50 Jahre Parlamentszugehörigkeit Eine Feierstunde für Rekordhalter Schäuble
Seit 1972 sitzt Wolfgang Schäuble im Bundestag. Ein halbes Jahrhundert Bundesrepublik hat der Offenburger mitgestaltet, Krisen kommen und gehen sehen sowie verschiedene Rollen im Bundestag ausgefüllt. Heute wurde er dort geehrt.
50 Jahre im Bundestag, das hat vor Wolfgang Schäuble keiner geschafft. Der CDU-Abgeordnete aus Offenburg hat 14 Direktmandate gewonnen, er war Unionsfraktionschef, Minister in drei Ressorts, Bundestagspräsident. Nachfolgerin Bärbel Bas blickt beeindruckt auf sein Lebenswerk, aber kann eins kaum glauben: "Nach eigener Auskunft waren Sie eigentlich ein Verlegenheitskandidat der CDU in ihrem Wahlkreis."
Wolfgang Schäuble im Jahr 1973. Damals war er Vorsitzender der Jungen Union. Dem Deutschen Bundestag gehört der Jurist aus Freiburg im Breisgau seit 1972 an.
Es ist eine Würdigung, aber keine staubtrockene Feierstunde für Wolfgang Schäuble. Bundestagspräsidentin Bas nennt Schäuble einen Parlamentarier aus Leidenschaft und lobt den Rekordhalter für seine Liebe zur Debatte: „Streit ist das Salz der Demokratie, das war immer ihre Devise. Zum konstruktiven Streit haben sie uns Abgeordnete als Parlamentspräsident auch immer ermuntert, auch in herausfordernden Zeiten.“
Von denen hat Schäuble viele erlebt. Als er in den Bundestag kam, wurde Annemarie Renger Bundestagspräsidentin. Auch Renger wurde bei der Feierstunde gewürdigt. Dass sie die erste Frau im Amt war, sagt Schäuble, habe ihn damals nicht irritiert. Gewöhnungsbedürftig für seine Fraktion wäre lediglich gewesen, "dass erstmals eine Sozialdemokratin das Amt ausübte". Aber das sei ja heute auch keine Besonderheit mehr, witzelt er - und das Plenum lacht.
Man sieht viel in einem halben Jahrhundert Parlament
Der 80-jährige Schäuble rockt das Parlament und wirft dann doch einen nachdenklichen Blick zurück. Die Klimakrise, die Anschläge auf die Demokratie, die Verantwortung Deutschlands in der Welt, die Bürokratie im Land: Das alles bewegt ihn. Auch er will noch etwas bewegen.
Zwar wolle er sich mit ungebetenen Ratschlägen zurückhalten. Allein schon seines Alters wegen. Aber einen Gedanken müsse er dann doch loswerden: "Wie wäre es, wenn wir eine breite öffentliche Debatte anstoßen würden. Darüber, wie wir unseren durch perfektionistische Überregulierung - ähnlich dem gefesselten Riesen Gulliver - in zu vielem fast schon handlungsunfähig gewordenen Staat durch eine grundlegende Neuordnung der Aufgaben wieder effizienter machen könnten?"
Schäuble ist zwar heute wieder nur einfacher Abgeordneter, aber doch ein alter Parlamentsfuchs, der die Gelegenheit nutzt. Nach 50 Jahren Weltgeschichte und Bundestag glaubt Schäuble immer noch daran, dass Politik etwas verändern kann. Krisen seien "immer auch Chancen". "Und so, meine Damen und Herren, haben wir Grund zur Zuversicht. Und das gilt heute wie vor 50 Jahren."