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Nach Karlsruher Urteil 60-Milliarden-Loch - welche Optionen gibt es?

Stand: 21.11.2023 06:51 Uhr

Das Karlsruher Urteil hat die Bundesregierung kalt erwischt. 60 Milliarden Euro stehen nicht mehr zur Verfügung. Die Regierung berät über den Kurs, welche Optionen gibt es?

Von Martin Polansky, ARD-Hauptstadtstudio

Eine knappe Woche nach der Karlsruher Entscheidung ist klar: Die Ampel-Regierung hatte keinen abgestimmten Plan B in der Schublade für den Fall, dass die Verfassungsrichter die Schuldenumwidmung einkassieren würden. Erst langsam werden die Dimensionen der Entscheidung deutlich.

Fest steht: Der Klimafonds KTF hat jetzt 60 Milliarden Euro weniger zur Verfügung. Als Notfallmaßnahme wurde eine Haushaltssperre verhängt, aber was kann die Bundesregierung mittelfristig tun?

Weniger Geld ausgeben

Für diese Option ist vor allem die FDP. Das Urteil sei eine Chance, nach vielen Jahren des Schuldenmachens nur noch das auszugeben, was man tatsächlich hat. Der Klimafonds verfügt über eigene Einnahmen aus dem Emissionshandel und der Kohlendioxidbepreisung, die weiter fließen werden.

Allerdings hätte der Fonds bis 2027 knapp 30 Prozent weniger Mittel zur Verfügung, wenn die 60 Milliarden Euro komplett im KTF weggestrichen werden sollten. Das hieße weniger Fördermittel für Klimaschutz, Wirtschaftsumbau und Subventionen. Davor warnt der Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Einnahmen erhöhen

Bei SPD und Grünen gebe es dafür wohl sehr viel Zustimmung. Aus beiden Parteien kommen immer wieder Forderungen, insbesondere Vermögende oder sehr gut Verdienende stärker zu belasten.

Allerdings lehnt die FDP Steuererhöhungen ab. Eine andere Variante wäre, über einen höheren CO2-Preis die Einnahmen des Klimafonds zu steigern. Das würde allerdings Tanken und Heizen teurer machen.

Schuldenbremse abschwächen oder abschaffen

Die Schuldenbremse wurde 2009 im Grundgesetz verankert, um Politik auf Kosten späterer Generationen zu verhindern. Der Bund darf daher nur sehr begrenzt Kredite aufnehmen. Insbesondere die Grünen halten die Vorgaben der Schuldenbremse aber für zu starr, Investitionen des Staates würden ausgebremst.

Auch in der SPD denken viele so. Allerdings bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit, um die Schuldenbremse im Grundgesetz zu ändern. Die Union lehnt das ab, die FDP sowieso.

Ein Sondervermögen Klimaschutz

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte der Bundestag mit Zwei-Drittel-Mehrheit das 100-Milliarden-Euro Sondervermögen für die Bundeswehr ins Grundgesetz geschrieben. Ähnliches wäre in Sachen Klimaschutz denkbar. Allerdings bräuchte es dafür die Zustimmung der Union.

Erneut die Notlage erklären

SPD-Chefin Saskia Esken und der DGB fordern, die Schuldenbremse in diesem und im kommenden Jahr erneut auszusetzen. So wie zwischen 2020 und 2022, als eine Notlage erklärt wurde - erst wegen der Pandemie, dann auch wegen der Energiekrise. Deshalb konnten in dieser Zeit hunderte Milliarden Euro Schulden gemacht werden. Laut Grundgesetz ist das Aussetzen der Schuldenbremse möglich bei Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen.

Ob das gegenwärtig der Fall ist, bezweifeln manche, eine erneute Klage in Karlsruhe wäre denkbar. Der Vorteil dieser Option: Die Koalitionsparteien könnten mit der Regierungsmehrheit die Notlage erklären - bräuchten dafür also nicht die Union.

Martin Polansky, ARD Berlin, tagesschau, 21.11.2023 09:14 Uhr