Debatte über Bundeswehr-Stärkung Pistorius will kein weiteres Sondervermögen
Sollte das Sondervermögen der Bundeswehr aufgestockt werden? Verteidigungsminister Pistorius zeigt sich skeptisch. Er dringt stattdessen auf eine langfristige Finanzierung. Die Bundeswehr müsse "auf soliden finanziellen Füßen" stehen.
100 Milliarden Euro ist das Sondervermögen der Bundeswehr schwer. Doch nach den Aussagen des früheren US-Präsidenten Donald Trump zur NATO-Beistandspflicht ist eine Debatte entbrannt, ob eine Aufstockung nötig ist. Nun hat sich Verteidigungsminister Boris Pistorius geäußert. "Ich freue mich über jeden Vorschlag, der dazu beiträgt, dass die Verteidigungsausgaben vernünftig und angemessen veranschlagt werden", sagte der SPD-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Ein weiteres Sondervermögen ist dafür eine Variante - aber nicht meine favorisierte."
Stattdessen plädierte der Minister dafür, dass der Verteidigungsetat im regulären Bundeshaushalt steigt. "Denn für unsere Sicherheit brauchen wir eine Bundeswehr, die langfristig auf soliden finanziellen Füßen steht."
Zuvor hatte der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter eine deutliche Erhöhung des 100-Milliarden-Euro-Sondertopfs für die Bundeswehr ins Spiel gebracht. "Es ist ja völlig klar, dass wir eher 300 statt 100 Milliarden benötigen, damit die Bundeswehr kriegstüchtig wird", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Das Sondervermögen war nach Russlands Angriff auf die Ukraine auf Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz vom Bundestag beschlossen worden.
Pistorius: Inflation frisst Teil des Sondervermögens auf
Pistorius entgegnete nun, dass ein in der Verfassung verankertes Sondervermögen zwar den Vorteil habe, dass ein bestimmter Betrag für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stehe und für Ausrüstung, Waffen und Munition ausgegeben werden könne. Zugleich verwies er aber auf mehrere Nachteile: Zum einen fresse die Inflation einen Teil des Sondervermögens auf, zum anderen könne das Sondervermögen nicht für Wartung, Unterhaltung, Instandsetzung und Ausbildung eingesetzt werden.
"Wenn wir zum Beispiel mehr dringend benötigte Waffen kaufen - von Panzerhaubitzen bis zu Patriot-Systemen -, steigt auch der langfristige Instandsetzungsaufwand", so Pistorius. Betriebskosten seien mindestens genauso wichtig wie Beschaffung.
Zwei-Prozent-Marke soll eingehalten werden
Auslöser der Diskussion sind die Aussagen von Trump, der im November bei den US-Präsidentenwahlen erneut antreten will. Er hatte auf einer Wahlkampfveranstaltung gesagt, dass er NATO-Verbündete nicht vor einer russischen Invasion schützen würde, wenn diese nicht genug für ihre eigene Verteidigung ausgäben.
Erklärtes Ziel der NATO-Staaten ist es, jährlich mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben aufzuwenden. Deutschland lag in den vergangenen Jahren darunter. In diesem Jahr "und für alle Zeit" hält das Land aber laut Scholz die Zwei-Prozent-Marke ein.
Deutschland als wichtigster Ukraine-Unterstützer in Europa
Dass die Regierung verstärkt in Rüstung investiert, ist auch für die Ukraine entscheidend. Deutschland ist der größte militärische Geldgeber für Kiew in Europa und steht weltweit nach den USA an zweiter Stelle. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft hat Deutschland bislang mehr als 17 Milliarden Euro an Militärhilfe für die Ukraine bereitgestellt.
Dennoch gerät die Ukraine immer stärker unter Druck. Einer der Gründe: Es fehlt an Munition. Die Lieferzeiten liegen derzeit bei bis zu 28 Monaten. Neue Fabriken sollen dies ändern, wie das Werk des Rüstungskonzerns Rheinmetall. Am Wochenende legte Scholz den Grundstein für die Anlage in der Lüneburger Heide. 2025 sollen dann 50.000 Artilleriegranaten die Fabrik verlassen, im Jahr darauf 100.000 und später 200.000 pro Jahr.
Produziert werden vor allem 155-Millimeter-Artilleriegeschosse, außerdem Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie. Insgesamt 300 Millionen Euro will Rheinmetall in das neue Werk investieren, 500 Arbeitsplätze sollen entstehen.