Streit in der Ampelkoalition Habeck will Heizungsgesetz nachbessern
In den Streit über das geplante Heizungsgesetz könnte Bewegung kommen: Wirtschaftsminister Habeck zeigte sich zu Nachbesserungen bereit, etwa beim Startdatum - und die FDP begrüßte seine Vorschläge.
Nach heftigen Debatten um das Heizungsgesetz hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Vorschläge für Nachbesserungen angekündigt. "Ich nehme die Kritik und die gesellschaftlichen Sorgen vieler sehr ernst", sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Ich will das Gesetz besser machen."
Gestaffelter Start wäre vorstellbar
Habeck nannte mehrere Bereiche für Verbesserungen: "Beim Startzeitpunkt hielte ich eine Staffelung für eine Möglichkeit: Wir könnten ab dem 1. Januar 2024 mit dem Umstieg für Neubauten anfangen. Das betrifft dann die Neubauten, die ab Januar genehmigt werden." Bei Bestandsgebäuden wolle er den Wunsch nach mehr Zeit aufnehmen, dort seien die Herausforderungen größer, so Habeck: "Und angesichts der Sorgen wegen Handwerkermangels und Lieferengpässen ist etwas mehr Zeit auch eine Hilfe." Wie viel mehr Zeit, das solle in den Gesprächen und im parlamentarischen Verfahren vereinbart werden.
Fokus auf Ausbau des Wärmenetzes
Als weiteren Aspekt nannte Habeck mehr Technologieoffenheit beim Heizungstausch: "Man kann auf mehrere Arten klimafreundlich heizen." Schon jetzt sei der Gesetzentwurf technologieoffen. "Aber wir sollten das auch noch mal stärken, wie die Debatte um Holzpellets zeigt", sagte Habeck. Der Minister kündigte "bald ein Maßnahmenpaket für den Nah- und Fernwärme-Ausbau" an. Auch das gerade vorgestellte Wärmeplanungsgesetz werde Wärmenetzen einen Schub geben.
Habeck schlug vor, die Übergangsfristen besser mit dem Neu- und Ausbau eines Wärmenetzes zu synchronisieren. Er will zudem Verbesserungen bei den Übergangsfristen prüfen. "Und es braucht eine pragmatische, unbürokratische Härtefallregelung, die dafür sorgt, dass von niemandem etwas verlangt wird, was er oder sie nicht leisten kann", versicherte Habeck.
"Gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz erhalten"
"Mein Anspruch ist, nicht nur die Koalitionsfraktionen hinter diesem Gesetz zu vereinen, sondern auch den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz zu erhalten", sagte Habeck. Deshalb werde er in der kommenden Woche zusammen mit seinem neuen Staatssekretär Philipp Nimmermann "eine Reihe von Gesprächen unter anderem mit Verbänden führen und dann meine Vorschläge noch mal einspeisen".
Er verstehe gut, dass die Debatte um das Heizungsgesetz viele Menschen verunsichere, und dass der Entwurf Fragen und auch Bedenken auslöse, sagte Habeck. "Viele wollen ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten und wollen klimafreundlich heizen, sie machen sich aber Gedanken, wie es konkret geht und ob sie es sich leisten können. Und sie verdienen Antworten."
Habeck betonte, das klare Signal zum Umstieg auf erneuerbares Heizen müsse rasch kommen. Er formulierte den Wunsch, das Gesetz noch vor der Sommerpause des Bundestags zu verabschieden. Es brauche jetzt Kompromissbereitschaft auf allen Seiten, "um die Gesellschaft bei dieser riesigen Aufgabe nicht weiter auseinander zu treiben, sondern sie hinter bezahlbarem, pragmatischem und der Drastik der Klimakrise angemessenem Klimaschutz zu versammeln."
FDP begrüßt Vorschläge
Die FDP begrüßte die vorgeschlagenen Änderungen. Habecks "Schwenk" sei "bemerkenswert", sagte der stellvertretende Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Fraktionsvize Lukas Köhler erklärte gegenüber der "Rheinischen Post": "Wir begrüßen sehr, dass Robert Habeck Bereitschaft zeigt, wesentliche Punkte des Gesetzes zu ändern."
Am Dienstag hatte die FDP verhindert, dass der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf von Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) in dieser Woche im Bundestag eingebracht werden kann. Er sieht im Kern vor, dass neue und ausgetauschte Heizungen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden müssen. Die Koalition hatte gemeinsam beschlossen, dass das Gesetz zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, was nun zunehmend fraglich erscheint.
Pläne für Heizungsgipfel
Gestern hatte Habeck mitgeteilt, dass er Vertreter der drei Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP zum Austausch über das geplante Heizungsgesetz treffen wolle. Er werde dazu zeitnah einladen, hieß es aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Hintergrund ist ein von der FDP-Führung angekündigter Fragenkatalog mit rund 100 Fragen zum Gesetz.
SPD-Chef Lars Klingbeil hatte die Regierungsparteien dazu aufgerufen, den festgefahrenen Heizungsstreit rasch zu lösen. "Der öffentliche Streit hat die Bevölkerung derart verunsichert, wie ich es bei wenigen Gesetzentwürfen zuvor erlebt habe", sagte er dem "Spiegel". "Wir sollten uns alle zusammenreißen und schnell zu einem Ergebnis kommen." Antworten darauf, wie ein Kompromiss aussehen könne, müsse die FDP geben, betonte Klingbeil.
FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte bei einer Veranstaltung in Berlin gesagt, seine Partei wolle das Heizungsgesetz nicht verhindern. "Nichtstun ist keine Option", so Lindner. Das sei nicht verantwortbar, weil die Klimaziele erreicht werden müssten. Gleichzeitig könne man den Bürgern aber nichts Unmögliches abverlangen. An dem Gesetzentwurf müsse noch gründlich gearbeitet werden, sagte Lindner. "Das Gesetz ist fertig, wenn es gut ist."