Mützenich zu Heizungsstreit Die FDP "nervt" den SPD-Fraktionschef
Das Heizungsgesetz belastet mehr und mehr die Stimmung in der Koalition. SPD-Fraktionschef Mützenich zeigt sich genervt von der FDP, die den Gesetzgebungsprozess verzögert. Und er stellt ein Ultimatum.
Im Streit über das geplante Heizungsgesetz hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich verärgert über das aus seiner Sicht bremsende Verhalten des Koalitionspartners FDP gezeigt. "Das bedauere ich und das nervt mich auch", sagte Mützenich im ARD-Morgenmagazin. Das bringe stundenlange Diskussionen nicht nur zwischen den Fachabgeordneten mit sich, "sondern es nervt auch die Fraktionsspitzen".
"24 Stunden Zeit für Zustimmung"
Die Koalition wollte den Gesetzentwurf zu den Plänen zum Austausch alter Öl- und Gasheizungen ursprünglich in dieser Woche im Bundestag einbringen. Die FDP jedoch verzögert den Prozess und begründet dies mit den Personalverwerfungen im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck, die die Beratungen über das Gesetz erschwerten.
Die Liberalen hätten nun 24 Stunden Zeit, der ersten Lesung des Gesetzes zuzustimmen, sagte Mützenich und forderte weiter: "Die FDP muss in der Lage sein, auch zu belastbaren Beratungen im Deutschen Bundestag zu kommen. Das kann man nicht außerparlamentarisch machen. Wir sind in einer Koalition."
Wissing fordert "sorgfältige Überarbeitung"
Die FDP sieht die Kritik gelassen und hält an ihrem Kurs fest. Beim Heizungsgesetz habe man gesehen, was es bedeute, "wenn man mit dem Kopf durch die Wand versucht, Klimaschutz zu betreiben" - man verliere die Bevölkerung dabei, so Verkehrsminister Volker Wissing gestern im Bericht aus Berlin. Man müsse so vorgehen, dass die Menschen mitgenommen würden und brauche ihr Vertrauen, sagte der FDP-Politiker.
Er sei dafür, dass das Gesetz "sorgfältig überarbeitet wird", so Wissing. Zudem müsse die Kommunikation verbessert werden. Offensichtlich habe das bisherige Vorgehen zu einer "erheblichen Verärgerung" sowie Widerständen in der Bevölkerung geführt, das sei "das Schlimmste, was einem passieren kann". Die Menschen dürften nicht überfordert werden.
Klingbeil: "Es wird Änderungen geben"
Der vom Bundeskabinett bereits beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbarer Energie betrieben wird. Das soll für alle Eigentümer bis zum Alter von 80 Jahren gelten. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben, kaputte repariert werden. Der Umstieg soll laut Wirtschaftsministerium durch Förderung sozial abgefedert werden.
Dass es Änderungen an dem Gesetzentwurf vor der Verabschiedung im Parlament geben muss, darüber immerhin scheint in der Koalition Konsens zu bestehen. SPD-Chef Lars Klingbeil nannte etwa den Schutz von Mietern, die Altersgrenze von 80 Jahren, soziale Staffelungen und den Ausbau kommunaler Wärmenetze. Man könne auch über die Übergangsfristen reden, sagte Klingbeil ebenfalls in der Sendung Bericht aus Berlin.
Scholz sieht keinen grundlegenden Änderungsbedarf
Der SPD-Chef sprach von einer "erhitzten Debatte", zu der die Politik beigetragen habe. "Die Unsicherheit ist groß", räumte Klingbeil ein. Man wolle dafür sorgen, dass sich niemand im Stich gelassen fühle: "Niemand wird zurückgelassen, alle werden mitgenommen."
Bundeskanzler Olaf Scholz hält Nachbesserungen der Gesetzesvorlage zwar für denkbar, im Kern sollen aber keine großen Veränderungen mehr vorgenommen werden. Es werde nun im Bundestag geschaut, ob das Gesetz an der einen oder anderen Stelle noch präzisiert werden könne, sagte Scholz in einem Interview mit n-tv und RTL.
Die größte Oppositionsfraktion im Bundestag hält weiterhin nichts von den Ampelplänen. Der stellvertretende Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte im Interview mit dem BR, seiner Ansicht nach gehe die Koalition das Heizungsgesetz überstürzt an. "Das ist ja so, als wenn sie sagen würden: Ab 1. Januar werden nur noch Elektroautos in Deutschland verkauft", so Spahn - ungeachtet dessen, ob etwa Infrastruktur dazu da sei oder man es sich leisten könne.
Klimaforscher hält Debatte für politisch motiviert
Unterdessen mahnen Klimaforscher die Politik zur Eile. Mojib Latif, Seniorprofessor am Institut für Meereskunde der Universität Kiel, hält die Debatte über das Gebäudeenergiegesetz vor allem für parteipolitisch motiviert. So würden Ängste der Bevölkerung vor finanzieller Überforderung teilweise bewusst geschürt oder benutzt, um die Wärmewende zu blockieren, sagt Latif dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Am Ende des Tages blockiere man so den Weg in die Klimaneutralität."
Werde das Gebäudeenergiegesetz verschoben oder komme es gar nicht, dann laufe Deutschland Gefahr, seine "Klimaziele krachend zu verfehlen", fürchtet Latif. "Das wäre ein Desaster für die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf der internationalen Bühne". Bei der Reduktion der CO2-Emissionen und beim Umstieg auf Erneuerbare Energien gehe es um drei Bereiche: Strom, Wärme und Verkehr. "Beim Strom sind wir gut. Bei der Wärme sind wir nicht so gut. Und beim Verkehr sind wir ganz schlecht."
Mit Informationen von Mario Kubina, ARD-Hauptstadtstudio