter möglich ist."
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte einen "neuen Kurs in der Migrationspolitik": "Wenn die irreguläre Migration nicht zusehends begrenzt wird, wird auch die Akzeptanz der Menschen vor Ort für Einwanderung und Integration schwinden", sagte er den Funke-Zeitungen. Die "katastrophalen Fehler" der Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) dürften nicht wiederholt werden.