Bundesetat 2024 Haushaltsausschuss verschiebt Schlussberatungen
Als Reaktion auf das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts verschiebt die Ampel die Verabschiedung des Etats für das kommende Jahr. Das solle auch der Opposition mehr Zeit zur Beratung geben, erklärten Koalitionsvertreter.
Der Haushaltsausschuss im Bundestag wird den Etat für 2024 am Donnerstag nicht final beraten. Als Reaktion auf das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts verschiebt die Ampelkoalition die Verabschiedung des Etats. Ein neuer Termin für die Sitzung wurde nicht benannt. Damit ist offen, ob Bundestag und Bundesrat noch in diesem Jahr einen Haushalt für 2024 beschließen können.
Sie wollten "einen Haushalt aufstellen, der alle Urteilsargumente und gleichzeitig das Gebot des Grundgesetzes nach einem Haushaltsabschluss noch dieses Jahr berücksichtigt", erklärten die Haushaltssprecher der Regierungsfraktionen, Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian-Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP). "Auch das Bundesfinanzministerium muss jetzt in Absprache mit der Bundesregierung alle offenen Punkte schnellstmöglich, aber mit der verfassungsrechtlich gebotenen Sorgfalt klären."
In der Sachverständigenanhörung am Dienstag hätten fast alle Sachverständigen einen Weg aufgezeigt, wie die Bundeshaushalte 2023 und 2024 trotz des Karlsruher Urteils verfassungsgemäß aufgestellt werden können, hieß es in der Erklärung. "Diesen prüfen wir jetzt intensiv. Das muss dann aber auch die Opposition machen können."
Rohde, Kindler und Fricke verwiesen darauf, dass die Verschiebung "explizit von der Opposition gewünscht" worden sei. Ein neuer Termin für die Sitzung steht noch nicht fest - der Haushaltsabschluss solle aber noch in diesem Jahr erfolgen, kündigten die Haushälter an.
Tagesordnung im Bundestag geändert
Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Helge Braun, bestätigte die Absage. Eine entsprechende Mitteilung sei an die Beteiligten gegangen. Die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen im Bundestag änderten bereits die Tagesordnung des Parlaments für kommende Woche. Es werde nun keine Haushaltswoche geben, teilten die Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP mit. Auf die Tagesordnung der Bundestagssitzung nächste Woche würden nun andere Themen gesetzt.
"Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat gestern in einer Expertenanhörung über die Implikationen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 beraten", schreiben SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, die Grünen-Co-Fraktionschefinnen Britta Haßelmann und Katharina Dröge sowie der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. Es sei geboten, die Auswirkungen für das Karlsruher Urteil sorgfältig bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2024 zu berücksichtigen. "Unser Ziel ist, den Haushalt zügig, aber mit der gebotenen Sorgfalt zu beraten, um Planungssicherheit zu schaffen", fügte sie hinzu.
Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung des Haushaltsausschusses. Der Respekt vor dem Bundestag verbiete es, dass er vorgebe, wann ein Abschluss zu finden sei, sagte Scholz. Die Auswirkungen des Karlsruher Urteils auf den Etat sollten sorgfältig geprüft werden.
Union zeigt sich zufrieden
In der oppositionellen Union stieß die Entscheidung auf Zustimmung. Unions-Haushälter Christian Haase kommentierte: "Wir freuen uns, dass die Vernunft bei der Ampel gesiegt hat." Es gehe jetzt darum, in einen seriösen Prozess zur Aufstellung des Haushalts zu kommen.
Unions-Vizefraktionschef Mathias Middelberg erklärte, es habe lange genug gedauert. "Aber nun hat die Ampel endlich begriffen, wie weitreichend die Folgen des Urteils wirklich sind", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Mit der Absage kehre Vernunft in das Verfahren ein.
"Die Ampel war kurz davor, einen weiteren verfassungswidrigen Haushalt zu verabschieden", sagte Middelberg. "Jetzt können die Folgen des Urteils ganz genau und besonnen geprüft und die Haushaltsplanung entsprechend angepasst werden. Die Ampel wird nun Prioritäten setzen und damit auch Einsparungen vornehmen müssen."
Aufs Tempo drücken muss die Ampel aus Sicht der größten Oppositionsfraktion indes beim Haushalt 2023. "Schnell handeln muss die Ampel hinsichtlich eines Nachtragshaushalt 2023", sagte Middelberg. "Denn dieser muss zwingend noch vor Jahresende verabschiedet werden."
In der Sitzung sollte der Etatentwurf für 2024 beschlossen werden, damit der Bundeshaushalt am 1. Dezember vom Bundestag beschlossen werden und am 15. Dezember den Bundesrat passieren kann. Allerdings ist keine Einigung absehbar, wie die für 2024 durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aufgerissene Finanzierungslücke geschlossen werden soll.
Diskussion über Folgen des Urteils aus Karlsruhe
Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche eine Umwidmung nicht genutzter Corona-Kredite in Höhe von 60 Milliarden Euro auf den Klimafonds (KTF) für nichtig erklärt. Nun klafft eine große Lücke im Bundeshaushalt.
Hinzu kommt, dass nach dem Gerichtsurteil auch der Wirtschaftsstabiliserungsfonds WSF infrage gestellt wird. Der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als "Doppelwumms" bezeichnete Fonds zur Dämpfung der Energiepreise war 2022 unter Aussetzung der Schuldenbremse mit Kreditermächtigungen von 200 Milliarden Euro ausgestattet worden, die größtenteils aber erst 2023 und 2024 verwendet werden sollten. Das Gericht hatte klargemacht, dass solche Notlagen-Kredite nur in dem Jahr verwendet werden dürften, in dem sie beschlossen worden seien.
Nun ringen die Parteien darum, wie es weitergehen soll. An mehreren Stellen der Regierung und der Koalition hieß es am Mittwoch, für den Bundeshaushalt 2023 laufe es auf eine nachträgliche Aussetzung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse hinaus. Bisher sei aber nichts entscheidungsreif.
Bisher plante die Koalition, den Haushalt zu beschließen und im neuen Jahr durch einen neuen Wirtschaftsplan des Klimafonds zu ergänzen. In der Regierung hieß es, es herrsche Zuversicht, dass die Haushaltsprobleme gelöst werden könnten.