Nach Entlassung von Graichen Union fordert Stopp von Heizungsgesetz
Nach der Entlassung von Staatssekretär Graichen fordern Unionspolitiker einen Stopp der von ihm verantworteten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes. Das Gesetz gehe laut CDU-Bundesvorstandsmitglied Linnemann "völlig an der Realität vorbei".
Unionspolitiker haben nach der Entlassung des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium, Patrick Graichen, den Stopp der umstrittenen Reform des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) gefordert.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) "sollte jetzt das Gesetz komplett stoppen", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Es gehe "völlig an der Realität vorbei".
Vetternwirtschaft und Compliance-Regel-Verstöße
Habeck hatte zuvor Graichens Entlassung bekannt gegeben. Dieser habe sich "zu angreifbar gemacht, um sein Amt noch wirkungsvoll ausüben zu können". Hintergrund waren Vorwürfe der Vetternwirtschaft, die sich laut Habeck in mindestens zwei Fällen als berechtigt herausstellten.
So war Graichen etwa an der Vergabe eines Spitzenpostens bei der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (Dena) an seinen Trauzeugen Michael Schäfer beteiligt. Außerdem soll er gegen Compliance-Regeln innerhalb des Wirtschaftsministeriums verstoßen haben.
Graichen verantwortete sogenanntes Heizungsgesetz
Graichen gilt als Architekt der GEG-Novelle. Der Entwurf sieht vor, dass ab 2024 in der Regel nur noch Heizungen eingebaut werden sollen, wenn die Wärme zu mindestens 65 Prozent durch erneuerbare Energien erzeugt wird. Das läuft in der Praxis auf ein weitgehendes Verbot neuer Öl- und Gasheizungen hinaus.
Die Union kritisiert die Pläne seit Monaten scharf. Graichen habe "einen schweren Fehler bei der Auswahl des Dena-Chefs gemacht und das von ihm zu verantwortende Gebäudeenergiegesetz schadet dem Klimaschutz mehr, als es nutzt", erklärte der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Wie die Vorwürfe gegen Graichen mit der GEG-Reform zusammenhängen, führten weder Linnemann noch Liese näher aus.
Habeck verweist auf Einigung der Koalition
Habeck hatte sich nach der Bekanntgabe des Abgangs seines Staatssekretärs zuversichtlich gezeigt, dass der Vorgang keine Auswirkungen auf das GEG haben werde. Er verwies insbesondere auf die entsprechende Einigung innerhalb der Ampel-Koalition: "Ein Kabinett entscheidet immer einstimmig und damit haben sozusagen Partei- und Fraktionsführung auch innerhalb der verschiedenen Regierungspartner gesagt, so wollen wir es."
Im derzeit laufenden parlamentarischen Verfahren könne es sicherlich noch Änderungen und "hoffentlich" Verbesserungen geben, sagte Habeck weiter. Aber es dürfe "keinen Rückfall gegenüber dem Koalitionsausschuss" geben.
Kühnert sieht keinen Grund für Aufschub
Auch die SPD erkennt keinen Grund für einen Aufschub des Heizungsgesetzes wegen des Abgangs von Graichen. Generalsekretär Kevin Kühnert wies im ZDF ein entsprechendes Ansinnen der FDP zurück. "Beide Sachverhalte haben nichts miteinander zu tun", betonte Kühnert. Es gebe keine Klimaneutralität in Deutschland, ohne dass man an die Art des Heizens herangehe. An dieser Notwendigkeit habe sich nichts geändert.
Der FDP-Energieexperte Michael Kruse sagte im ZDF, dem Parlament fehle jetzt ein Ansprechpartner für das Heizungsgesetz. Habeck wäre daher gut beraten, einen neuen Zeitplan für das Gesetz vorzulegen. Der Wirtschaftsminister strebt vor der parlamentarischen Sommerpause eine Verabschiedung des Gebäudeenergiegesetzes an.
FDP hält Verabschiedung vor Sommerpause für ausgeschlossen
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht keine Möglichkeit mehr, an diesem Zeitplan festzuhalten. Er halte eine Verabschiedung vor der Sommerpause für ausgeschlossen, sagte FDP-Generalsekretär Djir-Sarai der "Bild". "Es ist nicht entscheidend, wann das GEG verabschiedet wird. Entscheidend ist, dass es ein gutes Gesetz wird, das niemanden überfordert und viele Technologien ermöglicht."
Der FDP-Generalsekretär kündigte einen Fragenkatalog seiner Fraktion an, die Habeck vor Beginn der parlamentarischen Beratungen beantworten müsse. "Die FDP-Fraktion hat noch rund 100 Fragen an Robert Habeck", sagte Djir-Sarai. Solange diese nicht beantwortet seien, könnten die Beratungen über das Gesetz nicht beginnen.