Scholz zur Rüstungsproduktion Waffen "in Großserie statt in Manufaktur"
Kanzler Scholz hat den Grundstein für eine neue Rüstungsfabrik in der Lüneburger Heide gelegt. Er sieht darin nur den Anfang: Angesichts der Bedrohung durch Russland brauche es viel mehr Waffen und Munition - über Jahre hinweg.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den symbolischen ersten Spatenstich eines neuen Werks des Rüstungskonzerns Rheinmetall heute mit einer eindringlichen Mahnung verbunden: "Wir leben nicht in Friedenszeiten", sagte der Kanzler mit Blick auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine.
Die von Präsident Wladimir Putin offen formulierten "imperialen Ambitionen" seien "eine große Gefahr für die europäische Friedensordnung". In dieser Lage gelte: "Wer Frieden will, der muss mögliche Aggressoren erfolgreich abschrecken."
Nur ein Jahr Bauzeit geplant
Genau dazu soll bald auch das neue Rheinmetall-Werk im niedersächsischen Unterlüß beitragen. Mit nur zwölf Monaten Bauzeit rechnet der Konzern. 2025 sollen dann 50.000 Artilleriegranaten die neue Fabrik verlassen, im Jahr darauf 100.000 und später 200.000 pro Jahr.
Produziert werden vor allem 155-Millimeter-Artilleriegeschosse, außerdem Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie. Insgesamt 300 Millionen Euro will Rheinmetall in das neue Werk investieren, 500 Arbeitsplätze sollen entstehen.
Scholz sieht in der Investition die Grundlage dafür, die Bundeswehr und deren Partner in Europa eigenständig und vor allem dauerhaft mit Artilleriemunition zu versorgen. Das sei gerade mit Blick auf die Ukraine und ihren Munitionsbedarf wichtig.
"Wir haben uns bisher beholfen, indem wir sehr viel aus dem Bestand geliefert haben", erklärte der Kanzler. Aber dies sei immer weniger möglich. "Es ist wichtig, dass wir alles dafür tun, die Produktion weltweit zu erhöhen." Das neue Werk von Rheinmetall sei hier ein wichtiges Signal.
Keine Haubitzen im Regal
Eine starke Verteidigung brauche eine solide industrielle Grundlage, betonte Scholz. Die Bestellung von Rüstungsgütern sei kein Autokauf. Sie müsse langfristig geplant werden. "Panzer, Haubitzen, Hubschrauber und Flugabwehrsysteme stehen ja nicht irgendwo im Regal." Wenn über Jahre hinweg nichts bestellt werde, "dann wird auch nichts produziert". Der Kanzler würdigte dabei, "wie schnell Rheinmetall und auch andere Unternehmen der Verteidigungsindustrie in die Bresche gesprungen sind".
Mehr europäische Zusammenarbeit gefordert
Nötig sei allerdings, dass die Europäer ihre Bestellungen im Rüstungsbereich bündelten und der Industrie somit Perspektiven für die nächsten Jahre geben. "Wir müssen weg von der Manufaktur - hin zur Großserien-Fertigung von Rüstungsgütern", so der Kanzler.
Ähnlich äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und richtete dabei auch den Blick auf die Präsidentenwahl im kommenden November in den USA. Noch gebe es jeweils eigene Rüstungsindustrien in den 27 EU-Staaten und zu wenig wirklich gemeinsame Projekte.
"Wir müssen um die Wettbewerbsfähigkeit Europas in der Welt kämpfen", so der Grünen-Politiker. "Das schließt ausdrücklich auch den militärischen Komplex mit ein." Habeck sagte, die Wahl in den USA sei noch weit weg. Es könne noch viel passieren. Es dürfe keinen Nationalismus geben, stattdessen brauche es mehr Kooperation.
Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump, dem guten Chancen eingeräumt werden, hatte zuletzt mit Äußerungen zur NATO für Entsetzen gesorgt. Trump hatte angedeutet, bei einem Angriff Russlands NATO-Partnern nicht helfen zu wollen, wenn diese nicht genug für das westliche Verteidigungsbündnis zahlten.
Verteidigungsmacht Europa - als Ergänzung zur NATO
Der Appell für eine engere europäische Kooperation in Rüstungsfragen kam heute auch aus Frankreich. Präsident Emmanuel Macron sagte bei einem Treffen mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk, alles was die EU leiste, um der Ukraine Rüstungsgüter und Munition zu liefern, müsse auch dem Aufbau der europäischen Rüstungsindustrie dienen. "Dies hilft uns, unsere Produktionskapazitäten zu steigern, und Europa zu einer Verteidigungsmacht auszubauen, die die NATO ergänzt".