Geflüchtete Kinder Schulplatz gesucht
Durch den Krieg sind Hunderttausende ukrainische Kinder und Jugendliche nach Deutschland gekommen. Schulplätze für sie zu finden ist schwierig - eine Belastung für Geflüchtete und die Kommunen.
"Die Kinder langweilen sich in der Schule, besonders im Mathematikunterricht", sagt Natalia. Im März ist sie mit ihrer elfjährigen Tochter und dem 13-jährigen Sohn nach Düsseldorf geflohen. In der Ukraine gehörten die beiden nach Darstellung der Mutter zu den Klassenbesten, in Deutschland gehen sie auf die Hauptschule.
Alle ihre Bemühungen, Schulplätze an Realschulen oder Gymnasien zu finden, seien bislang gescheitert, erzählt Natalia. Sie habe sämtliche Schulen in der Umgebung kontaktiert, nirgendwo sei Platz. Das Schulamt habe ihre Anfrage bislang unbeantwortet gelassen, so die Ukrainerin.
Eine andere Mutter aus der Ukraine berichtet, ihrem sechsjährigen Sohn sei in Köln lediglich eine Schule angeboten worden, für deren Schulweg er dreimal hätte umsteigen müssen. Als Notlösung habe sie einen Platz an einer russischsprachigen Privatschule organisiert, so die Mutter. Nun zahle die Familie 140 Euro Schulgeld pro Monat, obwohl sie nur wenig Geld zur Verfügung habe. Sie wünsche sich eine "normale Schule" für ihren Sohn, sagt die Mutter.
Räume und Lehrpersonal sind knapp
Der Not der geflüchteten Familien stehen knappe Ressourcen in den Kommunen gegenüber. Allein in Nordrhein-Westfalen waren im Sommer fast 4400 Lehrerstellen unbesetzt, außerdem fehlt es an Räumlichkeiten für den Unterricht. Bis Ende August wurden nach Angaben des nordrhein-westfälischen Schulministeriums für rund 35.000 Personen Schulplätze gefunden. Mehr als 2000 ukrainische Kinder und Jugendliche in NRW hatten bis dahin aber noch überhaupt keinen Schulplatz.
Hinzu kommt eine rechtliche Besonderheit im Umgang mit Geflüchteten aus der Ukraine. Anders als Asylbewerber dürfen sie sich ihren Wohnort in vielen Fällen frei aussuchen. Dadurch entstehen regionale Ungleichheiten. Nicht immer landen die Geflüchteten dort, wo Schulplätze zur Verfügung stehen. In einigen Gegenden ist die Nachfrage nach Schulplätzen wesentlich höher als anderswo, gerade Großstädte sind besonders beliebt und gefragt.
Auch ländliche Gemeinde stößt an Grenzen
Etwas weniger angespannt ist die Lage im ländlich gelegenen Lindlar. Die Gemeinde, rund 30 Kilometer von Köln entfernt, habe die Aufnahme von ukrainischen Schülerinnen und Schülern bisher gut bewältigen können, sagt Bürgermeister Georg Ludwig.
Kinder im Grundschulalter besuchen jeweils die "wohnortnächstgelegene Grundschule", so der Bürgermeister: "In den weiterführenden Schulen werden alle ukrainischen Schülerinnen und Schüler passend ihrer Vorbildung aufgenommen und beschult." Inzwischen aber stoßen auch die Schulen hier in einzelnen Jahrgängen an Aufnahmegrenzen, sagt Bürgermeister Ludwig.
Fehlende Kapazitäten an Gymnasien
Natalia, die Mutter der beiden Kinder, die in Düsseldorf auf die Hauptschule gehen, hat die Hoffnung noch nicht aufgeben. Sie sucht weiterhin nach Gymnasiumsplätzen für ihre Kinder. Eine Sprecherin der für Schulfragen zuständigen Bezirksregierung in Düsseldorf teilt auf Anfrage von tagesschau.de mit, es sei "aus Kapazitätsgründen nicht möglich, allen Wünschen nach einer Erstförderung an einem Gymnasium zu entsprechen".
Allerdings finde die "Erstförderung" von Geflüchteten aus der Ukraine unabhängig von der Schulform statt, dabei stehe der Spracherwerb im Vordergrund: "Erst nach in der Regel zwei Jahren beraten und entscheiden die Lehrkräfte, die in der Erstförderung unterrichtet haben, an welcher Schulform die Schülerin oder der Schüler ihre oder seine Schullaufbahn erfolgreich fortsetzen kann", so die Sprecherin der Bezirksregierung. Eine lange Wartezeit für Eltern und Kinder.