Trauerstaatsakt für Schäuble "Deutschland verliert einen großen Demokraten"
Mit einem Staatsakt hat der Bundestag den verstorbenen Wolfgang Schäuble geehrt. 51 Jahre hatte der CDU-Politiker im deutschen Parlament gesessen. An der Gedenkveranstaltung nahm auch Frankreichs Präsident Macron teil.
"Das typische Wolfgang-Schäuble-Lächeln", so nennt es Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in ihrer Rede: ein wenig nachdenklich, ein wenig spitzbübisch - so blickt Wolfgang Schäuble auf dem großen Foto hinter dem Rednerpult des Bundestags, schwarz-weiß, eingerahmt von Blumen.
Mehr als 1.500 Gäste wollen Schäubles gedenken, im Parlament sitzen heute nicht nur Abgeordnete, sondern auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
"Ein Ausnahmeparlamentarier"
"Deutschland verliert einen großen Demokraten und Staatsmann, Europa einen Vordenker und Frankreich einen Freund," sagt Bas. Niemand habe so lange im Bundestag gesessen wie er. Als er eingezogen sei in den Bundestag, habe dort noch die Gründergeneration gesessen.
Schäuble sei ein Ausnahmeparlamentarier gewesen, der politische Rückschläge und persönliche Schicksalsschläge weggesteckt und immer weiter gemacht habe. Niemandem habe er nach dem Mund geredet, immer aus Überzeugung gesprochen und sie mit seinem hintergründigen Humor beeindruckt. "Zum Schluss war er zu einer Instanz geworden - über die Parteigrenzen hinweg."
Merz erinnert an Schäubles größte Verdienste
CDU-Chef Friedrich Merz zählt in seiner Rede die vielen Stationen auf dem politischen Weg Schäubles auf: Innenminister, Finanzminister, Bundestagspräsident. Schäuble sei ein begnadeter Redner und leidenschaftlicher Parlamentarier gewesen, der seine Spuren in der deutschen Politik hinterlassen habe. Nicht nur, weil er maßgeblich den Vertrag zur deutschen Einheit mitgeschrieben habe, sondern auch, weil er sich dafür einsetzte, dass Berlin statt Bonn Hauptstadt werden müsse: "Wir wären ohne Wolfgang Schäuble vermutlich nicht in dieser Stadt und nicht in diesem Haus."
Schäuble habe immer gewusst, wie wichtig die persönlichen Begegnungen in der Politik seien, gerade auf europäischer Ebene: "Er konnte in der Sache sehr hart sein und das hat ihm - zum Beispiel in der Finanzkrise - nicht nur neue Freunde eingetragen. Aber sein Umgang war immer fair, er war immer bereit, seinem Gegenüber respektvoll zuzuhören und er war immer bereit, im Interesse Europas Kompromisse zu suchen."
Die Zusammenarbeit mit Frankreich sei ihm dabei immer besonders wichtig gewesen. Es sei deswegen ein schönes Zeichen, dass der Staatsakt nun an dem Tag stattfinde, an dem vor 61 Jahren der deutsch-französische Freundschaftsvertrag unterzeichnet worden sei.
Macron redet auf Deutsch
Emmanuel Macron beginnt seine Rede mit einer Überraschung. Er sagt auf Deutsch: "Deutschland hat einen Staatsmann verloren. Europa hat eine Säule verloren. Frankreich hat einen Freund verloren."
Macron erzählt auf Deutsch, wie Schäuble in seiner Jugend Französisch gelernt und seine Leidenschaft für Frankreich entdeckt habe. Macron spricht über den Elysée-Vertrag und die "Baumeister Europas", zu denen auch Schäuble gehört habe. Erst nach mehreren Minuten wechselt er ins Französische - da hatten die ersten der Gäste bereits die Kopfhörer des Simultan-Dolmetschers abgenommen.
Macron zeichnet nach, wie sich Schäuble für Europa und für Frankreich einsetzte und endet wieder auf Deutsch. Für Schäuble, diesen "großen Europäer", sei das Leben geteilt gewesen in ein "Davor" und ein "Danach" durch den Anschlag auf ihn. "Nun beginnt ein neues Danach für uns," so Macron: "Ein Danach ohne Wolfgang Schäuble. Nehmen wir dieses Erbe an und seien wir auf der Höhe dieser Aufgabe!"
Schäuble war am zweiten Weihnachtstag gestorben. Er wurde inzwischen in seiner Heimatstadt Offenburg beigesetzt.