Haushalt 2024 Die fetten Jahre sind vorbei
Die groben Linien des Haushalts 2024 sind beschlossen, doch mit einer Stimme sprechen die Ampel-Parteien nicht. Im Haushaltausschuss werden heute erneut Experten angehört. Ebnen sie einen Lösungsweg?
Es gibt diese guten Vorsätze fürs neue Jahr, die sich so mancher gerne vornimmt, den Bauchspeck abtrainieren, den man sich über die Feiertage angegessen hat. Maßvoll sein, es nicht übertreiben. Hört man so manchem Haushaltspolitiker gerade zu, soll das auch für den Haushalt 2024 gelten. Die fetten Jahre seien nun einfach vorbei, es muss gespart werden, denn das Bundesverfassungsgerichtsurteil hat die Ampelregierung auf Diät gesetzt.
Zu den guten Vorsätzen zählt eigentlich auch, zumindest in der Ampelkoalition, dass man mit einer Stimme sprechen will und nicht ständig aufeinander zeigen möchte. Soweit die guten Vorsätze für 2024. Doch wie es mit den guten Vorsätzen nun mal so ist, lange werden sie nur selten durchgehalten. So bahnt sich in den Haushaltsberatungen wieder an, dass viele Vorsätze schnell über Bord geworfen werden.
Schlingerkurs in der Agrarpolitik
Auch wenn das Kabinett nun Anfang der Woche die großen Linien für den Haushalt 2024 beschlossen hat, werden die Haushaltspolitiker der Ampelparteien noch viele Details diskutieren müssen. Fraglich ist, ob man den Landwirten wirklich noch mehr Zugeständnisse machen will.
Der Weg zu den derzeit geplanten Kürzungen war holprig. Nachdem die Bundesregierung geplante Streichungen bei Subventionen für Landwirten bekannt gab, nahm sie kurze Zeit später nach vielen Protesten einige Kürzungen wieder zurück.
Innerhalb der Koalition gab es unterschiedliche Positionen. Mit einer Stimme wurde also in der Ampelkoalition gleich Anfang des Jahres schon nicht gesprochen - und die Landwirte bekamen Zugeständnisse in zwei Bereichen.
Nach derzeitigem Plan werden Einsparungen bei Agrar-Diesel-Subvention nur stufenweise kommen, die Befreiung der Landwirte bei der Kfz-Steuer bleibt - anders als ursprünglich vorgesehen. Mehr Zugeständnisse gegenüber den Bauern könnte es nur geben bei einer geeigneten Gegenfinanzierung, heißt es aus Koalitionskreisen. Danach sieht es gerade aber nicht aus.
Unklarheit bei Ahrtal-Hilfe
Ein Streitthema bleibt die finanzielle Hilfe für die Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021. Nach wie vor sind die Folgen sichtbar, Infrastruktur muss wieder aufgebaut werden, 2,7 Milliarden Euro werden dafür benötigt. Aber woher soll das Geld kommen? Lange hatten Kanzler Scholz, Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner um eine Haushaltseinigung gerungen und als Kompromiss vereinbart, zu prüfen, ob man für die Flutkatastrophe im Ahrtal eine Notlage im Jahr 2024 ausrufen könnte.
Nun wird im Hintergrund nach wie vor darüber diskutiert, ob das für die Flutkatastrophe von 2021 tatsächlich möglich wäre. Geht es nach der FDP, ist es rechtlich schwierig und bisher nur eine theoretische Option, da das Urteil des Bundesverfassungsgerichts einfach Grenzen setze.
Opposition fürchtet Tricksereien
Geht es nach der SPD oder den Grünen, führt kein Weg daran vorbei. "Der Staat muss im Katastrophen-Fall handlungsfähig bleiben und wird, wie bei der Ahrtal-Katastrophe passiert, helfen", argumentiert Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler von den Grünen. "Auch wenn die Ursache der Notlage länger zurück liegt, besteht nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit dafür die Notfallregel der Schuldenbremse zu nutzen." Und auch bei der aktuellen Hochwasserkatastrophe müsse man als Bund finanziell helfen können.
Die Opposition befürchtet schon wieder Tricksereien beim Haushalt 2024. Dass man jetzt schon über Bundeshilfen für die aktuelle Flutkatastrophe nachdenkt, sieht Christian Haase von der CDU/CSU kritisch. "Dafür sind nun erstmal die jeweiligen Bundesländer zuständig", erklärt er. Bei Hilfen für die Ahrtal-Katastrophe habe die Ampelkoalition versprochen, auf die Opposition zuzugehen. Das sei noch nicht geschehen.
Generell ist der Unmut bei der Union groß, was die Ausgaben für 2024 angeht. "Aus dem 100 Milliarden-Sondervermögen für zusätzliche Militärinvestitionen, das von der Union mitgetragen wurde, soll nun im großen Stil Mittel für die Nachbeschaffung ausgegeben werden. Das war nicht die Absprache und ist rechtlich zweifelhaft", sagt Haase.
Ukraine-Hilfen - aber wie teuer wird es wirklich?
Einig sind sich viele Haushaltspolitiker darüber, dass man der Ukraine weiter finanziell helfen will. Statt ursprünglich geplante vier Milliarden sind nun acht Milliarden für 2024 vorgesehen. Ob das reichen wird, ist noch unklar - und das Geld bleibt knapp im Haushalt 2024. Über allem schwebt die Ungewissheit, wie die Unterstützung der USA in Zukunft sein wird und was passiert, wenn womöglich der ehemalige US-Präsident Donald Trump im Herbst wiedergewählt wird.
Hat die Bundesregierung dann schon einen Plan B in der Tasche, wie sie finanziell die Ukraine unterstützen will? CDU-Politiker Haase sieht vor allem eine europäische Lösung, zu viel dürfe Deutschland nicht allein tragen im Fall der Fälle.
Schuldenbremse - wie geht es weiter?
Erneut werden heute Experten im Haushaltausschuss gehört, um in der Lage zu beraten. So rät die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer zu einer Reform der Schuldenbremse. "Die Schuldenbremse hat eine Konstruktionsschwäche. Dass man für eine neue Verschuldung immer nur für ein Kalenderjahr die Notlage ausrufen kann, ist für die Planbarkeit in der Wirtschaft schwierig", erklärt sie.
Es sollte, nach Ausrufung der Notlage, möglich sein, dass man Verschuldung über mehrere Jahre streckt. Das würde die Planbarkeit erhöhen. Zudem sei ein klarer Kurs der Regierung wichtig. Unsicherheit sei Gift für die Wirtschaft.
Auch der Ökonom Lars Feld sieht die Kommunikation der Ampelregierung mit Sorge. "Diese Streitereien in der Koalition führen dazu, dass sich Investoren zurückhalten mit Investitionen", sagt Feld. "Deutschland könnte besser dastehen, wenn die Koalition geschlossen handelte und geschlossen kommunizierte." Er sieht allerdings nicht, dass die Schuldenbremse dieses Jahr nochmal ausgesetzt werden müsste.
"Es gibt keinen Grund, für die finanziellen Hilfen für die Ahrtal-Katastrophe eine Notlage im Jahr 2024 zu erklären. Der Milliarden-Betrag ist zu niedrig, macht gerade einmal 0,6 Prozent des Bundeshaushalts aus und kann darum auch aus dem regulären Haushalt finanziert werden. Da ist noch genug Spielraum." Die Debatte um die Schuldenbremse wird auch in diesem Jahr für genug Konfliktstoff in der Koalition sorgen.