Ampelkoalition einig Was bei der Kindergrundsicherung geplant ist
Lange hatte es Streit über die Finanzierung der Kindergrundsicherung gegeben. Nun hat die Ampelkoalition sich geeinigt. Wie sieht der Kompromiss aus, und was bedeutet er für Familien? Ein Überblick.
Die Ausgangslage
Die Kindergrundsicherung gilt als das wichtigste sozialpolitische Vorhaben der Bundesregierung. Die Ampelkoalition spricht von einem "Neustart der Familienförderung" und einem "wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung von Kinderarmut".
Dass die Ampelkoalition etwas gegen Kinderarmut unternehmen wollte, war unstrittig. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes ist knapp jedes vierte Kind von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Vor Beginn der hohen Inflation war es noch etwa jedes fünfte Kind. Besonders betroffen sind Kinder von Alleinerziehenden. Wie genau die Kindergrundsicherung aussehen soll, war aber lange umstritten.
Wie soll die Grundsicherung aussehen?
Kindergeld, Kinderzuschlag, Leistungen aus dem Bürgergeld und der Sozialhilfe: In Deutschland gibt es eine Vielzahl finanzieller Leistungen des Staates für Familien. Das macht es für Betroffene oft unübersichtlich. Die Kindergrundsicherung soll ab 2025 bestehende Leistungen zusammenfassen. Dadurch sollen auch Familien erreicht werden, die bisher wegen bürokratischer Hürden oder Unkenntnis die ihnen zustehenden Gelder nicht abrufen.
Die Kindergrundsicherung soll aus zwei Bestandteilen bestehen: einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag und einem nach Alter gestaffelten Zusatzbetrag, der vom Einkommen der Eltern abhängt. Der Garantiebetrag soll statt des Kindergelds gezahlt werden. Volljährige Kinder sollen ihn selbst erhalten können.
Darüber hinaus soll es nach Alter der Kinder und Einkommen der Eltern gestaffelte Zusatzbeiträge geben, die die jeweiligen Bedarfe berücksichtigen. Ziel sei es, dass "alle Kinder und Jugendliche profitieren und ihre Ansprüche ohne bürokratische Hürden geltend machen können", heißt es in der Einigung der Ampelkoalition.
Gibt es mehr Geld für Familien?
Zu den Kosten der Kindergrundsicherung heißt es: Für die Zusammenführung der Leistungen sowie Verwaltungskosten sind 2,4 Milliarden Euro vorgesehen. Zu möglichen konkreten Erhöhungen von Leistungen im Zusammenhang mit der Einführung der Kindergrundsicherung gibt es aber keine Aussagen.
Durch eine Neuberechnung des soziokulturellen Existenzminimums würden sich aber Regelbedarfe in der zweiten Säule der Kindergrundsicherung - dem sogenannten Zusatzbetrag - erhöhen. Konkrete Daten lägen hierzu erst nach Berechnungen durch das Statistische Bundesamt vor. Das sei eine Verbesserung, erklärte Familienministerin Lisa Paus.
Es werde jedoch keine generellen Leistungserhöhungen geben, betonte Finanzminister Christian Lindner. Er wolle vor allem Anreize setzen, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen, sagte der FDP-Politiker.
Wie kann die Kindergrundsicherung beantragt werden?
Die Kindergrundsicherung soll online beantragt werden können. Zuständig sein soll der "Familienservice der Bundesagentur für Arbeit". Die Familienkassen sind bereits heute etwa für die Auszahlung des Kindergelds zuständig. "Damit werden alle Kinder unabhängig von dem Erwerbsstatus der Eltern gleichbehandelt und Stigmatisierungen verhindert", so heißt es im Einigungspapier der Ampelkoalition.
Außerdem soll es einen "Kindergrundsicherungs-Check" geben, womit Eltern einfach überprüfen können, ob eine Familie Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag hat.
Welche Fragen sind noch offen?
Zu den konkreten Abläufen bei den Anträgen seien noch Detailklärungen nötig, hieß es. Außerdem werden im nächsten Schritt Verbände und Länder beteiligt, ehe die Ampelkoalition bis Mitte September einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorlegen will, der danach im Bundestag beraten wird.
Weitere Präzisierungen seien im Lauf dieses Verfahrens noch möglich, so Lindner. Auch die Möglichkeit einer Überprüfung durch Evaluierung nach einer gewissen Zeit sei denkbar, ergänzte Paus. Sie halte aber am Start der Kindergrundsicherung zum Januar 2025 fest.
Warum hat es so lange gedauert?
Die Auseinandersetzung in der Ampelkoalition zogen sich über Monate hin. Zum Teil seien es "wirklich sehr harte Verhandlungen" gewesen, sagte Familienministerin Paus bei der Pressekonferenz zur Einigung. Im Kern ging es dabei um die Kosten. Die Grünen-Politikerin hatte zunächst zwölf Milliarden veranschlagt, Finanzminister Lindner im Haushalt aber nur zwei Milliarden vorgesehen.
Paus räumte nun ein, dass sie einen noch größeren Schritt im Kampf gegen Kinderarmut für nötig erachte. Dies sei aus finanziellen Gründen derzeit aber nicht möglich gewesen. Lindner geht davon aus, dass der Bund nach der Kindergrundsicherung mehrere Jahre keine weitere große Sozialreform mehr finanzieren kann.