Schäubles Wirken in der EU Ein Europäer, der sich nicht nur Freunde machte
Auch in Brüssel wird Wolfgang Schäuble als ein einflussreicher Politiker gewürdigt. Sein Name ist eng mit der Eurokrise verbunden. Damals 2010 drohten viele EU-Länder von ihren hohen Schulden erdrückt zu werden. Darunter Griechenland.
Jahrelang lieferte sich Wolfgang Schäuble mit dem damaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis einen Machtkampf, mit Worten, Tweets, auf Plakaten in Athen. Die Griechen warfen dem Deutschen vor, ihr Land zu zerstören.
Schäuble pochte auf Sparsamkeit, für ihn stand die Zukunft der Europas auf dem Spiel: "Die Lage ist in Griechenland schwierig, aber wir stehen bereit zu helfen. Aber zunächst muss in Griechenland entschieden werden, was wollen sie und dann müssen wir tragfähige Lösungen finden, sonst zerstören wir die Glaubwürdigkeit des europäischen Projekts, das steht auf dem Spiel und deshalb verteidigen wir Europa."
Schäuble gab den Deutschen ein Versprechen
Am Ende gewannen beide. Griechenland bekam einen Teil seiner Schulden erlassen. Auch dank des Schäuble-Sparkurses hat das Land heute ein größeres Wachstum als Deutschland.
Dass ausgerechnet ein deutscher Finanzminister auf Sparsamkeit pochte, für den ein oder anderen Europapolitiker erfüllte Schäuble sicher auch ein Klischee. Aber Schäuble hatte den Deutschen ein Versprechen gegeben: Der Euro wird genauso stabil wie die D-Mark: "Interessieren tut nur, dass die Grundlagen dieser Gemeinschaft stabil sind und dass sie dauerhaft stabil sind."
Damit er dieses Versprechen halten konnte mussten sich alle Länder an die Regeln halten und die hießen nun mal ein bisschen Schulden ja, aber eben im Rahmen. Als dieser Rahmen zu brechen drohte wurde Schäuble Tag und Nacht zum Krisenmanager der Gemeinschaft. Rettungsschirm, Bankenaufsicht, Stabilitätsmechanismus. Unter seiner Regie hat Europa seine schwerste Finanzkrise durchgestanden.
Pragmatisch, standhaft, pflichtbewusst
Johannes Hahn, der Österreicher, der derzeit für die Finanzen in der EU zuständig ist, würdigte Schäuble heute als einen Politiker von Pragmatismus und Standhaftigkeit, der unermüdlich für die Weiterentwicklung der EU gearbeitet habe.
Und Günther Oettinger, ebenfalls aus Baden-Württemberg und von 2017 bis 2019 für den EU Haushalt verantwortlich, erinnert sich an das große Pflichtbewusstsein von Schäuble: "In meinen Jahren in Brüssel war er der einzige Minister der immer da war, und das obwohl er körperlich eingeschränkt war, kein anderer Minister war so da, wenn es galt", sagte Oettinger der ARD.
"Er dachte stets groß und weit voraus"
Auch Ursula von der Leyen die mächtige Präsidentin der EU-Kommission hob Schäubles Disziplin und seinen Respekt vor dem demokratischen Diskurs hervor. "Sein Tod ist ein schwerer Verlust für Deutschland und Europa, er dachte stets groß und weit voraus", schrieb sie auf X.
Sehr weit musste er gar nicht vorausschauen, um sich Sorgen um Europa zu machen, so sein Weggefährte Oettinger: "Angesichts der Wahlen die vor uns liegen, wäre er am ehesten ob der demokratischen Handlungsfähigkeit besorgt". Wie stark werden die Populisten ganz rechts und links. Gibt es noch stabile Regierungen? Europa muss nun ohne ihn auskommen. "Ich werde seine weisen Rat vermissen", schreibt von der Leyen.